„Was ist Feminismus für dich?“ findet heute mit der Buchautorin und Bloggerin Corinne Luca statt. Sie sagt, „Feminismus ist für mich eher eine Haltung als ein Label“.
Diese Haltung von Corinne ist kritisch, sehr witzig und eben feministisch. Ihr könnt sie auf ihrem Blog MakellosMag nachlesen. Corinne nimmt Themen, die auch in Frauenzeitschriften auftauchen könnten, es aber faktisch nicht tun, mit grossem Sprachwitz unter die Lupe. In ihren Artikeln geht es oft um die Rolle der Frau, den Körper der Frau, die Makel der Frauen – und eben das, was davon übrig bleibt, wenn sie mit dem Thema fertig ist. Herzerfrischend ist das. In ihrem Buch „Am liebsten sind mir die Problemzonen, die ich noch gar nicht kenne„(Affiliate Link) befreit sich Corinne von dem allgegenwärtigen Optimierungswahn für Frauen. Jetzt freue ich mich auf das Interview mit ihr und darauf, was Ihr Corinne oder mir dazu ergänzend sagen wollt.
Liebe Corinne, bezeichnest Du Dich selbst als Feministin?
Klar bin ich eine. Obwohl ich mit der Selbstbezeichnung und dem Begriff nicht immer ganz glücklich bin. Feminismus ist für mich mehr eine Haltung, mit der man an Themen herangeht als ein Label, das man sich selbst gibt.
Was ist Feminismus für Dich?
Feminismus strebt nach den gleichen Chancen, sozial, kulturell, gesellschaftlich, für beide Geschlechter. Und weil es in unserer Welt Strukturen gibt, die Einflussbereiche lieber an Männer verteilen bedeutet es eben, dass man sich meistens mehr den Frauen zuwenden muss, insbesondere wenn es um Macht, Geld und Einfluss geht.
Wie bist Du zur Feministin geworden. Welche Auslöser gab es?
Ich hatte seit der Pubertät an einigen Stellen das Gefühl, dass ich Dinge ungerecht finde. Richtig zum Feminismus gekommen bin ich dann in meinem ersten Semester an der Uni, als ich die Vorlesung einer Geschichtsprofessorin zu vergessenen Frauen hörte.
Was ruft Deinen Feminismus auf den Plan?
Mein Gerechtigkeitsgefühl wird generell geweckt, wenn ich glaube, dass Chancen nicht gleich verteilt sind oder jemand eine unfaire Behandlung erfährt.
Was ist Sexismus für Dich? Wann fängt er an?
Sexismus beruht immer auf einem Machtgefälle. Jemand hat eine herausgehobene Position und benutzt sie.
Wie gehst Du persönlich mit Sexismus um, wenn Du ihn erlebst bzw. beobachtest?
Ich bin nicht immer schlagfertig und mutig genug, aber ich arbeite daran.
Sind die Geschlechterrollen biologisch begründet; sind sie sozial geprägt?
Beides. Aber es gibt eben Untersuchungen, die bestätigen, dass wir unsere Kinder seit dem ersten Tag auf dieser Welt auch anders behandeln. Je nachdem, ob wir denken, es handelt sich um einen Jungen oder ein Mädchen, reden, trösten und handeln wir anders. Deshalb ist es nicht verwunderlich, wenn sich dann nach 12 oder 24 Monaten vermeintlich weibliches oder männliches Verhalten zeigt.
Geschlechtergerechte Sprache – was ist das für Dich? Wie sprichst und schreibst Du?
Ich versuche, so zu reden und zu schreiben, dass sich niemand vergessen fühlt. Und wenn es mir passiert und mich jemand darauf hinweist, schaue ich, was ich ändern kann. Damit fahre ich allgemein in vielen Lebenslagen gut. Wenn jemand etwas als Problem sieht, was ich nicht so schlimm finde, versuche ich zu verstehen. Und wenn ich nicht verstehe, kann ich meistens trotzdem gut damit leben, mir zu sagen, dass ich einfach aus dem Grund heraus etwas ändere, weil es jemand anderen stört.
Wie versuchst Du Deine Kinder zu Feminismus und Geschlechtergerechtigkeit heranzuführen?
Ich glaube, das Wichtigste ist wie immer bei Kindern das Vorbildlernen. Ich kann Ihnen eine Menge von Geschlechtergerechtigkeit erzählen, aber das wird komplett verpuffen, wenn wir es als Eltern nicht auch leben.
Wenn Du für einen Tag ein Mann sein könntest. was würdest Du tun?
Da fällt mir spontan nicht viel ein. Vielleicht würde ich versuchen mal ein paar Situationen zu erleben, bei denen ich bisher davon ausging, dass Männer bevorteilt werden, um zu sehen, wie es wirklich ist, zum Beispiel mal ein Bewerbungsgespräch machen.
Welche feministisch begründeten Wünsche und Forderungen hast Du an die nächste Bundesregierung?
Sich wirklich um Frauengesundheit zu kümmern (Thema Hebammen, Geburtshilfe und Schwangerschaftsabbrüche), Alleinerziehende nicht wie Singles besteuern und allgemein Steuererleichterungen nicht nur an die Heiratsurkunde knüpfen und bitte noch eine Kinderbetreuung, die nicht nur Quantität, sondern auch Qualität in den Blick nimmt. Und dann hätte ich gern noch eine Neubewertung von Erwerbsarbeit als einzigem Lebenssinn.
Was ist Dein größter feministischer Wunsch für die Zukunft?
Dass wir es schaffen, wieder entspannter miteinander umzugehen und mehr zu verstehen statt reflexartig zu kritisieren und sich dann zurückzuziehen.
Liebe Corinne, vielen Dank für Deine Antworten.
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