Warum es mich ärgert, wenn unter Selbstgeboren.de eine Hebamme Geburtsberichte von Frauen sammelt, die ihr Kind aus „eigener Kraft“ und „selbst“ geboren haben? Weil 1. wie sollte es denn sonst sein? und 2. weil dabei sogleich definiert wird, wer dazu gehören darf: Frauen, die „ohne künstlich eingeleitete Wehen, PDA, Kristellern, Dammschnitt, Saugglocke oder Kaiserschnitt“ geboren haben. Alles andere ist per se nicht selbst geboren.
Ihre Wortwahl, der Titel der Aktion, die Formulierung ihrer Definition schließt einige Mütter ein und andere aus. Sie spaltet: „richtige“ Geburt und die „falsche“. Die gute, tapfere, natürliche Mutter und die schlechte, feige, unnatürliche. Die Kritik abzuwiegeln weil sie das alles so nicht gemeint habe und alle sie missverstehen wirkt einfach nur ignorant und verständnislos. Das ärgert mich genauso.
Das Anliegen der Dame, altes Frauenwissen wieder zu beleben, Frauen mit der Kraft des Gebärens vertraut zu machen, damit sie sich eine unmanipulierte Geburt grundsätzlich zutrauen, unterstütze ich voll. Ich glaube sehr daran, dass das allgemeine Wissen über Frausein, Schwangersein, Geburt und Babypflege viel mehr in das Aktive Denken und Wissen Einzug halten muss. Es ist allerdings nicht Wesen des Frauseins, sich der „Urkraft der Geburt hinzugeben“. Es giibt auch Frauen, die das nicht können oder wollen. Sie sind trotzdem Frauen. Es ist ein unguter gesellschaftlicher Zwang, wenn jetzt „natürliche“ Geburten vor „die anderen“ Geburten gestellt werden.
Ich finde diese Aktion ungerecht, unangebracht, verletzend und unsolidarisch. Ich will nicht, dass dazu geschwiegen wird, weil es doch letztlich darauf ankäme, dass mein Kind gesund ist. Nein, es kommt auch darauf an, wie ich mich mit und nach meiner Geburt fühle! Und ich möchte auch nicht, dass durch ein Schweigen, diese unsolidarischen und im Grunde ihres Wesens anti-feministischen Mommy Wars unkommentiert „bestätigt“ werden. Eigentlich soll die Aktion den #Hebammenprotest unterstützen. Da bin ich voll dabei, aber das ist definitiv der falsche Weg und dient der Sache nicht.
Ich bin nicht die Einzige, die die Aktion so versteht und irritiert. Auf Blogs, Facebook und Twitter geht die Diskussion darüber unter dem Hashtag #sebstgeboren hoch her. Meine geschätzte Bloggerkollegin Anna von Berlinmittemom hat mit einem wundervollen und sehr zutreffend formulierten Artikel zu dem Thema eine Blogparade gestartet, in dem sie formuliert:
„Was sind denn die Mütter und ihre Geburtserlebnisse, deren Geburtsberichte hier ausdrücklich NICHT gesucht werden nach der Definition der Autorin? Kraftlos, schwach, manipuliert, falsch, künstlich. Dabei werden die Kraftanstrengungen dieser Mütter, die Schmerzen, die Ängste und die Entscheidungen in ihrer Verantwortung als Mutter ihrer Kinder komplett negiert.“
Jede Geburt ist eine richtige, echte, kraftvolle, anstrengende Geburt! Sie bringt ein Kind auf die Welt. (Viele finden, die Geburt macht die Frau zur Mutter, aber ich finde, das beginnt schon in der Schwangerschaft.) Die Gebärende bringt alles in Geburt, was sie hat. Ihre Existenz, ihre Kraft, ihre Tapferkeit, ihren Mut, ihr Wissen, ihre Liebe.
Ich habe beide Kinder per Kaiserschnitten geboren
Beim ersten Kind war es ein geplanter Kaiserschnitt, wegen Beckenendlage, beim zweiten Kind habe ich hier erklärt, wie es nach 14 Stunden Wehen wieder zum Kaiserschnitt kam. Beim ersten Kind übte ich Wochen vor dem Termin mit bestimmter Gymnastik, mit Musik, mit Massage und Akupunktur (Moxen), dass sich das Baby noch dreht. Aber meine kleine Tochter dachte anscheinend nicht daran. Ich besuchte Krankenhäuser und erfuhr nach und nach, wie ein Kaiserschnitt jeweils ablief und wie viel und wie oft und nach wieviel Zeit ich mein Baby auf den Arm bekommen könnte. Je mehr ich mich informierte (obwohl ich parallel weiter moxte und auf eine natürliche Geburt hoffte) desto klarer wurde mir, wie wichtig mir das direkte Bonding nach der Geburt ist, wie wichtig mein ernsthafter Versuch zu Stillen sein würde. Und mir wurde auch immer klarer, was mir im Falle eines Kaiserschnitts wichtig sein würde: Ich wollte mein Baby bei mir behalten! Ich wollte nicht, dass mir mein Baby nach den ersten paar Minuten begrüßen weg genommen wird, nur weil es im OP so kalt ist. Inklusive Zunähen und Aufwachraum ist die Mutter für rund 1-1,5 Stunden vom Baby getrennt!
In meinem von mir bereits hochgelobten still- und babyfreundlichen Krankenhaus verläuft ein Kaiserschnitt anders: Das Baby wird der Mutter sofort auf die nackte Brust gelegt, eine Wärmedecke wird ausgepreitet und that’s it! Meine Babys wurden mir beide Male nicht mehr abgenommen. Ich bin sehr glücklich darüber, so ein Krankenhaus in der Nähe gehabt zu haben.
Es stört mich zutiefst, wie sehr Kaiserschnittgeburten aber auch andere Eingriffe in den Geburtsablauf bewertet und abgeurteilt werden. Selbst meine zugewandte und zupackende Hebamme fragte mich der zweiten Geburt, bei der doch eigentlich alles so anders hätte sein sollen (ich wollte eigentlich eine Geburtshausgeburt, es wurde aber eine Kaiserschnittgeburt) amüsiert, „Ach. und dann haben sie Dir bei einem cm eine pda angeboten? Ist ja süß!“ Sie hat viel für mich in der Schwangerschaft und für meine Geburtsvorbereitung getan, aber dieser Satz nagt an mir. Da ich weder Medizinerin noch Hebamme bin, kann ich als Gebärende, selbst wenn ich mich so gut informiert habe, nicht entscheiden, wann welcher Eingriff sinnvoll ist oder nicht. So viel Fachwissen kann eine normale Frau nicht anhäufen.
Mir fällt es schwer über meine negativen Gefühle zu schreiben, die ich durchmachen und wieder ablegen musste, weil ich eine Kaiserschnittmutter bin. Mein Gefühl schwankt auch. Während ich jetzt beim Schreiben dieses Textes sehr im Reinen mit mir, meiner Kraft, meinen Geburten und meinem Stolz darüber bin, hat mich das Lesen und Nachdenken der Aktion selbstgeboren erst sehr traurig gemacht, hat alten Verletzungen wieder Raum gegeben, die ich mir wieder einzeln zurück und weg argumentieren musste.
Wäre ich heute noch glücklicher, wenn ich beim ersten Kind eine Hebamme an meine Seite gehabt hätte, die mir Mut zu einer vaginalen Geburt in Beckenendlage gemacht hätte? Ich hatte sie, aber habe mich aus vielen Gründen nicht getraut. Unter anderem auch, weil mir das Krankenhaus, dass dies noch kann, zu weit weg war.
Noch viel glücklicher als mit vaginaler Geburt in Beckenendlage wäre ich jedoch, wenn diese Bewertungen unter Müttern endlich aufhören könnten. #selbstgeboren ist jedoch mehr als ein Mommy War. Es macht mich wütend, dass eine Unterscheidung von „guter“ und „falsche“ Geburt, von einer Hebamme befeuert wird, obwohl sie es eigentlich besser wissen müsste – zumindest könnte!
Kaiserschnitt ist eine selbstbestimmte, kraftvolle und gute Geburt
Kaiserschnitt ist eine selbstbestimmte, kraftvolle und gute Geburt. Frauen dies abzusprechen bedeutet, ihnen ihren Kraftaufwand abzusprechen.
Ein Kaiserschnitt ist selbstgeboren, weil die Frau dabei ist und ihr ganzes Selbst dazu gibt.
Wer glaubt, der Kaiserschnitt sei ein Spaziergang und schmerzlos, der hat schlicht keine Ahnung.
Wer glaubt, eine Kaiserschnittgeburt gebe der Frau kein Geburtserlebnis hat ebenfalls keine Ahnung. Meine Geburten waren Geburten. Punkt.
Mein geplanter Kaiserschnitt war eine selbstbestimmte Geburt, weil ich nach vielen Informationen und Gesprächen mit Hebamme und Ärzten und natürlich zusammen mit meinem Mann, diesen Entschluss bewußt gefasst habe.
Mein ungeplanter Kaiserschnitt nach vielen Stunden Wehen und dann Geburtsstillstand war eine selbstbestimmte Geburt, weil ich mich für ein sicher gesundes Kind entschieden habe und nicht gegen den Rat der Ärzte und anwesenden Hebamme für einen Selbstfindungstrip.
Die Kraft, ein Baby auf die Welt zu bringen hat Nicole von Horst auf Word up! wunderschön in Worte gefasst:
„Die Kraft, die eine Geburt erfordert, ist nicht zwingend die Kraft, die es braucht, um ein Baby durch den Geburtskanal zu pressen. Da ist die Kraft, die Schwangerschaft zu tragen, die Kraft gegebenenfalls Diagnosen auszuhalten, die Kraft Entscheidungen für sich zu treffen, die Kraft, sich selbst in und durch die Zeit danach zu tragen.“
Weitere Artikel zum Thema #selbstgeboren
- Selbstbestimmung vs. Bevormundung (Berlinmittemom)
- Frauen, haltet zusammen! (Geborgen wachsen)
- zu #selbstgeboren (Nicole von Horst)
- und Schnitt (umstandslos)
- selbstgeboren (Juna im Netz)
- Selbstbestimmt (Frische Brise)
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- per Kaiserschnitt selbst geboren (Mama on the Rocks)
- offener Brief an Anna (2kinder/küche/bad/balkon)
- Ich habe nicht #selbstgeboren (AS Ephemera)
Danke.
Danke Mama Notes!
Du sagst es noch mal und so gut. Frauen gebären immer selbst. Und es gibt weder eine gute noch eine schlechte Geburt. Es gibt nur mein ureigenes Geburtserlebnis.
Liebe Grüße
Suse
Danke! Auch ich falle viermal aus der #selbstgeboren-Definition raus und habe mein Gebären trotzdem nicht negativ erlebt.
LG, Micha
Ups..!?! Ich habe es absolut nicht so verstanden bzw. Interpretiert und fühle mich auch nicht verletzt oder ähnliches, das meine Geburt leicht angestupst wurde bzw. Ich viel Unterstützung von meiner Hebamme benötigte da ich einen Geburtsstillstand hatte. Ich sehe es null als Abwertung oder ähnliches. Aber ich denke, auch hier gibt es eben verschiedene Auffassungen und Meinungen und das ist absolut in Ordnung. Viele grüsse
Hallo!
Ich habe die Aktion selbstgeboren überhaupt nicht negativ aufgefasst.
Ich habe mir Anna Virnachs Aufruf für ihr Buch nochmal und nochmal durchgelesen, ich kann um ehrlich zu sein nichts entdecken, wo sie Kaiserschnittgeburten oder Geburten, wo anderweitig interveniert wurde, stigmatisiert.
Vielleicht hinkt der Vergleich, aber ich möchte ihn trotzdem ziehen.
Es gibt mittlerweile viele viele Bücher, Websites, Fotosammlungen, etc zum Thema „stillen“. Frauen schreiben in Blogs und Zeitschriften darüber, wie stolz es sie macht, ihr Kind zu stillen. Es _aus eigener Kraft_ zu ernähren. Sie wollen zeigen, dass es geht, sein Kind zu stillen. Ohne Interventionen wie Stillhütchen, Milchpumpen, Fläschchen. Sondern auf ganz natürliche Weise, ohne all das. Dass „jede Frau stillen kann“.
Ich selber habe meine Kinder beide nur sehr kurz gestillt und das Bild, was in oben genannten Büchern und Internetseiten vom Stillen gezeichnet wird, hat nichts mit meiner „Still-Realität“ zu tun. Ich habe es nie so empfunden. Für mich/uns hat sich die Ernährung mit Flaschenmilch als der für uns bessere Weg herausgestellt.
Trotzdem fühle ich mich von diversen Stillbüchern und -Internetseiten nicht angegriffen oder als Mutter 2. Klasse hingestellt. Wenn eine Stillmütter beschreibt, wie stolz es sie macht, ihr Kind „selbst zu ernähren“, „aus eigener Kraft“, „ohne Hilfe“, dann finde ich das schön und gönne ihr dieses Gefühl von Herzen. Dabei könnte ich diese Worte offensichtlich auch auf die Goldwaage legen und mich angegriffen fühlen. Denn ich als Flaschenmutter ernähre mein Kind genauso selbst. Ich koche das Wasser auf, rühre die Milch an, halte mein Kind im Arm und gebe ihm die Flasche. Das macht nicht Claus Hipp für mich, nur weil ich das Milchpulver seiner Firma benutze (als Beispiel…).
Und genausowenig haben natürlich die Ärzte das Kind geboren, bloß weil es unter der Geburt medizinische Interventionen gab. Da habt ihr Kritikerinnen völlig recht. Jede Geburt ist richtig und vor allem jede Geburt ist eine Geburt!
Es geht im Projekt „selbstgeboren“ nicht darum, verschiedene Geburtsmodi zu werten. Es soll einfach nur gezeigt werden, dass Geburten auch völlig ohne Interventionen funktionieren (können). Genauso wie viele Stillmütter und -beraterinnen aufzeigen wollen, dass Stillen völlig ohne Hilfsmittel funktioniert bzw funktionieren kann. Beides finde ich wichtig, da beides von immer noch viel zu wenigen Menschen gewusst wird. Beides heißt aber im Umkehrschluss nicht, dass Frauen die bei der Geburt oder bei der Ernährung ihres Babies Hilfsmittel oder Interventionen welcher Art auch immer gebraucht haben, Mütter 2. Klasse sind.
Herzliche Grüße,
Michaela R.
Ihr Lieben, danke für Eure Kommentare. Ich freue mich sehr zu lesen, dass viele von Euch sich ebenfalls selbstbestimmt bei ihren Geburten gefühlt haben, egal auf welchem Geburtswege.
Es freut mich ebenso zu lesen, dass es auch Mütter gibt, die diese Aktion so nicht interpretieren und sich an kein Geburtstrauma, keine Selbstbewußtseinsprobleme, kein Bedauern nach einem nicht gewünschten Geburtsverlauf erinnert fühlen. Das zeigt, dass wir als Frauen – und vielleicht sogar als Gesellschaft – doch manchmal auf dem richtigen Weg sind. Nicht anderes wünsche ich mir: alle Geburtswege sind gleich gut, werden nicht bewertet.
Allerdings zeigen die Reaktionen auf Twitter und die von mir oben ausgewählten anderen Blogbeiträge, dass sich viele Frauen damit ungerechtwertig auf die 2. Bank geschoben fühlten. Ihre Erklärungen warum das Gefühl so ist und wie sie die Wortwahl der Aktion (nicht den Hintergedanken der Aktion, den finden alle gut) bewerten, sollten ebenfalls wahr und ernst genommen werden. Nur so kommen wir weiter. Und nur so kommt auch der #Elternprotest und #Hebammenprotest weiter.
Liebe Grüße!
*mit Tränen in den Augen*: Danke <3 für diesen einzigartig gut und sachlich argumentierten Text zu diesem emotionalen Thema
Souli
<3
Hey,
Ich reihe mich ein in die Riege der aussortierten, falschen Geburten.
Ich hatte zwei eingeleitete Geburten, scheinbar ist das falsch?! Das diese wunderschön, kraftvoll und sowas von selbstbestimmt waren, interessiert nicht. Na, egal. Dann bin ich eben eine falsche Mutter mit falschen Geburten.
Aber ich bin eine Mutter. Und ich habe meine kinder in meinem Körper wachsen lassen und sie zur Welt gebracht.
So eine blöde Aktion bringt mein Mutterbild nicht ins Wanken. Nur schade für die Hebammen und die ganze Protestbewegung. Denn das spaltet diese in zwei Lager und alle kämpfen gegeneinander wie bei den mommy wars anstatt Miteinander.
Echt schade!
Lg
Claudia
Ich bin erst jetzt auf die Sache aufmerksam geworten und reihe mich ein in die Reihen derer, die verletzt und auch verwirrt sind. Habe ich meine Kinder (2 Kaiserschnitte) etwa nicht selbstgeboren? Keine Kraft aufgewendet? Haeh?! So ziemlich das Gegenteil ist der Fall :)
Weisst Du, dass es im Englischen in der eher alternativen Ecke den Trend gibt, Kaiserschnitte statt als „Cesarean sections“ als „Cesarian births“ zu bezeichen? Das fand ich fuer mich troestlich und auch sehr zutreffend (ich lebe im englischsprachigen Ausland).
Wun-der-bar!!! Das hast du absolut genial auf den Punkt gebracht!!! Danke hierfür.
Nur eins: Du sagst: „Da ich weder Medizinerin noch Hebamme bin, kann ich als Gebärende, selbst wenn ich mich so gut informiert habe, nicht entscheiden, wann welcher Eingriff sinnvoll ist oder nicht. So viel Fachwissen kann eine normale Frau nicht anhäufen.“…ich denke, dass Mediziner und Hebammen da auch so ihre Probleme haben, da medizinisches Fachwissen da oft auf irgendein Dogma trifft und dieses „Wissen“ so ziemlich relativiert wird. Und dazwischen geht dann die Mutter unter.
Aber tolle Stellungnahme!!!
Danke für diesen wunderbaren Post. Du bringst es auch so saugut auf den Punkt. Widerspruch nur in Punkto „Mommywars“ – von denen lese ich nämlich im Zusammenhang mit #selbstgeboren nichts. Vielleicht lese ich da an den falschen Stellen ;)
Liebe Damen, ich bin selbst Mutter von 2 Kindern und Buchautorin zum Thema selbstbestimmte Geburt. Ich denke dass die hier kritisierte Hebamme ganz anderes im Sinn hatte als tatsächlich angekommen ist. Niemand will einer Frau eine Geburt absprechen – egal wie ein Kind geboren wird: wir Frauen müssen alles geben, und noch ein bisschen mehr. Aber eine große Anzahl aller Geburten in den Industrieländern läuft für die Frauen entwürdigend und würdelos ab, und jene Hebamme möchte wohl dazu aufrufen, dass jene Frauen sich hervortun, die so geboren haben, wie wir Frauen es als geburtsethischen Standard verdient haben. Geburt kann so viel mehr sein als körperliche Pein und unsagbares Glück am Ende einer Durststrecke. Und wenn man jenen Frauen ein Ohr leiht, die davon sprechen können, abseits jeder Angst und Ohnmacht geboren zu haben, dann wird irgendwann die Anzahl jener Frauen steigen, die das für sich einfordern, bis irgendwann kein Zweifel mehr darüber besteht, dass auch ein Baby mit Popo voran, normal zur Welt kommt – wenn man es lässt, und wenn man das will. Und wenn ein Kaiserschnitt der richtige Weg ist, und man dabei seine Würde behalten darf, ist das gut so. Aber wir bewegen uns zur Zeit im Mittelalter der tatsächlichen Geburts“hilfe“, und ich spreche mich hier gezielt gegen eine Hexenverbrennung aus.
Danke für Deinen Kommentar.
Liebe Twitter-Follower haben mich darauf aufmerksam gemacht, dass Dein erster Satz auch so zu verstehen sein kann, dass Du keine Mitautorin des Buches bist. So hatte ich das zunächst gelesen. In dem Fall trifft Dich meine Empörung über die Wortwahl zu unrecht, denn damit hast dann ja nichts zu tun.
Was aber immer noch gilt: Trotz vermittelnder Absichten scheinst auch Du die Kritik aus Blogtexten und Kommentaren nicht wirklich ernst zu nehmen. Das ist wirklich schade, denn so wichtig mehr Selbstbestimmung, mehr Selbstbewußtsein und mehr Allgemeinwissen über Geburten sind, zu erreichen ist dies nur, wenn Frauen mit Wissensvorsprung in dem Bereich alle andere wirklich ernst und für voll nehmen. Das ist nicht der Fall, wenn individuelle, ernsthaft vorgetragene und detaillierte Repliken mit Hexenverbrennung degradiert werden und auf einzelne Argumente so gut wie nicht eingegangen wird.
Beste Grüße, Mama notes
—-
Liebe Damen des kritisierten Buches,
vielen Dank für den Kommentar. Wißt Ihr, wie Ihr etwas gemeint habt und wie es bei vielen Frauen angekommen ist, das sind sehr wahrscheinlich zwei unterschiedliche Dinge. Das habe ich in meinem Text oben auch vermutet und Euch die richtigen, nämlich Frauen unterstützenden Absichten wohlwollend unterstellt. Aber: das Gegenteil von gut ist bekanntlich gut gemeint.
Was mich, und alle anderen kritischen Bloggerinnen-Stimmen und die Stimmen aus den Kommentaren hier, so empört ist nicht unbedingt Euer Anliegen (soweit wir vermuten können) sondern Eure Formulierung, Eure Wortwahl und Eure Differenzierung zwischen „selbst“ und ‚“fremd“ oder was auch immer. Es ist sehr schade, dass Ihr nach all den Monaten noch nicht angefangen habt, Euch kritisch mit Eurer Wortwahl, mit Euren Formulierungen und der Haltung, die eventuell dahinter stehen mag, auseinander zu setzen.
Eine Hexenverbrennung findet hier auf meinem Blog nicht statt, dafür bin ich zu demokratisch und zu feministisch. Mir dies zu unterstellen ist ein starkes Stück Unverschämtheit. Was hier vielmehr stattfindet, sowie in den von mir verlinkten Blogtexte, sind detaillierte und individuelle Auseinandersetzung mit Euer Wortwahl und was diese für jede einzelne Schreiberin bedeuten. Das ist kein Shitstorm und keine Hetze. Das nennt man Kritik und Repliken und das ist etwas Grundverschiedenes, wie Ihr hoffentlich wisst.
Leider ist auch Deine Antwort, trotz Deiner vermutlich deeskalierenden und erklärenden Absichten nicht wirklich besser. Was Euch fehlt: ernst nehmen, was andere Frauen sagen. Frauen, die aus einer ganz anderen Welt zu kommen scheinen, als Ihr. Frauen, die darauf angewiesen waren, sich auf diese eine Hebamme und diese/n Arzt/Ärztin zu verlassen. Was Euch weiterhin fehlt ist offen zu sein für andere Geburten, für andere Entscheidungen und Empfindungen. Die Unterscheidung nach dem „selbst“ und dem „anders“ oder „fremd“-geboren ist ein Urteil. Das steht Euch nicht an, und das ist es, was mich zum Beispiel so getriggert und verletzt hat.
Zum Thema mehr Hilfe in der Geburtshilfe, mehr Wissen über die Vielseitigkeit der Geburtsmöglichkeiten (mit dem Popo zuerst, etc.) bin ich mit Euch d’accord. Nicht aber mit Eurer Unterscheidung von echter selbstgeborener Geburt und – dem Rest. Das hat mit Hilfe mal so gar nichts zu tun.
Viele Grüße, Mama notes
Ich glaube, dass das Thema Geburt im Laufe der Zeit nicht mehr individuell betrachtet wird.
Der Grundstein hierfür wird lange Zeit im Voraus gelegt.
Dann kommen die Monate der Schwangerschaft und auch hier ist der Verlauf bereits einzigartig; mit mehr oder auch weniger empfundenen Strapazen.
Wenn dann die Geburt beginnt, ist das ein weiterer beispielloser Meilenstein. Auch meine Tochter hat sich nicht davon abbringen lassen, meinen Herzschlag aus nächster Nähe zu belauschen. Da blieb der Po bis zum bitteren Ende unten. Aber meine Voraussetzungen waren eine sehr gute medizinische Versorgung, ein starker Partner und Familienrückhalt, eine tolle Hebamme, ein Krankenhauswechsel (bereits mit zwei Tagen Verzug bezüglich des Entbindungstermins) und eine Sonnenfinsternis. Alleine diese Konstellation hat es mir ermöglicht, mein Kind auf natürlichem Weg zu gebären. Das macht mich aber nicht besser oder schlechter als eine Frau, die in einer ähnlichen Situation den Kaiserschnitt wählt. Mein Beispiel soll verdeutlichen, wie viele Faktoren für den Verlauf einer Geburt entscheidend sind. Sobald ein Detail anders ist, kann das Ergebnis schon abweichen. Das zu verurteilen ist, als würde man die Individualität kritisieren. Zumal auch oft der gesundheitliche Aspekt der ausschlaggebende Grund für medizinische („unnatürliche“) Unterstützung ist. Und so weit möchte sicherlich niemand gehen und zu einer natürlichen Geburt raten, wo eine Gefährdung für das Leben von Mutter oder Kind resultiert. Demnach ist jede Entscheidung einer jeden Frau völlig korrekt und sollte nur der ihr eigenen Wertung unterliegen.
Jede Frau sollte für sich wissen, wie einzigartig & wunderbar sie ist!
Warum seid Ihr so darauf angewiesen, von anderen Bestätigungen zu bekommen?
Egal wie, Ihr habt Eure Kinder bekommen, ernährt und erzogen!
Seid selbstbewusster!
Ihr seid niemandem eine Antwort schuldig!
Seid stolz! Ihr seid MUTTER!
Anuška
Stolze MUTTER von vier Kindern