Frau Brüllen will am 5. eines Monats wissen, was wir eigentlich so gemacht haben, den ganzen Tag. Heute ist wieder so ein Tag, an dem frage ich mich das auch. Aber momentan ist ja auch Corona, da ist eh alles anders.
Momentan ist es auch anders, als am Anfang von Corona. Die Kinder gehen auf dem Zahnfleisch, Disziplin im Homeschooling fällt schwer, Konzentration ebenso.
Bevor die Schularbeiten morgens beginnen, gehen wir eine Runde um den Block. Kinder haben mit Kreide einen Bewegungsparcour auf den Boden gemalt. Rennen, Seitgalopp Hüpfekästchen nach Zahlen, nach Buchstaben, ein Kreisel, Pfeile und Schnörkel.
„Das hat gut getan“, sagt Kind 1. Nach ein bisschen balancieren auf dem Spielplatz, der noch gesperrt ist aber wir nichts anfassen sondern nur auf einem 3er-Seil gehen, kehren wir zurück in die Wohnung. Schule.
Zum Arbeiten bzw. Bewerbungen schreiben komme ich nicht, denn sobald ich mich an meinen kleinen Tisch nebenan setze, starren die Kinder Löcher in die Luft. Ich sitze also dabei. Die Schultage werden immer kürzer statt länger, die Arbeiten immer unkonzentrierter. Wir heften Arbeitsblätter ordentlich ab. Es wird noch Rechtschreibung und ein bisschen Mathe gemacht. Danach dürfen sie Anton.
Während die Kinder arbeiten, habe ich im Schlafzimmer eine einstündige Video-Konferenz. Im Rücken meine weiße Wand. Nach Ablauf des Weckers dürfen sie auf dem ipad spielen. Es klappt – zumindest soweit, dass sie mich beim telefonieren nicht stören.
Zum Mittagessen gibt es für das eine Kind Supermarkt-Sushi, für das nächste einen Wrap, für mich ebenfalls ein bisschen Sushi und Rohkost. Es ist uninspiriert und kalte Küche, aber nährwerttechnisch gar nicht mal so schlecht. Ich gratuliere mir selbst dazu, nicht kochen zu müssen und dennoch alle satt, happy und mit Rohkost im Bauch. Geht doch.
Nach dem Essen, mit Donut auf dem Sofa, rufen wir die Großeltern kurz an. Meine Kinder sind keine großen Telefonierer*innen. Es gibt ihnen irgendwie nichts, ihnen fehlt der direkte Kontakt und die Interaktion. Am Telefon fühlen sie sich eher ausgefragt, das macht sie befangen.
Am Nachmittag wollte ich Sport machen, mit den Kindern in den Park und was weiß ich nicht noch alles. Stattdessen überfiel mich der Putz- und Aufräumwahn. Ich sortierte und saugte, wischte und ordnete neu. Die Kinder spielten derweil allein in einem überschaubaren Stück des Innenhofs. Sie halten sich an die Abstandsregeln. Nach knapp 30 Minuten kommen sie wieder hoch. Sie haben niemanden getroffen. Und außerdem haben sie sich gestritten.
Wir lesen in paar Kapitel aus „Das kleine Nachtgespenst“ von Otfried Preussler. Kindheitserinnerung für mich. Eigentlich hätte ich gedacht, meine 8- bzw. 10-jährigen Kinder interessieren sich nicht mehr für die Geschichte, aber Kind 2 geht voll mit! Das ist sehr süß und nach vier Kapiteln kratzt meine Stimme ein bisschen.
Vorher oder nachher, ich weiß es nicht mehr, spreche ich über Whatsapp noch Audios mit einem Freund voll. Am Vormittag fand das auch kurz mit einer Freundin statt. Niemand hier hat Kapazitäten, sich zu festen Uhrzeiten zu verabreden. Ich mache das meist nebenbei und noch läuft es. Mir fehlt aber direkte menschliche Nähe und wirkliche, lebhafte Gespräche. Coronazeit, halt.
Dann versuche ich es doch noch einmal mit Mails sortieren und Jobs sondieren, die Kinder streiten und lachen derweil abwechselnd auf dem Balkon.
Eigentlich ist es mein Ziel, jeden Tag einen Workout zu machen und eine Stunde Powerwalken zu gehen. Heute habe ich noch nichts dergleichen getan. Workout packe ich jetzt nicht mehr, der ist hart. Ich werde mich jetzt nochmal mit Musik rauszwingen und eine Runde um den Park laufen. Die Kinder bringe ich vorher ins Bett. Sie dürfen dann noch ein Buch lesen, können mit notfalls anrufen, was sie aber nicht tun werden.
Danach müsste ich eigentlich noch Bewerbungen schreiben. Oder ich gönne mir die wunderbare Theaterinszenierung von „Frankenstein“ vom National Theatre aus London. Anlässlich der Coronakrise veröffentlichen sie jeden Donnerstag auf Youtube für eine Woche lang ein Stück. Diesmal Benedict Cumberbatch, einmal als Monster, eine andere Inszenierung mit ihm als Frankenstein. Gestern habe ich die Monster-Version bereits geschaut. Das ist eine absolute Empfehlung, schaut Euch das an. Spenden für das Theater könnt Ihr auch.
So. Was habe ich heute eigentlich getan?
Zwei Mahlzeiten bereitet, die Kinder zu einem selbst angerichteten Abendbrot angeleitet, die Kinder Home geschoolt, keine Bewerbung geschrieben, keinen Job gefunden und an keinen Businessplan gearbeitet, keinen Sport gemacht, mit nur einer erwachsenen Person gesprochen (Videokonferenz) und mit zwei weiteren ge-audio-whatsappt, Geschwisterstreit versucht konstruktiv zu besprechen, vorgelesen, ein paar Mails sortiert und viele gute Vorsätze für den morgigen Tag gemacht.
Was habt Ihr heute gemacht?