Sarah bloggt seit 2010 auf mamaskind über ihre Erlebnisse mit ihrem Sohn, der im selben Jahr zur Welt kam. Seit Juni 2014 ist ihr zweiter Sohn – Baby 2.0 – auf der Welt. Sie selber kam in der ehemaligen DDR zur Welt. Davon erzählt sie uns heute. Ein Blick in das andere, vergangene Deutschland- Vielen Dank, Sarah!
Finding Europe – Elternschaft anderswo ist eine neue Reihe mit Gastbeiträgen von anderen Blogger*innen sowie analogen Menschen ohne Blog, die von ihren Erfahrungen aus Europa berichten. Im Fokus der Erzählungen ist immer Elternschaft, Familie, Kindererziehung, Geburt und Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Alles auf einmal oder nur einzelne Themen, aus anderen Ländern oder aus Deutschland.
Inspiriert dazu hat mich die republica 2015, meine Vorfreude und meine Faulheit: Da ich weiß, dass ich während der republica nichts bloggen werde aber auch unfähig zu faul bin, Blogposts für die Tüte zu schreiben, um sie in schlechten Zeiten zu veröffentlichen, kam ich auf der glorreiche Idee, das andere Leute für mich machen zu lassen. Da meine Abwesenheit vom Blog der republica geschuldet ist, und das diesjährige Motto “Finding Europe” lautet, war der Transfer in den Elternkosmos für mich ziemlich naheliegend.
Ähnlich wie die republica aber weniger umfassend, möchten alle Schreiber und ich einzelne Teile des Kulturraum Eurospa mit seinen Besonderheiten im Familienlebens beleuchten. Ich hoffe, es wird für Euch so unterhalten wie für mich. Ich lade Euch ein, lesend durch die Texte zu schlendern, sich zu amüsieren, vielleicht zu lernen oder neue Verknüpfungen herzustellen. Ob eine “Allianz von Ideen” oder Diversität von Werten im Vordergrund steht , eins ist klar: Familie und Elternschaft sind immer individuell. Das zeigt schon der deutsche Familienbloggerkosmos. Elternschaft ist aber auch immer gebunden an politische Systeme und Entscheidungen, nationale Gemeinschaften und historische Kontexte. Ich bin gespannt, wie Euch die Idee und die Texte gefallen. Ich jedenfalls freue mich auf alle meine Gastblogger*innen sehr.
Meine Kindheit nach dem Mauerfall
Ich bin ein Kind der DDR. Zum Mauerfall war ich fast drei Jahre alt und lebte mit meinen Eltern in Brandenburg. Mit der Mauer fiel jedoch nicht die Einstellung und das Verhalten meiner Eltern, Verwandten, Erzieher und Bekannten. Bestimmte Verhaltensweisen, die aus meiner Sicht für die DDR typisch waren, existieren noch heute in ihren Köpfen und Taten.
Mir wurde das bewusst, als ich mein 10 Monate altes Baby nach dem Wickeln aufs Töpfchen setzte. Mein erster Sohn, der in Brandenburg zur Tagesmutter ging, wurde dort auch in diesem Alter regelmäßig auf den Topf gesetzt. Das war schon früher so gewollt, denn wer ständig mit den riesigen Baumwollwindeln wickeln muss, über die noch ein Gummihöschen gezogen wird, möchte gern schnell trockene Kinder haben. Im Gespräch mit der Berliner Tagesmutter unseres zweiten Sohnes wurde mir bewusst, dass dies ein Ossi-Ding sein muss. Sie glaubt, wie auch unsere Kita-Erzieher hier, nicht an dieses Töpfchentraining. In (West-)Berlin tragen Kinder so lange Windeln, bis sie selbst Bescheid sagen können. Auch Verwandte aus Köln handhaben das so – Windeln weg, wenn das Kind das möchte.
Stillen war zudem die Regel. Üblich waren sechs Monate, gefolgt von selbstgekochtem Brei. Einen festen Beikostplan gab es nicht, Kinder wurden mit Gemüse und Kartoffeln gefüttert. Es gab keine strengen Vorgaben, was Kinder essen dürfen und was nicht. So kaute ich früh auf den ersten Eierschalen, trank Kuhmilch und aß Marmelade zum Frühstück. Ob das in der BRD anders war?
Krippenplätze gab es für jeden
In die Krippe kam ich mit einem Jahr, das war damals üblich. Für mich war es daher selbstverständlich, dass meine Söhne auch mit einem Jahr zur Tagesmutter gehen. Meine Mama arbeitete, wie die meisten Frauen in der DDR. Sie war Näherin für Kinderbekleidung (u. a. für nicht-sozialistische Länder) und hatte Glück bei der Krippenplatzvergabe. Einen Platz bekam jeder, manche mit ein wenig Wartezeit. Was würden einige Mütter heutzutage dafür geben! Es gab sogar Wochenkrippen für Eltern, die Schicht arbeiteten. Kinder wurden dorthin am Montag gebracht und freitags wieder abgeholt. Mein Kind so lange nicht zu sehen würde mir wiederum sehr schwerfallen. Ich war zum Glück nur in einer normalen Kinderkrippe von 6.00 Uhr – 16.30 Uhr. Eine ordentliche Zeitspanne. Die Krippe schloss um 17 Uhr, sodass meine Mama einen straffen Zeitplan hatte. Dort war ich gut aufgehoben, fanden meine Eltern. Ein schlechtes Gewissen gab es nicht. Warum auch? Der Job musste gemacht werden, die gemeinsame Eltern-Kind-Zeit folgte im Anschluss. Umso mehr freute ich mich damals, wenn ich Mittagskind sein durfte und früher abgeholt wurde.
Sonst war Vieles geregelt und damit sehr einfach gestaltet: die Grundversicherung hatte jeder, eine Steuererklärung musste nicht abgegeben werden. Nur bei einem Umzug hatte man ein paar Meldungen zu machen, sofern man eine Wohnung bekommen hat. Ähnlich wie beim Trabi war dies keine Selbstverständlichkeit: Heirat und Arbeit wurden vorausgesetzt.
Wir hatten doch nichts – akute Sparsamkeit
In anderen Belangen konnte ich mich von dem DDR-Gedanken lösen, der mir auch noch viele Jahre nach dem Mauerfall in der Erziehung vermittelt wurde. Sachen sind kostbar. Der oft zitierte Satz: “Wir hatten doch nichts:” scheint tatsächlich im Kopf meiner Eltern und Oma verankert zu sein. Auch heute höre ich regelmäßig, dass es uns sehr gut geht und wir viele Dinge besitzen, die früher als luxuriös galten. Dem möchte ich nicht widersprechen. Auch die Sparsamkeit, die meine Eltern an den Tag legten und legen, ist nicht verkehrt. In ihrem Wohnzimmer kann man noch immer eine Anbauwand aus den 80ern bewundern, andere Möbel werden auch nicht häufiger durch schickere ersetzt. “Die sind doch noch gut.” meinen sie. Die handbetriebene Brotschneidemaschine wurde erst spät durch eine elektrische ersetzt. Einen Geschirrspüler kauften sie erst, als ich schon ausgezogen war. Wohlgemerkt für ihre Küche, die noch heute DDR-Küchenschränke beinhaltet.
Dies kann ich nicht nachvollziehen. Im Laufe meiner Kindheit bekam ich zwar nicht die neuesten Markenklamotten, dennoch oft das, was auf meinem Wunschzettel stand, trotz magerem Budget. Im eigenen Haushalt kann ich mir glücklicherweise die Gegenstände kaufen, die ich benötige und auch einige, die ich einfach haben möchte. Impulsivkäufe tätige ich oft, dank IKEA, Amazon & Co., obwohl ich Sparsamkeit anstrebe. Der ewige Konflikt.
Plastiktüten auswaschen, auf die Leine hängen, trocknen lassen und Alufolie wiederverwerten, wie es meine Oma noch heute tut, kommt für mich dennoch nicht in Frage. Besonders in der älteren Generation gipfelt sich die Sparsamkeit in Geiz. Richtig, früher mussten sie mit wenig auskommen, haben gelernt, Ersatzprodukte zu finden, denn man konnte nicht immer alles kaufen. In der DDR gab es Einkaufsschlangen, Lebensmittel waren nicht ständig verfügbar. Mein Vater flippte Jahre nach dem Mauerfall aus, als ich einen Trick aus der Zeitschrift Micky Mouse versuchte: Mit der guten Penaten-Creme aus dem Intershop schmierte ich die Unterseite der Türklinke ein. Die als Scherz gemeinte Tat machte meinen Vater richtig wütend. Im Nachhinein vielleicht verständlich, konnte diese Creme doch nur mit dem Westgeld teuer gekauft werden. Doch heute ist alles anders, oder nicht? Sollte man stets zurück an die alten Zeiten denken?
Und meine Kinder?
Für meine Kinder wird das Phänomen DDR noch unwirklicher sein, als für mich. Ich spüre zwar noch die Nachwirkungen (akute Sparsamkeit), kann mich aber glücklich schätzen, erst in den späten 80ern geboren zu sein. Es wurde besser. Als Kind einer Arbeiterfamilie machte ich Abitur und schloss sogar ein Hochschulstudium ab, als eine der sehr wenigen in der gesamten Familie. Meine Kinder haben unzählige Möglichkeiten. Sie können studieren oder arbeiten, wo sie möchten. Es gibt für sie keine Grenzen. Besuchen wir meine Eltern, spielen sie übrigens sehr gerne mit den kleinen Sandautos, dem Einkaufsladen und dem Kipplaster, die genauso alt sind wie ich. Die sind nämlich noch gut.
Findet Sarah auch auf ihrem Blog Mamaskind, Twitter, Facebook und Instagram.
Andere Artikel dieser Reihe
Finding Europe: Elternschaft anderswo. Susanne aus Andalusien
Finding Europe – Elternschaft anderswo. Alex und Ingunn aus Norwegen
Finding Europe – Elternschaft anderswo. Lotte aus Düsseldorf lebt multikulti
Finding Europe – Elternschaft anderswo. Antje aus den U.S.A.
Danke für die Initiative „Finding Europe“, ich lese alle Beiträge gern. Spannend, dass ein Beitrag zu Kindheit und Erziehung in der DDR auch hier landete;) Finde ich aber gut!
Es ist immer wieder interessant, wie unterschiedlich die Erfahrungen zum Teil sind und deshalb natürlich nur einen kleinen, individuellen Ausschnitt repräsentieren können. Das muss man immer im Hinterkopf behalten. Vieles, was Sarah beschreibt, kenne ich auch. Ich bin Jahrgang 1974 und war zur Wende 15 Jahre alt. Ich bin aber nie in eine Kinderkrippe gegangen, sondern meine Mutter war insgesamt 5 Jahre zuhause (mein Bruder kam dazu, als ich 2 1/2 war). Mit 3 Jahren sind wir erst in den Kindergarten gekommen. (Das könnte ich mir für meine Kinder und mich niemals vorstellen). Leider gab es überhaupt keine sanfte Eingewöhnung, sondern die Kinder wurden einfach abgegeben und weinten (ich zumindest). Wir haben einen gleichaltrigen Freund, der nicht einmal in den Kindergarten gegangen ist. Die Betreuungszeit war dann bei uns auch lang, als meine Mutter wieder arbeitete. Tendenziell startete die Fremdbetreuung schon recht früh, aber es gibt eben auch viele andere Geschichten, die zeigen, dass das keine „Pflicht“ war.
Gestillt wurden wir dagegen nur sehr kurz. Es gibt Fotos von mir als Mini-Baby, wo meine Mama mich mit der Flasche füttert. Das Töpfchentraining kenne ich auch, habe es aber, als ich selbst Mama wurde, trotz dieser Prägung nie angewandt. Wahrscheinlich war ich einfach schon lange genug aus meiner Geburtsstadt weg. Meine Schwägerin allerdings, die zwar 10 Jahre jünger ist als ich, aber in der prägenden Umgebung geblieben ist, wendet dieses Töpfchentraining tatsächlich schon länger bei ihrem 13 Monate alten Sohn an. Das konnte ich gar nicht glauben, als ich es hörte, weil ich das für völlig überholt hielt.
Da meine Eltern sich relativ viel leisteten, bin ich eigentlich nicht mit der typischen „Sparsamkeit“ aufgewachsen, kenne das aber auch aus der weiteren Familie. Die Unterstützung für die Familie (sowohl materiell als auch personell), die eigentlich sehr verbreitet war, ist dagegen bei uns leider kaum zu verzeichnen. Wir fühlen uns leider sehr oft sehr allein mit unseren Belastungen. Meine Eltern dagegen hatten die Hilfe meiner Großeltern, die nur 3 Häuser weiter wohnten.
Spannendes Thema, zu dem man noch viel mehr schreiben könnte. Vielleicht mache ich später mal einen eigenen Blogpost draus;)
Liebe Grüße!
Nette Idee in der Reihe auch die DDR einzubeziehen, wobei ich mich mit diesem Beitrag aus verschiedenen Gründen etwas schwer tue.
Einige Themen wie Sparsamkeit haben für mich nichts mit DDR sondern eher mit deutscher Tradition zu tun, wenn es so etwas tatsächlich geben sollte. Anderes, wie das Töpfchentraining ist tatsächlich typisch, was auch ich als Kind der Wiedervereinigung bestätigen kann. Ich stimme der Frühlingskindermama zu, dass man da vieles nicht zu sehr verallgemeinern kann. Es kommt einfach auf familiäre Hintergründe, berufliches Umfeld, Geographie und Zeit an. Denn auch in der DDR gab es Familienpolitik und Reformen. Wo sich bei mir die Nackenhaare sträuben, ist bei der Andeutung, dass man als Arbeiterkind erst nach der Eine Abitur machen konnte! Eieiei. Da geht unser Erfahrungshorizont aber echt meilenweit auseinander. Bei mir in der Familie gab es alles, Arbeiter, Angestellte und Akademiker. Die Durchlässigkeit des Bildungssystems hatte man sich ja groß auf die Fahnen geschrieben und wurde nach Erfahrung meiner Verwandten auch eingehalten (wenn man nicht gerade Pfarrerskind war, aber das führt hier zu weit).
Oh ja, mir geht es auch so, dass ich jetzt gerne meine persönlichen Erfahrungen schildern würde, vor allem als ostdeutscher Sprössling, der in Süddeutschland aufgewachsen ist, habe ich da einiges gesehen in Sachen Unterschiede und Gemeinsamkeiten von BRD und DDR.
Hallo Frühlingskindermama & VonBerlinnachLondon,
Danke für die Kommentare!
Da ich das natürlich nicht selbst aktiv miterlebt habe, sondern nur die Nachwirkungen, werden Ältere da viel mehr selbst zu sagen können. Dies sind teilweise die Schilderungen meiner Mama (zu Krippe & Abitur).
In der Schule meiner Mama auf dem Dorf durfte nur ein Kind Abitur machen. Obwohl meine Mama sehr gute Zensuren hatte, würde die Bürgermeistertochter gewählt. Das mag am Dorf liegen, ich schob es auf die DDR, wo nicht jeder das lernen durfte, was er wollte, sondern auch Ausbildungsstellen zugewiesen wurden.
Natürlich ist mein Beitrag sehr subjektiv. Die Sparsamkeit erlebte ich beispielsweise nur bei DDR-Verwandten, nicht bei älteren Leuten aus der BRD. Sicherlich gibt es dort auch Sparfüchse.
Ich würde dazu gerne auch eure Erfahrungen lesen, da mich das noch immer sehr interessiert, ich aber nur die Berichte kenne.
Viele Grüße
Sarah
Sehr interessant. ich war acht Jahre alt, als die Wende kam, war also auch schon bei den Jungpionieren. Ich kann mich an einiges noch gut erinnern, an eine schöne Kindheit, an den Kindergarten, an die erwähnten Warteschlangen und dass die Dinge mehr wertgeschätzt wurden, weil es nicht so einfach war, neue Sachen zu kaufen. An meinen Kindergarten habe ich eigentlich nur gute Erinnerungen, ab dem 1. Lebensjahr war ich dort wie alle meine Freunde. Das mit der Sparsamkeit, Auswaschen der Plastiktüten kenne ich aber nur von meinen Großeltern. Das kam wohl eher durch die Nachkriegsjahre als durch die DDR. Aber vieles denke ich war im Hinblick auf Kinderkriegen und Kindererziehung für Eltern einfacher. Meine Mutter betont das immer wieder, wenn sie sieht, wie wir so rumkrebsen, um die Balance zwischen Familie und Arbeit zu finden.
Viele Grüße, Susanne aka AndalusienMutti
Danke für die spannende Reihe! Um das Spektrum zu erweitern: Ja, man schmückte sich meiner Erfahrung nach in der DDR mit dem durchlässigen Bildungssystem. Aber in der Realität wurde das tatsächlich sehr unterschiedlich gelebt. Aus christlichem Elternhaus war ich als Kind nicht in den Jugendorganisationen (Pioniere und FDJ). Mehrfach wurden wir in der Pause als Kinder beiseite genommen und uns nahe gelegt, doch einzutreten. Als ich älter wurde, wurde dann ganz klar kommuniziert, dass keine/r eine Chance auf Abitur hätte, die/der sich der FDJ verweigere. Für mich ein großer Segen, kam die Wende genau im richtigen Moment, 1989 war ich 14 und durfte nun doch. Was mich damals abermals erstaunte, war dann die Zusammensetzung auf der einzigen „Erweiterten Oberschule“. Mich wollte man als christliches Arbeiterkind noch 1991 an den Stadtrand in ein eilig umgewidmetes Gymnasium schicken, die wohnortnahe Schule war gefüllt mit sämtlich Lehrers-, Ärzte- und Ingenieurskindern. In den höheren Klassen war es nicht anders. Da wurde sehr deutlich selektiert, noch zu diesem späten Zeitpunkt.
Liebe Anne, vielen Dank für Deinen sehr informativen Kommentar. Ich liebe es, wenn so viele Kommentator*innen hier die Berichte ergänzen. *freu*
Das Thema treibt mich um. Und ich fände es total spannend, Müttergeschichten der DDR aus erster Hand zu lesen. Ich spreche schon hin und wieder mit meiner Mutter darüber, aber wie hier schon sichtbar wird – die Perspektiven sind total unterschiedlich. Ich denke viel drüber nach, wie ich als Mutter in einem totalitären System wäre. Wäre ich rebellisch – wie meine Mutter zum Teil? Wäre ich lieber still, um mich und meine Kinder nicht in Gefahr zu bringen? Würde ich dem System glauben und an das Gute im Sozialismus? Wie wäre ich mit der Ideologie klar gekommen, der man auch in Kindergarten und Schule nicht aus dem Weg gehen konnte? Ich habe übrigens noch meine Original „Wiegekarte“. 1975 hieß die Devise noch: Mutter, stille dein Kind! Aber ab dem dritten Monat wurde zugefüttert – z.B. rohes Eigelb :-).
Anne, das ist sehr interessant, was Du da schreibst. Das wäre tatsächlich sehr interessant, so eine Umfrage zu starten. Ich bin als Jahrgang 1974 auch in der ehemaligen DDR gross geworden und war zur Wende 15 Jahre alt. Meine Eltern haben mir ganz klar gesagt: das sagst Du in der Schule, das ist aber nicht die Wahrheit. Wir hatten einen Teil unserer Familie in der BRD. Der Spagat zwischen dem, was man sagen darf und dem, was wahr ist, ist keinesfalls einfach. Ich könnte hier auch Romane schreiben!
Liebe Anne und Katinka, bitte, schreibt diese Romane hier. Das ist für mich, die ich eben in Westdeutschland geboren wurde eh die große Frage: Wie fühlte sich das Leben an in so einem restriktiven Staat? Wie war das Familienleben von der Diktatur betroffen? Ab wann wurde es einem Kind klar, dass freie Meinungsäußerung (auch wenn das nicht das Wort gewesen ist) nicht überall und mit jedem Menschen möglich ist? Gab es ein Gefühl von Unfreiheit? Wenn ja, wie war das und wenn nein, warum nicht?
Was sind alle Dinge, Einrichtungen, Haltungen, Regelungen, die jetzt fehlen, die in der DDR besser waren? Und letztendlich: wie war es wirklich, unter feministischen Gesichtspunkten, als Frau in der DDR zu leben? Wie weit war Selbstbestimmung, -Befreiung aus klassischem Rollenverhalten, Selbstbewußtsein uvm möglich? So viele Fragen, und noch mehr….