Meine Tochter geht seit sechs Wochen in die Schule. Ein Junge in der Klasse ärgert sie und ihre Freundinnen seit Tag 1. Dieser Blogpost erzählt von mehreren Gesprächen aus der letzten Zeit und meinem Versuch, meine Contencance beisammen zu halten, wenn andere Erwachsene sagen, „Vielleicht ist der Junge nur in Dich verknallt?“
Wir haben gerade Herbstferien und die ersten sechs Wochen können Revue passieren.
Wie gefällt es Dir denn in der Schule?
Dieser Satz wird dem Kind öfters gestellt von Freundin, der Familie. „Blöd,“ sagt sie dann meistens und meint es auch so.
‚Der Junge hat mich wieder geärgert‘
Was das Ankommen und Eingewöhnen in der Schule beträchtlich erschwerte, war dieser eine Junge, der sie bereits am ersten Tag in der Schule ärgerte. Jeden Tag in den ersten zwei Wochen hörte ich: „Der XXXX hat mich heute wieder geärgert.“
Wie er sie geärgert hat, ist ja eigentlich egal. Bisher gab es immerhin keine körperlichen Übergriffe, aber eben genug, um meinem Kind nachhaltig die Stimmung zu vermiesen. In den ersten 5 Wochen saß er ihr aufgrund der Tischanordnung so über Eck gegenüber und damit zu nah. Obwohl sie mit Freundinnen in die Schule kam und auch gleich weitere neue Freundschaften schloss, war es ihr nicht möglich, dem Geärgert-werden zu entkommen. Auf dem Schulhof liefe er ihr manchmal auch hinterher, auch wenn sie sich von ihm fern halten wolle, erzählte sie mir.
Ich sprach mehrmals mit der Lehrerin und der Erzieherin. Sie nahmen das ernst, änderten schließlich kurz vor den Herbstferien die Sitzordnung. Es bleibt zu beobachten, ob sich das Ganze entspannt. Wenn nicht, werde ich weitere Gespräche suchen, das ist klar.
‚Der ist einfach nur in Dich verknallt‘
Auch anderen Mädchen (nicht alle) erzählten zu Hause von dem Jungen, der so viel ärgerte. Die Mütter erzählten mir dann recht schnell, dass der vielleicht einfach nur verknallt sei. Auch letztens bei unserer Familienfeier diese Diskussion. Ich nerve dann immer mit Erklärungsversuchen, warum ich das schrecklich und kontraproduktiv für beide Kinder finde. Und dass ich finde, dass es etwas über das Geschlechterrollenverständnis, über Liebe und Gewalt aussagt. Meistens komme ich mit meinen Erklärungsversuchen nicht weit. Deswegen muss ich das jetzt hier rauslassen. Bitteschön.
Warum sollten die Mädchen Verständnis oder gar Freundlichkeit oder was auch immer für einen Jungen aufbringen, der sie mit Gemeinheiten ärgert? Was sollen unsere Mädchen davon lernen? Und was genau würde das an der Situation der Kinder ändern?
‚Aber das sind doch nur Kinder‘
Man ist sich einig. Natürlich müsse der Junge lernen, wie er sich besser verhalten sollte, wenn er jemanden mag. Aber für die Mädchen wäre die Erklärung mit dem Verknallt-sein doch irgendwie schöner, als wenn er nur böse und gemein wäre.
Ich finde diese Erklärung unlogisch und unbedacht und so schädlich. Ich stehe dann meistens kurz davor, grün und muskulös zu werden. Mutterhulk. Es grummelt „HUAAARGH!“ in mir aber niemand hört es. Stattdessen fangen die Mädchen neben uns an zu kichern, weil der Junge vielleicht verknallt ist in sie. Haben ihre Mütter ja gerade gesagt.
Übrigens habe ich noch nie mitbekommen, dass Mädchen für aggressives Verhalten damit entschuldigt werden, dass sie das andere Kind (egal jetzt ob Junge oder Mädchen) halt mögen würden. Es scheint nur für Jungs als Ausrede zu existieren.
Warum ich nicht möchte, dass wir unseren Kindern erzählen, „Ich glaub‘, der / die mag Dich“, wenn sie geärgert werden.
1. Liebe hat nichts mit Gewalt zu tun. Auch nicht unter Kindern.
Ich möchte meinen Kindern nicht beibringen, dass Verknalltsein – oder später im Leben eben Liebe – etwas sein könnte, was sich manchmal nicht gut anfühlt. Ich möchte nicht, dass sie Verständnis oder Empathie für jemanden empfinden, der gemein zu ihnen ist.
Was machen wir denn, wenn die Mädchen in der Pubertät sind, oder noch später? Liebe tut halt manchmal weh? Wer ärgern immer als Ausdruck von eventueller Verliebtheit verstanden hat, lässt sich vielleicht später auch lieblos (und schlimmer) vom Partner behandeln.
Ich möchte, dass sich die Kinder gegen Ärgern bestenfalls wehren, auf jeden Fall darauf aber mit Ablehnung reagieren können. Ich möchte nicht, dass sie mit Verständnis reagieren.
Ich erkläre der Tochter: „Wenn Dich jemand mag, dann möchte er, dass es Dir gut geht und dass Du Dich freust. Das ist Liebe.“
Sie: „Aber manchmal mag man jemanden so doll, dass man einen Witz machen will aber das klappt dann nicht so.“
Ich: „Stimmt, das kenne ich auch. Das ist, wenn man jemanden so doll mag, dass man ganz aufgeregt und ungeschickt wird. Von so einem WItz muss niemand traurig werden und das tut auch nicht weh. Das ist etwas anderes.“
Sie nickt. „Stimmt. Wenn mich jemand so echt ärgern will, dann gehe ich weg und basta. Mir doch egal, ob der mich dann mag oder nicht.“
2. „Ich glaub, der mag Dich“ ist Victim-blaming
Denn irgendwas muss ja „an ihr dran sein“, dass er so eine Aufmerksamkeit für sie hat und sie ärgert / neckt / mag. Derjenige, die „sie halt mag“ ist mit der Erklärung doch total aus dem Schneider, oder nicht?
Dem gehänselten Kind somit ein Großteil der Verantwortung zurück zu geben. Das ist gewaltsam – und somit Teil des Systems von liebloser Liebe und Gewalt.
3. Kinderfreundschaften sollten weder sexualisiert noch romantisiert werden
Wenn man kindliche Aggression mit ungeschicktem Balzverhalten gleichsetzt (wobei Balzverhalten da aufhört, wo es lieblos und gewaltvoll wird), sexualisiert man diese Situation. Ich wurde auch beschuldigt, diejenige zu sein, die diese Konfliktsituation sexualisiere, indem ich darauf hinweise, dass diese Sichtweise irgendwann zu einer lieblosen oder gar gewaltvollen Liebes-Auffassung führen kann.
Ich denke, wir sollten bei den Fakten bleiben. Ein Kind ärgert ein anderes. Fertig. Kein Balzverhalten, kein „der mag Dich“, keine Liebe. Sondern es geht beim einen Kind darum, seine Aggressionen zu erforschen, umzulenken, die Ursache zu erkennen. Beim anderen Kind geht es darum, sich wirkungsvoll zu wehren bzw. sich wirkungsvoll Hilfe zu holen.
Aber auch bei glücklichen Kinderfreundschaften zwischen Junge und Mädchen finde ich es unangebracht bis übergriffig, wenn die Eltern sich zwinkernd zuraunen, wie süß die beiden zusammen wären, wie gut sie als Pärchen zusammen passten oder gar, wie schön es ist, so nette Schwiegereltern zu haben. Als wäre es das wichtigste für Kinder, sich einen geeigneten zukünftigen Liebes- und Lebenspartner zu suchen.
Die Kinder spielen miteinander und lernen dabei ganz andere Dinge. Bestenfalls, was Zuneigung ist, was Aggression und wie sie sich voneinander unterscheiden.
4. Der Aggressor lernt nichts dabei
Was noch ein wichtiger Punkt ist: würde es keine Konsequenzen und Hilfe für das geärgerte Kind geben, würde es keine Gespräche mit dem Ärgerkopp geben, hätte der keine Chance etwas zu lernen und sein Verhalten zu regulieren. Das aber wären die Momente, in denen die Kinder lernen könnten, was Gewalt bedeutet, wo sie anfängt und womit sie niemals etwas zu tun hat: mit Zuneigung.
Wie denkt Ihr darüber?
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Danke für den Text! Ein ganz wichtiges Thema über das ich mir als Mädchenmama auch Gedanken mache. Ich kenne das aus meiner Kindheit auch und ich fand es immer zum Kotzen, „angeflirtet“ zu werden.
Ich kenne das auch noch sehr gut. Und es hat mich auch damals nachhaltig verwirrt.
Meine Tochter ist zwat erst 2, aber wenn ich das so lese, dann bin ich mit dir und meiner innerer Hulk kommt auch schon hoch!!! Danke für diesen Post! Ich habe da glaub ich auch zu viele negative Erfahrungen in meiner eigenen Kindheit gemacht und bis heute hat sich das Thema Probleme mit Männern f¨ür mich noch nicht gelöst. Ich bin alleinerziehende Mama. Ich zerbreche mir jetzt schon den KOpf, wie ich dazu beitragen könnte, dass meine Tochter ein gesunderes Verhältnis zu Jungs/Männern aufbaut, als ich (ohne diese Verlustängste und emotionale Abhängigkeit). Definitiv hab ich es viel zu sehr durchgehen lassen, dass mich Typen schlecht behandeln und die Schuld immer bei mir gesucht. Ich wÜnsche mir so sehr, dass meine Tochter diesen Fehler nicht machen muss.
Vielen Dank für deinen sehr wichtigen Kommentar. Ich glaube auch, dass solche setze in der Kindheit einen nachhaltigen Einfluss haben können. Ich wünsche dir alles Gute ❤️
Meine Tochter ist auch erst 2,5 Jahre alt. Neulich hatten wir Besuch und der Sohn (3 Monate jünger) kniff und schlug, schubste und trat unsere Tochter ständig, sodass sie nach einer Weile schon panisch wurde, wenn er sich ihr näherte. Mich ärgerte extrem, dass die Mutter immer sagte: der zeigt so, wenn er jemanden lieb hat. Entschuldige dich mal. (Dann sollte er zu allem Überfluss meine Tochter auch noch streicheln, was ja wieder körperkontakt war und beim zweiten Mal sogar im an-den-Haaren-ziehen endete). Ich fühlte mich bei den ersten beiden „Angriffen“ hilflos. Einerseits wollte ich meiner Freundin nicht auf die Füße treten, andererseits wollte ich noch weniger meiner Tochter beibringen, dass kneifen und hauen ok sind, wenn man dafür so eine Erklärung hat. Ich habe mich dann dafür entschieden, meiner Freundin auf die Füße zu treten und meiner Tochter dir Wahrheit zu sagen. Nämlich dass das gemein ist und dass sie sich auch wehren darf. Und ich habe dem Jungen eine Ansage gemacht. Denn auch mit 2 verstehen die Kinder das schon und solange meine Tochter sich nicht selber wehren kann, soll sie wissen, dass ich sie beschütze. Meine Freundin ging kurze Zeit später und meldete sich nie mehr… Aber das war es mir wert, so schade das auch ist.
Ach du Schreck, da würde ich auch zum Hulk werden.
Ich habe deinen Blog erst vor kurzem entdeckt und bisher noch nicht kommentiert, aber dazu muss ich jetzt doch was schreiben.
Diese Sexualisierung von Situationen im (Klein)kinderalltag geht mir furchtbar an die Nieren. Der Junge ärgert – basta. Warum da etwas hineininterpretieren? Das ist unsere „erwachsene“ Denkweise, die wir den Kindern unterjubeln wollen.
Wenn meine Kleine im Garten (nicht einsehbar) bei Hitze nackig herumrennt muss sie sich kein Höschen anziehen weil der fünfjährige Nachbarsjunge rüberkommt – auch wenn ich schon hören musste „das fängt doch heutztage schon sooo früh an bei denen“! Grrr…
So jetzt habe ich gleich bei meinem ersten Kommentar bei dir einen halben Roman geschrieben ;)
Liebe Grüße
Bianka
So wichtig, so gut!! Danke! :D
Vielen Dank für diese deutlichen Worte!!
Unsere Tochter (3) wurde auch sehr häufig von einem Jungen im Kindergarten geärgert und auch ab und zu gehauen. Sie hat sich durch extrem lautes Schreien und Schimpfen gewehrt. Die Erzieherinnen haben versucht zu vermitteln, aber immer wieder wurde es so dargestellt, dass unsere Tochter die aufbrausende Zicke sei, die es amüsant findet, wenn der Junge der sie doch so toll zu finden scheint auf sie anspringt. In diesem jungen Alter sind Streitereien natürlich noch etwas anderes als in der Grundschule, weil die Kinder sich noch nicht gut abgrenzen können, aber unglücklich war unser Kind auch oft. Und auch in diesem Alter müssen Kinder Grenzen lernen und beigebracht bekommen, wo beginnt der PrivatBereich des anderen Kindes und wo endet Spiel oder Spaß und was heißt vor allem Stopp oder Nein! Und ganz sicher ist Ärgern oder Hauen o.ä.kein Ausdruck von Zuneigung!
Beim Lesen fiel mir auf, dass ich eine Erklärung in diese Richtung tatsächlich schon einmal andersherum (Mädchen ärgert Jungen) verwendet habe. Ein großes Mädchen im Kindergarten (mit Entwicklungsstörung o.ä.) ging gerne auf meine kleinen Jungs los. Natürlich habe ich klar vermittelt, dass das nicht ok ist, und versucht die Kinder zu schützen – der Kindergarten ebenso. Aber bei der Frage nach dem Warum habe auch ich gesagt, dass sie vielleicht einfach Kontakt aufnehmen will und nicht besser weiß, wie das geht.
Ich finde die Erklärung (das Mögen oder Aufmerksamkeit wollen, nicht das bescheurte Verliebtsein) nicht per se schlimm – vermutlich kennen wir so ein Verhalten alle von unseren Kindern. Aber nur als mögliche Antwort auf eine Frage des Kindes nach dem Warum, nicht als Ausrede oder Entschuldigung.
Ansonsten stimme ich allem zu, was Du schreibst.
Sehr guter Text und natürlich ein wichtiges Thema! Wenn demnächst jemand Unverständnis äußert, warum Du diese Verniedlichung aggressivem Verhaltens nicht mehr hören kannst, weise doch darauf hin, daß Stalker ihre Opfer schließlich auch ganz doll mögen. Vielleicht hilft der Vergleich ja.
Grundsätzlich würde ich „Ich glaube, der/die mag DIch“ sowieso ganz vermeiden, auch bei einem Kind, das wirklich nett zu meinem Kind ist. Das merken die schon selber, darauf braucht man sie gar nicht hinzuweisen. ;-) Ich denke, daß es ein Kind nur verwirrt, wennm an extra darauf hinweist, daß ein anderes es mag. Kinder sehen die Welt meistens sowieso viel unschuldiger als wir; da gibt es ein tolles Bild zu, bei dem Erwachsene spontan ein Pärchen beim Liebesspiel sehen, Kinder aber mehrere Delfine. Das Bild findet man zum Beispiel hier: http://www.harrykeaton.de/zugabe_taeuschungen.htm
Also mein Sohn (5) sieht eine Flasche im Wasser mit Menschen drauf…. ;)
Ich hab‘ gesagt, sie sehen die Welt MEISTENS unschuldiger als wir ;-)
Spaß beiseite, er sieht dort zwar Menschen, aber er sieht dort vermutlich einfach nur zwei, die sich umarmen und mehr nicht. Oder? ;-)
Vielen Dank für den Text.
Dieses „er mag dich doch nur“ ist ein „nimms hin dass dich ein Junge ärgern darf.“…
Das zieht sich doch durch den Alltag auch erwachsener Leute. Catcalling, angrabschen – „hei, der meint es nicht so, vielleicht findet er dich ja nett/sexy/süß“.
Das hat alles NICHTS mit necken zu tun, sondern schlicht mit übergriffigem Verhalten und „Machtspielchen“. Lernen die Jungs ja schon ganz früh – und bekommens auch erlaubt. Sie merken dass sie dürfen – und tun es bis ins hohe Alter, ungestraft. Und als weibl. Person heisst es „sei nicht so, stell dich nicht an“.
Es könnte in den Kindergärten und Schulen so einfach sein da ein wenig zu intervenieren wenn denn Interesse da wäre.
*seufz*
Ich hab mit 12 oder 13 oder so von nem Mitschüler ziemlich auf die Nase bekommen (wurd mit nem Turnbeutel MIT SCHUHEN/FLASCHE verdroschen) – lapidare Reaktion ALLER Lehrkräfte „der findet Dich bestimmt süß“.
Und auch später war der Tenor immer wieder „mach doch mit, ach Du bist ja blöd, das is doch nur Spass“. Klar, ging ja einmal auch nur darum mich flachzulegen.
Kinder die andere ärgern sind einfach Kinder mit Arschlochverhalten. Anstelle Arschlochverhalten zu „sexualisieren“ wäre es echt an der Zeit da was gegen zu tun.
Ich kann deinen Hulk echt verstehen, lass ihn raus ^^
Ich denke schon die ganze Zeit über das Thema nach, seit ich auch bei Frau Nuf darüber gelesen habe. Ich selbst bin Jungs- und Mädchenmutter und bekomme beide Seiten mit. Ich erlebe beim Sohn (jetzt 8), daß er massiv von den Mädchen bedrängt wird und sie ihn necken, knutschen wollen und hinterherlaufen. Das ist also nicht nur ein einseitiges Ding mit der Neckerei (und damit meine ich nicht ernsthaftes Mobbing oder Gewalt, sondern eben dieses spielerische Necken, wo die Kinder manchmal nicht ganz die Grenzen kennen). Als mein Sohn noch jünger war, war Provokation seine einzige Möglichkeit der Kontaktaufnahme. Das ist zum Teil auch jetzt noch so. Durch diese ganzen Fetzen muss ich mich erst durchsortieren. Vielleicht schreibe ich auch darüber, wenn ich meine Gedanken geordnet habe.
Im Grunde teile ich die Meinung voll und ganz. Ärgern ist kein Necken. Gemein sein keine verhinderte Umarmung. Als Jungsmama habe ich aber auch die ein oder andere Anmerkung dazu. Oftmals erlebe ich Mütter von Mädchen als nahezu hysterisch, wenn es um ihre Süßen geht. Da darf kein Zopfband schief sitzen, kein Röckchen verrutschen. Die Mädels in dem Alter meines Sohnes (5) bemerken sehr genau, dass Mama ihnen weniger Wildheit und blöde Quatschmacherei zutraut und nehmen das zum Anlass, ständig die ach so wilden Jungs zu thematisieren und sich ständig von Ihnen geärgert zu fühlen. Mein Sohn ist bei den Mädchen meistens beliebt, u.a. aber deshalb, weil ihre Mütter mit ihren kleinen „Prinzessinnen“ darüber sprechen, dass sie ihn ja mal heiraten können. Das macht mich irre. Hört doch bitte auf eure tollen Mädchen in die Beziehung zu Jungs zu setzen, die eine normale Freundschaft schwierig benennen. Entweder ein zu wilder Kerl, der sie ärgert oder ein Süßer, der geheiratet werden kann. Für meinen Sohn ist das letztere übrigens ein sehr unangenehmes Thema, er findet das „peinlich und doof“. Und plötzlich hat er dann keine Lust mehr mit seinen Freundinnen zu spielen, die ihm Rudel über seine Zuneigung buhlen. Weil das doofe Mädchen sind, die immer nur heiraten wollen oder die wilden Jungs doof finden. Ich glaube insgesamt ist das Thema und auch die Lösung mehr bei den Müttern/Vätern zu suchen, als bei den Kindern. Ohne unsere ständigen Wertungen von anderen Kindern (mache ich ja auch) würden wir weniger Rahmen schaffen für Jungen gegen Mädchen oder Mädchen gegen Jungen. Das fände ich super!
ich finde deine Anmerkung sehr hilfreich, danke!
Ach, jetzt sind es die Mütter schuld, weil die ihre Mädchen zu sonstwas antreieben – oder eben verhindern.
Hauptsache, der Junge muss nichts ändern, der meiner Tochter – wie ich deutlich machte- mit seinem Ärgern den Schuleinstieg erschwerte?
Der ist nicht einfach nur wild, der ärgert und ist gemein.
„Boys will be boys“ ist auch so ein Satz, der schädlich ist.
So habe ich den Kommentar gar nicht verstanden. Klar muss der Junge was ändern, aber wie ich finde, sind es die Eltern, die ihren Jungen darauf hinweisen müssen, dass das so nicht geht. Und die machen das nur, wenn sie eben keinen Rahmen schaffen für Jungs sind eben Jungs und ihn damit entschuldigen.
Als Nichtmutter (und Ex-Kind) kann ich natürlich nicht mitreden, aber was ich so bei meinen Patenjungs (12 und 16) über die letzen zehn Jahre beobachtet habe, deckt sich sehr mit den Schilderungen von Heike. Ich glaube, viele Erwachsene projizieren ihre eigenen Erfahrungen und Erwartungen auf ihre Kinder, und das klappt halt nur so mittelprächtig.
Ich bin ganz sprachlos, was für ein Unsinn :/ Da bin ich ja echt so in der Blase an der freien Schule, da käme niemand auf die Idee, das so den Mädels zu vermitteln:/
Und auch den Jungen so alleinzulassen und sein Tun so unbegleitet zu lassen. Vielleicht hat er zuwenig Bewegung in der Schule? Kommt mit der Schule nicht klar? Hat Streß zuhause? Mir fällt 1001 Grund ein – „verlieben“ unter 6jährigen gehört als Stressor nicht dazu.
LG
Lena
Gut, dass Du darüber schreibst. Mein sohn hat letztes Jahr als Erstklässler mit seinem Sohn ein Mädel über Wochen geärgert. Die Mama hat mich irgendwann angerufen und es war gar nicht fein, als Mama eines „Wilden“ dazusthen. doch das Miteinanderreden war konstruktiv. Jetzt – ein Jahr später – kommt das Mädel öfter nach der Schule zu uns – alle vier Beteiligten Kinder sind Freunde geworden.
Bis heute habe ich nicht wirklich verstanden, warum das alles passiert ist. Meiner sagte mir, die Mädels ärgern isch eben so schön. Nun ja.
Was ich ganz wichtig finde, was Du schreibst, ist dieses Sexualisieren von Kinderfreundschaften. Ich finde es toll, dass mein Junge Mädels mag, aber wer hier von Liebe spricht, hat keine Ahnung wie kinder in der ersten und zweiten denken. Sowas interessiert sie nicht bzw. siehe den tollen Kommentar von heike: es wird alles möglich interpretiret und auch manipuliert.
Danke fürs Bewusstmachen!
DANKE!!!
Mein Sohn wurde auch dieses Jahr eingeschult und wird leider seit der zweiten Woche auch regelmäßig geärgert. Von zwei anderen, älteren Jungs. Hier wird natürlich nicht davon gesprochen, das es ein Zeichen der Zuneigung ist. Ach, guck einer an…
Aber ich bekomme dafür zu hören, das dies ja „völlig normal sei unter Jungs!“ Die müssen das Ganze erstmal unter sich ausmachen. Neue Rangordnung und so.
Aha.
Ich wusste gar das wir alles noch Neandertaler sind…
Mal im Ernst, wie kann sowas in der heutigen Zeit noch so bagatellisiert werden???
Es ist einfach nur traurig.
Daher danke für deinen grandiosen Text, den ich in allen Punkten vollstens unterstütze!!!
LG Sandy
Hallo,
prima, ich bin nicht allein mit den ignoranten Genossen unserer Zeit. Leider sieht man mir den innerer Hulk (Danke für diesen Vergleich) immer direkt im Gesicht an. So wurde schon in vielen Gesprächen meine Gegenargumentation als biestigkeit ausgelegt.
Ich habe mir dann angewöhnt einfach zu Fragen ob meine Tochter bei einer Vergewaltigung still zu halten hätte, vielleicht mag der Kerl sie einfach! Daß Gespräch wird dann abrupt beendet. Nur ändert es leider nichts an deren Einstellung.
Sonja
I feel you. Es ist schlimm. Atmen hilft. <3
Ich kann deinen inneren Hulk total verstehen. Unsere große Tochter ist ja ein wenig jünger und jetzt ein Vorschulkind und hadert immer wieder mit ihrer neuen Rolle und den neuen Erwartungen an sie (du bist jetzt ja schon eine Große). Und neulich steht sie da und erzählt mir, dass sie die Jungs doof findet, die sind immer so wild. Beim Lesen Deines Artikels fällt mir auf, dass sie vermutlich von mir Bestätigung brauchte, was für ein Mädchen „richtig“ ist.
Und jetzt weiß ich auch nicht, wie ich am Besten reagiert hätte (meistens frage ich in solchen Situationen erst einmal „warum“).
Wow! Total super geschrieben…
Um ehrlich zu sein, habe ich genau solche Sachen wie „der mag dich eben“ auch schon zu meiner Tochter (11) gesagt, wenn sie mir erzählt hat, dass ein Junge sie ärgert.
Aber das werde ich zukünftig nicht mehr machen, da hast du mich wirklich zum Nachdenken gebracht.
Ganz ganz lieben Dank dafür!!!
Einerseits kann ich jedes Wort unterschreiben. „Ich glaub der mag dich“ etc. geht absolut, ganz und gar überhaupt nicht.
Andererseits bin ich die Mutter eines Jungen, über den andere Kinder erzählen, dass er sie ständig ärgert. Weil er zappelig, überschwänglich, powervoll und energiegeladen ist und manches Mal damit ein andere Kind „überfährt“. Weil er seine Zuneigung lautstark und durch kräftige Umarmungen ausdrückt, auch wenn diese gerade nicht erwünscht sind. Weil er die, die er liebt, manchmal auch mit den Fäusten bis aufs Blut verteidigt und beschützt….
Als Eltern beschützen wir natürlich unser eigenes Kind – vor (vermeintlichen) Angriffen, aber auch vor (unberechtfertigten) Anschuldigungen.
Es ist nicht immer ganz einfach, aber ich finde es wichtig, solche Situationen immer von allen Seiten und im Kontext auszuleuchten, um allen Kindern gerecht zu werden. Und so unqualifizierte Spr¨üche von Aussen sind dabei auch nicht hilfreich.
Ich verstehe was du meinst. Ich denke nicht, dass es sich bei dem Jungen hier um fehlgeleitete Zuneigung handelt. Was es auch immer ist, es wird einen Grund haben und er ist auch nur ein Kind. Aber Fakt ist, meine Tochter leidet darunter und so geht es einfach nicht.
Absolut verständlich. Ich finde es auch richtig, Kinder beizubringen, aufs andere Kind zu achten und „nein“ oder „lass mich in Ruhe“ immer und ohne Diskussion zu respektieren.
Ich verwahre mich aber dagegen, dass schon Sechsjährige oder Siebenjährige als „Gewalttäter“ oder „Aggressoren“ dargestellt werden, wenn sie über die Stränge hauen. Ohne echte Gewalt verharmlosen zu wollen: Es gibt einfach noch verdammt viel zu lernen in diesem Alter.
Vor allem erwarte ich von den anwesenden Erwachsenen, dass sie ihre Aufsichtspflicht wahrnehmen und die Kinder in solchen Situationen anleiten, so dass keines „unter die Räder kommt“.
Da hast du vollkommen recht.
Ich gebe dir in allen Punkten Recht, muss aber zugeben, dass ich das meiner Tochter auch mal gesagt habe, als ein Junge in der Klasse sie über die Maßen geneckt hat. Das war aber (hier stimmt das Wort) tatsächlich mehr necken als ärgern und wenn ich darüber nachdenke, hätte ich es wohl nicht gesagt, wenn ich gemerkt hätte, dass es ihr wirklich was ausmacht. Ich hatte das Gefühl, es hat ihr ein Gefühl der Überlegenheit gegeben (oder so ähnlich). Denn jemand, der einen ständig kommentiert, kann einen ja stark verunsichern, aber als sie verstanden hat, dass er das macht, weil er sie gut findet, konnte sie besser damit umgehen. Ich muss dazu sagen, dass meine Tochter kein Blatt vor den Mund nimmt und ihm gleich am nächsten Tag ins Gesicht gesagt hat: Meine Mutter meint, du machst das nur, weil du in mich verliebt bist! (Oops!)
Das hat den Spieß umgedreht und ihn in die Defensive gebracht und sie hatten dann später eine kleine Freundschaft, bis der Junge weggezogen ist.
Ich erzähle das, weil es Situationen gibt, in denen es hilft, das Verhalten der anderen zu erklären, auch wenn es nichts entschuldigt. Meine Tochter hat übrigens auch eine Freundin, von der sie oft gegängelt wird, diese Freundin ist sehr unsicher und bewundert meine Tochter und in ihrer Unsicherheit ist sie manchmal ziemlich aggressiv. Auch das kann man erklären, ohne zu entschuldigen und ohne Victimblaming.
Ich möchte trotzdem noch mal sagen, dass ich dir grundsätzlich Recht gebe und mich noch sehr gut an meine eigene Kindheit erinnern kann, wo es schon sehr früh Jungen gab, die mehr an mir interessiert waren als an anderen Mädchen und mich deswegen ständig ärgerten. Oft waren die älter als ich. Und die Erzieher und Lehrer um mich herum fanden das total süß und lustig. Ich habe mich damals sehr hilflos gefühlt und es war unangenhm und grenzüberschreitend und alles. Deswegen: Auf keinen Fall relativieren, wenn es den Kindern unangenehm ist. Du machst alles richtig. So.
Liebe Mama Notes , kurz dazu eine ernst gemeinte Frage, da meine Tochter erst 2 ist und ich entsprechend keine Erfahrung mit Schulkindern habe. Ich habe es bisher auf dem Spielplatz nur so erlebt, das körperliche Gewalt von den Eltern angesprochen und entsprechend versucht wird zu unterbinden, also „Bruno, nicht das Mädchen mit Sand beschmeissen, das bekommt das in die Augen und das tut weh“ oder „Frieda man haut andere Kinder nicht mit der Schippe, das tut weh. Du kannst entweder teilen oder nein sagen wenn du selber mit dem Bagger spielen willst“ ich bin sicher du weißt was ich meine. Hört das denn irgendwann auf oder hängt das einfach damit zusammen das due Kinder sich in der Schule kennen?
Danke für das Schreiben dieses wichtigen Beitrages!
Wir Erwachsenen übernehmen viel zu oft solche Floskeln, geben sie unreflektiert an unsere Kinder weiter und tragen damit ein ganz fatales Männer- und Frauenbild weiter.
Ich freue mich immer sehr, wenn ich Artikel dieser Art von anderen Bloggerinnen entdecke, weil ich es sehr wichtig finde, dass Eltern für dieses Thema sensibilisiert werden. Aber manchmal geht es mir dabei wir dir. Ich habe das Gefühl, ich stehe da allein auf weiter Flur.
Schön zu sehen, dass das nicht so ist.
Liebe Grüße,
Britta
Bin ich froh deinen blog hier zu finden! Wow du sprichst mir aus dme Herzen, toll! Danke für die schönen Artikel! Ich werde mich durchlesen durch den Schatz den du uns hier im Internet hinterlässt! Kennst du eigentlich feministische Mamablogs aus Österreich? Ich suche welche aus meiner Gegend… Alles Liebe!
Dankeschön. Ja, schau mal „umstandslos“ und „auf zehenspitzen“ an.
Ich bin gerade erst auf deinen Blog gestoßen, das Design ist ja der absolute Wahnsinn! Hast du etwas in Richtung Webdesign studiert? Weil ich surfe momentan sehr viel und es freut mich, so ein graphisches Highlight zu entdecken. Dazu kommt ja, dass der Inhalt auch noch wirklich lesenswert ist! Echt süß die Geschichten von deiner Tochter. Hier werde ich öfter vorbeischauen!
Liebe Grüße,
Marie