Wir haben ein schönes, gammeliges, faules, beide Rheinseiten liebendes Wochenende verbracht. So könnte man es zusammen fassen. Als geborene Düsseldorferin habe ich ein besonderes Verhältnis zu Köln. Ich liebe die Stadt nämlich, sie kommt gleich hinter Berlin. Also erst Düsseldorf, dann Berlin, dann Köln, dann Hamburg. Nur, falls hier jemand fragt. Ich mag die Kölner, die Sprache, der kölsche Karneval erwärmt mein Herz und die kölsche Art ist etwas besonderes. Das sei gesagt, weil das für eine*n Düsseldorferin hierzulande als nahezu kosmopolitische Offenheit gilt.
Wir fuhren also nach Köln, weil mein Geburtstagsgeschenk sei war. Vor ein paar Wochen waren wir schon mal in Köln, tauschten mein ursprüngliches Geschenk um (ja, ich bin schwierig) und ich durfte mir ein neues Geschenk aussuchen, das aber noch angepasst werden mußte.
Kind1 war besonders gespannt auf den Kölner Dom. Der Mann muß wohl etwas von „größer als alle Häuse sei und bunte Fenster aus Glas“ erzählt haben. Erstmal rief sie ein bewunderndes „BOAH!“ aus, als wir in Köln einfuhren.
Weil es schon wieder Kindermittagszeit war, gab es auf dem Rathenauplatz eine Spiel- und Picknickpause. Leider hatte das Café nicht auf, von dem der Mann wußte.
Weiter ging es ins belgische Viertel, ich erwarb einen wunscherschönen neuen Ring mit einem riesigen Auswahl-, Umtausch- Anpass- und wieder Umtausch-Stunt. Ich schämte mich sehr, aber zum Schluß war ich glücklich mit meinem Ring und der Goldschmied wohl auch.
Weil der Goldschmied nett und tatsächlich besonders zuvorkommend war, eigentlich hätte er den letzten Umtausch nicht machen müssen, weil der 2. Ring bereits individuell angepasst worden war, möchte ich hier für alle Kölner und Ringliebhaber unbezahlte Werbung machen. Goldschmied Karl, Belgische Straße. Der ist nett und hat schönen Schmuck!
Zum zweiten Mittagessen gab es Rhabarber- und Maracujaschorle und Quiche in einem kleinen Straßencafé. Es war sehr mild, die Menschen fuhren Fahrrad und die Fenster standen offen. Da geschah der kölscheste Moment des Tages:
„De hass Rückewin! Da kommsse vorran!“ rief eine kräftige, ältere Damenstimme vergnügt von oben. Ich sah hoch. Auf einem kleinen Balkon stand eine alte Frau auf Krücken. Sie rief einer etwas jüngeren alten Dame auf einem Fahrrad in liebevoller, rheinischer Frechheit hinterher. Die alte Frau auf dem Balkon bemerkte meinen Blick und meinte beinahe entschuldigend, man müsse sich ja mal unterhalten können. „Ja natürlich!“, erwiderten der Mann und ich lachend und winkten nach oben. „Isch bin he jeboren. Eschte Kölsche!“ sagte sie. Wir mmhten bewundernd. „Fünwenneunzisch!“ rief sie und wir gratulierten zu ihrem hohen Alter. Sie wirkte sehr rüstig, trotz ihrer Krücken und hatte eine kräftige Stimme. Aber natürlich tat die Hüfte nicht mehr so mit, und die Knie, sie deutete auf die Körpergegenden, die zwackten. Das Alter, man weiß. „Aber die Haupsach is, dat Hezz is joot!“ rief sie wieder laut und fröhlich und fasste sich an die Brust. Und ja, sie meinte es in jedem Sinne, schließlich war sie Kölnerin. „So!“ rief sie resolut und ging zurück in die Wohnung. „Maachtet joot!“
Wir liefen weiter durch die Straßen, hatten Kaffee und Kuchen im Hackenreuther, wo die Kinder auf dem Platz umherlaufen und auf den Klettergerüsten spielen konnten. Danach ging es weiter zurück Richtung Dom und Hauptbahnhof. Vorbei am „Haus mit der Maus!“, unten staunt Kind2 nicht schlecht.
Schließlich kamen wir zum Dom und gingen hinein. Wir erklärten den Kindern, daß man darin nur flüstern dürfe, woran sie sich auch erstaunlich gut hielten. Als wir hereinkamen, begann gerade ein Gottesdienst und die Orgel spielte. Das war eine besondere Stimmung. Die bunten Glasfenster haben Kind1 gefallen, aber insgesamt fand sie es doch eher langweilig. Nur eins möchte sie demnächst unbedingt machen: Auf die Spitze des Turmes klettern und von oben herunterschauen.
Zurück im Zug bei Abendrot.
„Fahren wir heute zum Kölner Dom und klettern hoch?“ war tatsächlich das erste, was ich von Kind1 am nächsten Morgen vernahm. Aber wir gammelten wir sehr lange in den Sonntag hinein. Der Mann und ich sind nämlich Good Wife-süchtig und schauten die halbe Nacht durch. Bescheuert, wenn man weiß, dass die Kinder morgens um 6 Uhr wieder auf dem Bett hopsen, aber manchmal muß es wohl sein. Die Kinder spielten und stritten sich den Vormittag über, wir hörten mit ihnen Hörspiele und ließen sie Spielsachen überall in der Wohnung verteilen. Hier ein Blick ins Kinderzimmer:
Nach dem Tag in Köln wäre mir eigentlich nach Park oder Wald gewesen. Oder Waldspielplatz. Ich fühlte ich mich eher nach Blättersammeln, Kastanien flitschen und Parkbank. Dummerweise las ich den Kindern „Nordstraßenfest und Kinderzirkus“ aus dem Veranstaltungskalender vor, was eindeutig ein Fehler war. Sie ließen uns keine Ruhe, nach dem Mittagessen (Milchreis mit Himbeeren) ging es mit Rad und Anhänger los.
Ich fand das Straßenfest langweilig, denn eigentlich war es mehr ein verkaufsoffener Sonntag für alle Geschäfte auf der Nordstraße, aber immerhin kamen die Kinder zum Malen, Stelzen laufen und Seiltanzen. Bratwurst und Eis gab es auch. Beinahe gefiel mir der Sonntag nicht recht, aber rückblickend weiß ich, es folgte ein wunderbarer Abend.
Auf dem Rückweg schien die Abendsonne golden und das Goethemuseum sah besonders schön aus. Es ist „typisch Eingeborene“, aber ich war noch nie in dem Museum. Und ja, obwohl ich Germanistik studiert habe. Et issene Schand!
Der Abend war sehr mild. Longsleeve-Temperatur, ohne Jacke, im September abends um halb sieben. Wir entschlossen uns kurzerhand, einfach noch nicht nach Hause zu fahren und vor einer Pizzeria bei Hugo und Pizza so lange auszuhalten, bis die Kinder nicht mehr könnten. Spätsommerfeeling. Es war ein zauberhafter Abend, die Kinder schmierten sich, den Gehweg und später auch uns mit Kreide ein, kochten in der Kinderküche, brachten uns ein Dessert nach draußen (siehe Bild unten rechts). Sie verbündeten sich mit den anderen Kindern zum Mauerklettern und herunter springen. Eine Stimmung wie im Urlaub.
Später wurde mir die Pizzeria als Schnöselladen beschimpft, weil der alte Inhaber sich die Miete nicht mehr leisten konnte und jetzt der schicke Edelitaliener drin sitze. Ich wußte von alledem nichts und blieb einfach nur dankbar für die entspannten Kellner, die Kinderfreundlichkeit des Lokals, das sogar Spielzeug bereit hielt und den Eltern- ob schnöselig oder nicht – „una bella sera“ bescherte.
Nach dem Essen hatte ich noch Ausgang, denn ich war noch verabredet: Eine Freundin gab ein kleines Konzert im „Kunst im Tunnel“. Es war schräg, laut und schön. allerdings für ein Rockkonzert etwas zu hell. Aber die Düsseldorfer lieben zu Kunst halt Sichtbeton, Edelstahl, Glas und Licht. Manche zumindest.
Bei Susanne von Geborgen Wachsen werden neuerdings alle Wochenend-Bildergeschichten gesammelt. Also schaut dort mal vorbei.
Ooooar, der Ring! Total schön! Muss ich doch mal wieder nach Köln fliegen. Bei Deinen Erzählungen kriege ich Sehnsucht :) Schöne Bilder!
Liebe Grüße,
Marisa
Dann sag aber Bescheid!!! :)