„What a difference a day made“ ist für mich der Song für eine Geburt. Plötzlich ist da jemand, egal wie lange die Geburt gedauert hat. Gestern noch ein Paar, heute Familie. Gestern noch zu dritt, heute zu viert. Eine Freundin von mir hat heute ihr zweites Kind bekommen. Und weil ich heute und in den letzten Tagen des Wartens viele Erinnerungen an die Geburt meines zweites Kindes gehabt habe und weil ich noch nie einen Geburtsbericht geschrieben habe, will ich das heute nachholen.
Am errechneten Geburtstermin (ET) des Sohnes tat sich nichts, gar nichts. Es tat sich überhaupt vorher schon nichts. Keine Senkwehen, keine Übungswehen. Bei meinem ersten Kind hatte ich keine Wehen. Die Tochter wurde geplant per Kaiserschnitt geholt, vier Tage vor ET, weil in unserer Stadt aus Beckenendlage keine Vaginalgeburten durchgeführt werden. Das habe ich immer bedauert, obwohl die Geburt im OP wirklich großartig war. Es war schön und verzaubert. Ich bekam meine Tochter sofort, noch im OP, auf die nackte Brust gelegt. Sie pinkelte mich an, maunzte wie ein Kätzchen und die Zeit stand still.
Bei der zweiten Geburt sollte es trotzdem ganz anders werden. Ich wollte das Invasive nicht, ich wollte eine natürliche Geburt, im Geburtshaus. Ohne pda. Ohne Ärzte, ohne Risikoabwägung. Ich wollte meine Hebamme, eine wissende Frau, die bei mir ist und die Geburt beobachtet. Dann würde ich mich sicher fühlen, obwohl ich doch sonst so ein Angsthase bin.
Es gab allerdings eine Krux bei der Sache, die mir die ganze Schwangerschaft über auf der Seele hing: Uterusruptur. In der entfernten Familie, die ich nicht persönlich kenne, aber Menschen kenne, die dieser Familie sehr nahestehen, gab es einen Fall eines Uterusrisses. Das Baby verstarb sofort. Das unfassbar Schlimme und Traurige. Näheres möchte ich hierzu nicht erzählen. Nur eben, das mich diese Geschichte aus mehreren Gründen nicht losließ. Obwohl ich versuchte, mich mit Studien und Statistiken zu dem Thema zu beruhigen. Das Risiko hierzu ist gering, aber in der Welt. Zu viel für mich Angsthasen, zu viel für mein Gedankenkarussel.
Meine Hebamme wusste von meinen Sorgen und kannte die Geschichte dahinter. Sie war erdverbunden und zupackend und derartig voller Zuversicht, dass ihre bloße Anwesenheit mich ruhig werden ließ. Sie teilte sich die Rufbereitschaft mit einer anderen, jüngeren Hebamme. Sie war ebenfalls nett, hörte mir freundlich zu und beantwortete mir alle Fragen, aber die Chemie stimmte nicht so überein. Ihr oblag der Dienst ab dem errechneten Geburtstermin.
Das sind, grob umrissen, die Grundpfeiler, auf denen diese zweite Geburt stand. Es kam der errechnete Termin, die Tage verstrichen. In meinem Bauch tat sich nichts. Mir ging es sehr gut. Es war heiß und ich hoffte auf kühlere Tage für die Geburt. Es verging eine Woche, 8 Tage. 9 Tage. Das Warten war unerträglich. Ich versuchte es mit Zimt, mit Rotwein, mit Nelkenöltampons. Selbst so einen Eisenkrauttee habe ich getrunken. Aber ich blieb die kleine Frau mit dem unfassbar dicken Bauch.
Am Morgen des 10. Tages lief ein kleiner Wassertropfen mein Bein herunter. Es war unspektakulär. Kein Knall, kein Wasserstrahl, einfach nur ein Tropfen. Und noch einer. Wenig Wasser, kleinster Tropfen. Ich war die Ruhe selbst. Ganz komisch. Mein Mann hingegen guckte etwas schief aus der Wäsche. Die später eintreffende Hebamme bestätigte: Blasensprung. Super! Es geht endlich los. Ich war extrem entspannt, tiefenentspannt, ohne Aufregung. Ich wartete einfach. Diese Haltung ist sehr erstaunlich für alle, die mich nervöses Huhn kennen. In meinem Bauch allerdings herrschte ebenfalls Ruhe. Keine Wehe. Den ganzen Tag lang nicht. Ich ging noch am Vormittag zur geburtseinleitenden Akupunktur, ohne Erfolg. Meine Mutter reiste am Nachmittag an, nahm unser 22 Monate altes Töchterchen mit. Die Kleine war sehr gerne bei Oma und Opa, es war gut.
Meine Wehen kamen spät abends um 21 Uhr. Eine Stunde später glaubte ich auch daran, dass es Wehen waren, aber dazu später. Zuvor sei noch rasch erzählt, was bei allen anderen immer für Erheiterung sorgt: Ich Romantikerin hatte geplant, bei einsetzenden Wehen einen Kuchen zu backen. Darauf freute ich mich die gesamten letzten Wochen über. Das würde mir helfen, mich von den Wehen abzulenken, so dachte ich mir. Wenn der Kuchen dann fertig sein würde, wollte ich ins Geburtshaus fahren. Nach der Geburt wieder zu Hause, würde die Wohnung noch nach Kuchen duften. Geburtstagskuchen!
Dazu kam es nicht. Denn der Hängeschrank in der Küche war am Vormittag komplett aus der Wand gerissen. Der Schaden war ziemlich groß. Das brachte mich zwar kein bisschen aus meiner woher auch immer stammenden Tiefenentspannung, nahm mir aber den Platz zum Backen. Ich hatte in der Küche keinen Platz, Geschirr und der Hängeschrank standen herum. Ich wurde zunehmend frustriert darüber, dass keine Wehen kamen und ich keinen Kuchen backen konnte. Aus lauter Enttäuschung darüber verlor ich auch jeglichen Appetit und aß nicht zu Abend, was sich später bemerkbar machen würde…
Um 21 Uhr gingen wir ein bisschen spazieren. Mir tat der Bauch weh, es zog so komisch. Ich schob es auf den leeren Magen, schließlich hatte ich schon länger nichts gegessen. Wer das verpeilt findet in Anbetracht eines Blasensprungs 11 Stunden zuvor, der hat Recht. Ich war verpeilt. Um 22 Uhr saß ich auf unserem Bett, ein Glas Rotwein für den Wehenturbo in der einen Hand und ein bisschen Brot in der anderen, als ein Krampf mich zusammenzucken und den Rotwein verschütten ließ. Ich war immer noch unsicher, ob das jetzt die Wehen sein sollten und beschloss, mich zum Schlafen hin zu legen. (Verpeilt, sag ich doch!) Bei der nächsten Wehe schmerzte es so sehr, dass ich erstaunt auf schoss. Ich tigerte in der Wohnung herum. Und hatte dann auch begriffen, dass es wohl die Wehen sein mussten. Auaauaauaaua! Ich fand keine Position, die ich aushalten konnte.
Auf die Fensterbank stützen war nichts, auf den Tisch stützen auch nicht. An den Schrank hängen ging ebenfalls nicht. Alles war zu noch, zu niedrig, zu irgendwas. Schließlich fand ich vor der Couch eine Stellung, die ging. (Fragt nicht).
Die Schmerzen wurden ziemlich schnell immer stärker und rissen mich jedes Mal auf die Knie. Ich bekam Kreislaufprobleme. Ich fürchtete in Ohnmacht zu fallen, mir rauschte das Blut in den Ohren und mir wurde schwarz vor Augen. Meinen Mann hatte ich mittlerweile zu mir geholt, der ziemlich ratlos und etwas besorgt bei mir war und versuchte, während der Wehen Händchen zu halten.
Wir riefen die Hebamme im 24 Uhr an. Dann nochmal um 2.00 und um circa 4.30 Uhr. Sie sagte jedesmal, dass es sich noch nach dem Beginn anhört und wir noch warten müssten. Sie würde erst am Morgen kommen. Meine Schmerzen waren sehr heftig. Ich kämpfte mit dem Kreislauf und atmete auf „EFFFFFFFFFFFFFFFFFFFFF“ wie ich es im „Hechel-Yoga“, ein geburtsvorbereitender Yogakurs, gelernt hatte.
Die Wehen saßen immer nur vorne, in Höhe der Narbe. Ich hoffte, dass alles so richtig ist, wie es ist. Ich fühlte mich klein, der Sache nicht gewachsenen und war die jammerigste Frau aller Frauen. Was ich mir wirklich wünschte, war, dass meine Hebamme zu mir kommt, dass sie sich alles anguckt, ein oder zwei Wehen mir atmet und mich beruhigt. Aber da sie sagte, alles sei noch am Anfang und die Nacht so fortgeschritten, traute ich mich nicht, sie aus ihrem Bett zu bitten. Schließlich kommt die Hebamme doch immer erst, wenn es wirklich soweit ist, oder? Das dachte ich in dieser Nacht. Angerufen habe ich, weil mein Mann mich drängte. Er war verunsichert mit seiner Frau, die mit den Schmerzen nicht klar kommt und bei jeder Wehe schreit wie am Spieß. Auch er erhoffte sich Hilfe und Unterstützung von der Hebamme, was aber nicht klappte.
Was mich verunsicherte war die Heftigkeit des Schmerzes, der Ort des Schmerzes (die Narbe!) und dass die Hebamme sagte, alles sei noch am Anfang. Wie konnte etwas so weh tun, das noch am Anfang stand? Wie sollte ich das alles schaffen, wenn ich jetzt schon so fertig war? Der Schmerz übermannte mich, überrannte alles, was da war. Wenn die Wehe kam, war nur Schmerz. Heißer, kalter, böser, starker Schmerz.
Ich konnte den Schmerz sehen. Noch heute könnte ich das Bild malen: Zwei heiß-golden leuchtenden Zahnräder, die sich durch meine Bauchdecke gegeneinander drehten. Und beim Bewegen dunkelrote, spitze, scharfe Klingen ausfuhren, die meinen Bauch durchstachen. Gold und blutrot vor schwarzem Hintergrund. An den Geburtsvorbereitungskurs konnte mich nicht mehr erinnern, ich konnte nicht denken. Ich konnte nur noch den Schmerz sehen. Zwischen den Wehen war ich wie weggetreten. Ich erinnere mich an nichts mehr.
Irgendwann googelte mein Mann im Internet „Wehen veratmen“ und fand eine Seite namens „Geburtskanal“. Dort stand, dass ich mein Gesicht unbedingt entspannt lassen soll, auch in der Wehe, damit der Muttermund auch aufgehen könne. Richtig, daran konnte ich mich erinnern, das hatte ich schonmal gehört. Es wurde geraten, auf „a“ oder „o“ zu tönen. Ich tönte auf „a“. Es entspannte mein Gesicht am besten, es war angenehm und während ich mich konzentrierte mein Gesicht zu entspannen, entspannte ich mich. Die Angst wich ein wenig, ich kann mich auch wieder besser erinnern, was in dieser Zeit passierte. Mein Mann, ganz in Sorge, schmierte mir Käsebrote. Mit Gurke. Ich weiß nicht, ob sich Menschen ohne Wehenerfahrung vorstellen können, was es bedeutet, mitten in den Wehen essen zu müssen. Er hatte befürchtete, dass ich irgendwann doch in Ohnmacht fallen könnte und hoffte meinen Kreislauf mit Essen zu stabilisieren. Schließlich hätte ich doch nichts im Magen. … Zwei Krümel zwängte er mir auf, dann verweigerte ich mich.
Die Wehen kamen die gesamte Nacht über alle 7 Minuten und hielten für ungefähr eine Minute. Bevor ich nicht über vier Minuten kommen würde, schritte meine Hebamme nicht zur Tat, sagte sie. Um 4.30 riet sie mir, wie auch in den Telefonaten zuvor, ins Krankenhaus zu fahren. Für das Geburtshaus sei es zu früh und wenn ich mich so unwohl fühlte bzw. so in Sorge sei, dann wäre vielleicht das Krankenhaus das Beste für mich.
Ich wollte eigentlich durchhalten um irgendwann ins Geburtshaus zu dürfen, aber um 5 Uhr machten wir uns, doch verunsichert von der Hebamme, ob das Geburtshaus das Richtige für mich sei, auf den Weg ins Krankenhaus. Die Wehen im Auto waren die Hölle. Im Krankenhaus fing ich sofort an, mich zu entspannen. Hier war Tochter auf die Welt gekommen, hier war es gut.
Dann kam die Hebamme zu mir, tastete den Muttermund ab. Fragte mich nochmal, wann der Blasensprung war (vor 22 Stunden), wann die Wehen eingesetzt haben (vor 9 Stunden) und sagte: „1 centimeter“. Was? Ich sackte zusammen. Sie tröstete mich noch damit, dass es manchmal sehr schnell gehen könnte. Keine Wehe sei umsonst. Nach einer Stunde war Schichtwechsel und die nächste Hebamme kam, untersuchte mich: 1 cm. Ich weinte. „Ich kann nicht mehr. Ich schaffe das nicht. Was soll ich jetzt machen?!“ Sie tröstete mich in ihrem mütterlichen, russischen Akzent. „Nu jaa. so chommen die Bäbies halt auf die Wäääält. Mit Chmerzän“. Ja danke, soweit wußte ich Bescheid. Ich kam mir bescheurt vor, und zu klein für diese Aufgabe vor und weinte weiter.
Die Wehen waren weiterhin sehr schmerzhaft. Ich musste ständig auf die Toilette, die Krämpfe davon hielten noch über die Wehen hinaus an. So Doppelwellig.
Dann kam irgendwann der Arzt. Untersuchte mich auch, fragte aber vorher ganz lieb, ob er dürfte, ich wäre ja schon zwei Mal untersucht worden. Aber er durfte, ich hoffte so sehr … aber „1 centimenter“. Mittlerweile waren es 12 Stunden nach Wehenbeginn. Ich bekam Antibiotikum.
Irgendwann bot er mir eine pda an, damit ich entspannen könnte, schlafen. Ich hatte Angst, dass die pda verfrüht sei und sie doch den Geburtsverlauf aufhalten könne. Aber er meinte, ich müsse schlafen und Kraft sammeln für alles Weitere. Denn ich sei noch nicht mal „unter der Geburt“. Ein centimeter ist kein centimeter.
Die pda saß sofort sehr gut und ich schlief zwei Stunden. Für den Mann wurde ebenfalls ein Bett in den Kreißsaal gebracht, denn er hatte ja auch die ganze Nacht nicht geschlafen, war in Sorge gewesen. In dem Moment verstand ich allerdings überhaupt nicht, wozu er ein Bett braucht. Wer hat denn hier die Wehen, er oder ich?!
Nach zwei Stunden kam der Arzt erneut. Er berichtete, dass die Herztöne des Babys etwas erhöht seien, meine Entzündungswerte ebenso. Einzeln für sich gesehen nicht besorgniserregend, aber zusammengezählt mit Blasensprung vor mittlerweile über 24 Stunden und meiner Angst vor dem Uterusriss (ich hatte mich mal mit einer Ärztin aus dem KH getroffen und beraten. Dies fand er wohl in meinen Akten notiert), würde er nicht zu einem Wehenmittel raten. Er würde mir zu einem Kaiserschnitt raten. Ich weinte, ich wollte doch eine natürliche Geburt. Er zeigte Verständnis. Wir sollten nochmal darüber nachdenken. Besser so als später gegebenenfalls mit wehenden Fahnen in den OP, sagte er noch.
Woher sollten wir denn wissen, ob es noch verantwortlich ist, weiter zu probieren oder ob ein Kaiserschnitt angeraten ist?! Die Wehen bekam ich durch die pda gar nicht mehr mit. Sie waren noch da, aber wie heftig, konnte ich nicht sagen. Nach einer weiteren Stunde, oder zwei, kam der Arzt wieder. Diesmal wurde ich wieder untersucht. 1 centimeter. Es tat sich gar nichts. Ich war niedergeschmettert. Und dann sagte der Arzt, wenn das sein Enkelkind wäre, würde er einen Kaiserschnitt machen lassen. Tja, was sollte ich da noch sagen? War ich Medizinerin? Konnte ich einschätzen, was wirklich los war, worum es ging? Nein.
Der Kaiserschnitt wurde gemacht. Alle waren wahnsinnig nett zu mir. Wir hatten uns gemeinsam dazu entschieden, mit Bedauern, aber entschieden. Mein Mann hielt meine Hand, wir freuten uns auf unser Baby. Die Operation dauerte länger, als ich das beim ersten Mal in Erinnerung hatte. Mir wurden circa 30 Minuten Operation angekündigt, dann käme das Baby, dann nochmal 25 Minuten zunähen. Das Team machte sich hinter einem Sichtschutz an mir zu schaffen. Irgendwann kam Bewegung in das OP-Team. Alle drückten auf meinen Bauch, ein Arzt stellte sich neben mich auf Schulterhöhe, drückte von oben auf meinen Bauch. Ich konnte kaum atmen, so heftig drückte er. Dann war unser Sohn geboren. Er schrie sofort. Laut! Das OP Team entspannte sich. Das Baby wurde mir, dick mit Käseschmiere bedeckt (am Tag ET+11!) und mit unglaublich vielen dunklen Haaren zum Küssen gereicht. Ich dachte noch, „Oh so viel Käseschmiere. Ob das wohl stinkt?“ Es stank aber gar nicht. Es roch neutral. Und ich dachte „Oh! Mein Baby!“ Sein Kopf war keilförmig, er sah aus wie jemand von Raumschiff Enterprise. Dieses Mal wurde mir mein Baby aber nicht ganz sofort auf meine Brust gelegt, sondern erst kurz untersucht und gewickelt. Das ist etwas, was ich heute mehr bedaure, als den Kaiserschnitt an sich. Erst als ich unruhig wurde und nach meinem Kind verlangte, wurde er mir wieder von meinem Mann gebracht. Er sagte mir später, sie hätten nicht mehr als eine oder zwei Minuten mit ihm am Wickeltisch verbracht. Die Hebamme habe ihn kurz untersucht, angeschaut und gewickelt. Dann machte sie Fotos von Sohni und Vater, was ihn erstaunte – er aber so mitmachte.
Endlich wurde mir mein Baby auf die Brust gelegt! Endlich war er da. Ich konnte ihn umarmen und fühlen, streicheln, riechen. Noch während ich zugenäht wurde. Baby drauf, Wärmedecke drüber, fertig. Wie viel mir das bedeutet, dieser halbwegs sofortige Kontakt mit dem Baby, noch im OP, kann ich kaum beschreiben. In keinem anderen Krankenhaus der Stadt wird das so gehandhabt. Ich liebe das Krankenhaus dafür. Sohni schrie aus Leibeskräften. Er beruhigte sich im OP gar nicht mehr. Kein Wunder, im OP auf die Welt zu kommen, fotografiert zu werden….Wir kamen über einen kurzen Aufenthalt im Aufwachraum in unserem Kreißsaal. Sohni immer auf meiner Brust. Hier konnten wir ankommen. Hier trank der winzige Kerl (2.800 Gramm) das erste Mal aus der Brust. Er trank tiefe Schlucke. Eine wunderbare, beruhigende Wohltat nach meinem ersten Baby, das ein noch leichteres Fliegengewicht war, nicht trank, meine Milch, die in den ersten drei Tage nicht vorhanden war. Mit jedem Schluck, den mein Baby trank, wurde mir wohler, zuversichtlicher und wärmer. Da war es, dieses unfassbare Glücksgefühl. Mein Baby war da. Er war angekommen, mein zweites Kind. Wir waren zu viert. What a difference a day made…!
Das war mein Geburtsbericht. Die Tatsache, dass es wieder ein Kaiserschnitt wurde, ist für mich heute ok. Ich habe zwei gesunde Kinder, das ist es, was zählt. Ich muss diesen Selbsterfahrungstrip nicht erzwingen, auch, wenn ich ihn gerne gehabt hätte. Aber die Psyche, die Ängste, die Chemie mit der Hebamme, all das spielt halt auch rein, in so eine Geburt. Was ich mich immer mal wieder frage ist, wieso die Wehen so schmerzhaft und gleichzeitig so ineffektiv waren. Bin ich nur ein wahnsinnig schmerzempfindlicher Jammerlappen oder was war da los? Warum ging dieser Muttermund nicht weiter auf? Hatte die Hebamme mich aufgrund meiner Uterusriss-Sorgen innerlich abgeschrieben und von Anfang an für das Krankenhaus vorgesehen? Warum hatte sie mit mir dann nicht im Vorfeld darüber gesprochen? Was mir viel wert ist und mich über vieles hinwegtröstet ist die Tatsache, dass das Stillen bei beiden Kindern so gut klappte. Manche Frauen können gut gebären und haben Probleme mit dem Stillen. Bei mir war es eben umgekehrt. Glücklich sind die, die beides können. So ist eben das Leben.
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Ich hatte auch beim ersten Kind keine nennenswerten Vorwehen (höchstens mal einen harten Bauch), und wurde bei der eingeleiteten Geburt vom Schmerz so kalt erwischt wie du. Dass du den Schmerz gesehen hast, und wie du das beschreibst, kann ich nachfühlen. Ich hatte das Gefühl, dass mein Bauch reisst und ich sterbe. Beim dritten Kind war die Geburt dagegen fast ein Spaziergang – Wehen sind also nicht gleich Wehen.
Leider habe ich auch schlechte Erfahrungen mit einer Hebamme im Krankenhaus gemacht, beim zweiten Kind. Die sagte mir, ich solle mich doch endlich entspannen, und nicht so anstellen. Na klasse, da fühlt man sich gleich besser. Das wurde dann eine Notkaiserschnitt in der allerletzten Minute, weil man keinen Arzt wecken wollte. :(
Gern gelesen! Viele Grüsse, Christine
Liebe Christine,
danke für Deine Bestätigung, dass einen der Wehenschmerz so kalt erwischen kann. Ja, dass der Bauch reisst war auch eines meiner Gefühle.
Notkaiserschnitt weil man keinen Arzt wecken wollte ist ja auch der Hammer. Ohne Worte!
Liebe Grüße zurück, Mama notes
*schnief* Geburtsbericht… vielen Dank, dass du uns daran hast teilhaben lassen. Er hat mich an Vieles erinnert, obwohl wir eine ganz andere und eher unkomplizierte Geburt hatten. Währenddessen habe ich das allerdings nicht geglaubt. Als ich das Gefühl hatte, wirklich am Ende zu sein und man dann hört: erst xy Zentimeter…
Hattest du vorher einen Geburtsvorbereitungskurs gemacht? Oder war das bei dir im Geburtsyoga mit drin? Diese Atemübungen haben mir wirklich was gebracht.
Enttäuschend finde ich ja, wie deine Hebamme dich „betreut hat“. Das hätte ich mir anders vorgestellt. Ich hätte auch nicht gedacht, dass man nicht jederzeit ins Geburtshaus fahren kann, wenn es eben losgeht.
Jetzt seid ihr glücklich zu viert und lebt euer Familienleben miteinander. Das ist doch die Hauptsache.
Liebe Grüße, Momatka
Liebe Momatka,
das freut mich, dass mein Geburtsbericht Dich an Deine erinnert hat. Ja, ich hatte einen Geburtsvorbereitungskurs. Der „Hechel-Yogakurs ist meine Beschreibung für geburtsvorbereitenden Yogakurs. Habe das im Text entsprechend eingefügt. Ich hatte nur unter den Schmerzen alles vergessen… ;)
Liebe Grüße zurück, Mama notes
Tatsächlich hatte ich in den Wochen vor der Geburts täglich mehrmals das Atmen geübt. Mir war ja eh langweilig. Während der Geburt hat mich der Schmerz dann auch ein paar Mal total überrannt, dass ich nicht mehr atmen konnte. Zum Glück hat der Liebste mich dann immer wieder dran erinnert. :-)
Dankeschön fürs Aufschreiben! ❤
Danke für Dein Dankeschön. Das war ja nun wirklch „my pleasure“. :)
Hey! Das ist „mein“ prae- und postpartales Lied ;)
Den ganzen Tag nach der Geburt des MiniMs ging es mir nicht mehr aus dem Kopf! http://nullpunktzwo.de/2012/11/21/tag-0-tag-1-unglaublich/
Toll, dass Du mit 2 Kaiserschnitten so gut umgehst. Rein pragmatisch gesehen war es zumindest in diesem Fall das Beste fürs Kind und es ist ja nicht so, als hättest Du nicht alles versucht.
Ich habe bei beiden Geburten zum Glück die Wehen als sich langsam steigernd erlebt und fürchte mich etwas vor solchen Monsterwehen, wie es sie ja auch unter Einleitung geben kann. Aber darüber denke ich einfach bis zum nächsten Sommer nicht mehr nach… Die Idee mit dem Kuchenbacken ist wunderschön! Werde ich mir merken :)
Danke fürs Miterleben lassen!
Hallo Null.2,
das ist ja lustig, dass es auch Dein Geburtslied ist. Schön!
Vor Monsterwehen musst Du Dich nach 2 Geburten doch nicht mehr fürchten, oder? Warum sollte das so kommen? Es wird bestimmt alles gut, Du bist ja ein Pro ;)
Liebe Grüße
Kind 1 kam spontan eine Woche vor ET.
Bei Kind 2 musste ich mich ab der Halbzeit etwas schonen und keiner hatte gedacht, dass ich bis zum ET überhaupt komme – Kind kam 1 Tag nach ET und schon mit sanfter Nachhilfe.
Wenn sich Kind 3 trotz größerer Belastung im Alltag nun ordentlich Zeit lässt?!
Ach, wird schon schief gehen ;)