„Ich bin Dein Vater“ ist ein Blogname, über den der Mann (ich auch!!!) sehr lachen konnte. Ganz sein Humor, wäre er Papablogger, hätte er seinen Blog vermutlich auch so genannt. „Ich bin Dein Vater“ ist aber auch so etwas wie eine Blog-WG: Ein Bad, eine Küche, vier Mitbewohner (Janni, David, Thomas und Thomas). Das ist praktisch, wenn es um Sonderaufgaben geht, wie Adventsbloggen hier, Anekdote da, Interviews überall. Ich stelle mir das in einer Blog-WG so vor: Der eine hat ne super Eingebung und kocht das Abendessen, der nächste sorgt für Stimmung, wischt aber die Barthaare nicht aus dem Wachbecken nach dem Rasieren und der Dritte schreibt Pläne und verteilt die To Dos. Aber so ist das bei Ich bin mein Vater bestimmt nicht, die sind nämlich erstens super sympathisch und lustig, zweitens Väter (Ha!) und drittens voll selbständig und berufstätig unterwegs. Das läuft da bestimmt total professionell, auch mit den Barthaaren. ;)
Ich freue mich wirklich sehr, dass Thomas (Lempi) uns eine Weihnachtsanekdote aus seinem Leben für meine Adventsbloggerei erzählt. Ich fand sie sehr lustig – und auch ein bisschen gemein. Thomas konnte das aber wohl sehr sportlich nehmen. Viel Spaß bei der Weihnachtsgeschichte von Thomas von Ich bin Dein Vater.
Als mich das Christkind hinters Licht führte
Diese Weihnachtsgeschichte beginnt gar nicht an Weihnachten, sondern irgendwann im Frühjahr 1990 und um sie zu verstehen, muss ich etwas ausholen: Ich bin ein waschechtes Landei. Und für ein zwölfjähriges Landei war sonnenklar, was in Ermangelung eines funktionsfähigen Internets der wichtigste Schlüssel zu dieser Welt da draußen ist: ein Fahrrad! Es war eben nicht nur ein Fortbewegungsmittel, sondern der einzige Weg zu sozialen Kontakten, gemeinschaftlichen Aktivitäten und unbekannten Konsumwelten: Für den Erwerb eines neuen Competition Pro Joysticks für meinen geliebten C64 bin ich mal 50 Kilometer geradelt. An einem Nachmittag. Eat this, Generation „Amazon-liefert-jetzt-schon-am-Bestellungstag!“
Allein mein einfacher Schulweg betrug sechs Kilometer; sechs Kilometer hin, sechs Kilometer zurück und an den meisten Nachmittagen noch einmal die gleiche Tour, um Freunde zu treffen, zum Sport zu gehen oder sonst was. Mein Drahtesel und ich pflegten eine symbiotische Beziehung, dank angriffslustiger Wachhunde erlebten wir gemeinsam diverse Nahtod-Erfahrungen und wir brachten es locker auf eine jährliche Laufleistung von 7.000 Kilometern und mehr. Doch im Frühjahr dieses Jahres 1990 wurde mir zusehends klar: Unsere Wege würden sich trennen müssen! Es war Zeit für eine tiefgreifende Veränderung: Mein treuer Begleiter krankte an erheblicher Altersschwäche, gleichzeitig erlaubte mir ein kräftiger Wachstumsschub den Eintritt in eine völlig neue Welt – die Welt von Rahmen und Rädern in „Erwachsenen-Größe“! Versprechen von neuen Höchstgeschwindigkeiten und am Berg überholten Rennradfahrern leuchteten am Horizont und es war sonnenklar, dass es in diesem Jahr nur einen Weihnachtswunsch geben konnte: ein Fahrrad!
Subtil war mein Vorgehen in den kommenden Monaten sicherlich nicht: Ich ließ wirklich keine Gelegenheit aus, meine nahe und ferne Verwandtschaft, Freunde, Bekannte und bestimmt auch wildfremde Menschen davon in Kenntnis zu setzen, dass ich kein anderes Geschenk als eben dieses Rad akzeptieren würde: Alle Christkinder und Weihnachtsmänner dürften sich gerne zusammentun, selbst Gabenbringer anderer Religionen wollte ich nicht ausschließen, so lange dabei am Ende ein neues Rad herauskäme.
Als der Heilige Abend nahte, war ich mir sicher, meine Kernbotschaft erfolgreich platziert zu haben. Ich blickte der Bescherung entspannt entgegen – zu entspannt, wie sich zeigen sollte.
Das Glöckchen bimmelte und ich betrat das weihnachtliche Wohnzimmer: Während die üblichen Weihnachtslieder intoniert wurden, scannten meine nervösen Augen den gesamten Raum nach einem sehr großen Geschenk ab. Erfolglos. „Okay“, dachte ich mir, „sie werden dich überraschen wollen und haben das Fahrrad irgendwo versteckt.“ Doch als wir uns dann gegenseitig bescherten, fand ich auf meinem Platz nur ein Geschenk vor. Mit unruhigen Fingern riss ich das Papier auf und zum Vorschein kam ein Buch. Ein Lexikon. Ein Sportlexikon. „Sport von A-Z“ von Klaus Zieschang.
Sehr wahrscheinlich waren es nur 10 Minuten, gefühlt war es aber eine Stunde bis meine Mutter verschwand. Ich bekam es nicht mal richtig mit, aber auf einmal stand sie wieder mitten im Raum, an der Hand ein großes etwas, verhüllt durch eine Decke. Mein Herz schlug bis zum Hals und ich fühlte mich zugleich ertappt, erfolgreich reingelegt und überglücklich: Da war das Ding!
Natürlich war die Aktion der Coup des Weihnachtsfests und sorgte allenthalben für reichlich Gelächter. Offensichtlich hatte ich meine Freude nicht ganz so überzeugend inszeniert. ;-) Das Geschenk bleibt mir bis heute trotzdem – oder gerade deswegen – als mein schönstes Weihnachtsgeschenk aller Zeiten in Erinnerung. Und ich freue mich schon jetzt wie sonst was darauf, an irgendeinem Weihnachtsfest meinen Nachwuchs aufs gleiche Glatteis zu führen.
Lempi heute, mit Fahrrad und abwesendem Kind, das noch hinters Licht geführt werden muß.
Tolle Geschichte, dankeschön.
Lg Sandra
ha ha ha, ich habe sehr gelacht. Super geschrieben und ganz sicher, in ähnlicher Form, von anderen „hinter´s Licht geführten“ tausende Male erlebt….