Ich war auf einem Vortrag über Jesper Juuls Erziehungsauftrag und darüber, dass das Kind gleichwürdig ist. Mir bleibt ein prägnantes Wischiwaschi-Gefühl, das getragen wird einem „Ja was denn nu?!“ Hier kommt mein innerer Monolog über Juulschen Themen.
Es gibt für alles klare und sehr allgemeingültige Aussagen mit ebenso klaren und individuel-situativen Ausnahmen.
Das verleitet mich dazu, mich mit meinem inneren Jesper Juul zu streiten. Das könnte für Außenstehende bestimmt sehr witzig sein. Juul ist dabei dieser ewig lächelnde, verständnisvolle dänische Buddha und ich bin eben ich: echauffiert, laut, schnell und voller widersprüchlicher Ideen im Kopf.
Sechs Erziehungsirrtümer und wie Ihr sie in den Griff bekommt.
BÄM. Klickbait und überhebliches Ratgebertum! Das wollte ich endlich mal. So nach dem Motto:
- Lobe Dein Kind nicht, das ist genauso manipuliativ wie bestrafen.
- Kritisere nicht herum
- sondern lebe vor, wie man mit Messer und Gabel isst
- und ansonsten vertraue Deinem Kind
- und warte ab bis es das auch macht. (Zwischenzeitlich tapeziere bitte regelmäßig).
- Sei authentisch. Auch beim Tapezieren.
Dabei wollte ich sehr selbstgefällig und mir am Bauch kraulend Verständnis vorheischen und Euch alle mit meinem Langmut, meiner Weisheit und meiner unendlichen Geduld dem kindlichen Selbstverwirklichungsdrang und seiner angeborenen Lernlust gegenüber – und nicht zuletzt mit meiner Vorliebe für Endlossätze – in den Wahnsinn treiben.
Wie geht das jetzt? Erziehung und so?
Eigentlich ist es so einfach. Da liest Du ein schönes Buch von einem einfühlsamen Pädagogen und verstehst: Das Kind ist gleichwüridg, ich bin aber verantwortlich. Also: Das Kind ist gleichwürdig aber nicht gleichberechtigt. Zack, Fall erledigt.
Keine willkürlichen Grenzen setzen, nicht dogmatisch sein, aber trotzdem Orientierung bieten. Zack, Fall erledigt.
Wie das geht, willst Du wissen? Haltung haben! Zack, Ihr wisst schon. Fall erledigt.
Wie man die kriegt: sich gut überlegen, was man will, was wichtig ist, was ich zu geben bereit bin und was ich geben möchte.
Ich hingegen überlege mir, was ich glaube geben zu müssen und warum es mir schwer fällt. Und was mir das Dilemma sagt. Jetzt verstehe ich leider gar nichts mehr und was der Buddha-Pädagoge sagt, macht plötzlich gar nicht mehr so viel Sinn. (Zack, Fall unerledigt.)
Ja, nein, aber!
Also denke ich darüber nach, was ich darf oder nicht darf, worin ich gut bin und worin nicht und wie mir meine Kinder meine Schwächen zeigen. Wie manipulativ meine Erziehung früher manchmal waren, wie ich es hasse, das an mir selbst zu bemerken, obwohl ich das nicht will und was ich tun kann, das nicht zu tun.
Und bei alldem hilft der innere Jesper gern, sehr, sehr gern. Er hat genau eine Antwort hat auf diese ganzen Fragen:
- Darf ich mein Kind loben? Darf ich es bestrafen?
- Soll ich Grenzen setzen? Muß ich die konsequent einhalten?
- Darf ich eine Sache an verschiedenen Tagen unterschiedlich wollen und entscheiden?
- Muß das Kind höflich sein? Darf ich es dazu ermahnen?
- Und so weiter, und so fort.
Die Juul-Antwort ist jedes Mal eindeutig: Ja!
Oder: Nein.
Auf jeden Fall gibt es meistens ein „ABER“, gefolgt von: „Du, als Elternteil, mußt die Verantwortung dafür tragen.“
Manchmal geht das mit der Verantwortung für mich klar. Eis: heute ja, morgen nein. Das kann ich vertreten. Heute Spielplatz, gestern wollte Mama aber nicht. Kann ich auch vertreten. Auch beim Thema Grenzen oder nicht, Bestrafen, Belohnen und Loben ist alles klar für mich.
Kontakt – Nähe – Aufmerksam sein
Wer offen und im Kontakt mit dem Kind bleibt, auf Augenhöhe kommuniziert, immer ruhig ist und nie aggressiv wird, hat gewonnen. Und ist vermutlich Jesper Juul selbst. Ich jedenfalls nicht.
Immer im Kontakt zu sein mit meinem Kind ist mir nicht möglich. Wir reden zwar ständig, halten Händchen, erzählen und so weiter. Aber ich beame mich nachmittags weg, mal minutenlang. Manchmal merke ich nicht, dass das Kind eine wichtige Frage stellt . Oder ich beantworte die Frage aber höre die wirkliche Frage, die zwischen den Zeilen erklingt, erst Stunden später. Manchmal Tage später. Schlimmstenfalls fällt soe mir Ewigkeiten später erst auf, wenn ich etwas lese oder einen Vortrag höre.
Dann werde ich entweder traurig darüber, was für eine unzulängliche Mutter ich bin oder ich sage meinen inneren Jesper: „Fuck it!“
Dann denke ich mir: Nichts hindert mich daran im schlimmsten Fall auch Monate später, das Kind auf diese eine Sache anzusprechen und zu fragen: „Warum ist es Dir /war es Dir damals so wichtig, das zu wissen?“. Oder „Wolltest Du XY von mir wissen?“ Das Kind sehen und wahrnehmen, zur Not auch später als im Idealfall. Wenn ich Idealfall könnte, würde ich es machen. Wenn das nicht klappt, mache ich das so, wie es mir möglich ist. Bäm.
Nach diesem Gedanken hält der selbstzufriedene und verständnisvolle Buddha in meinem Kopf den Mund und verblasst.
Und das ist viel schöner, als sich von Juul-Vortragen beruhigen lassen zu wollen.
Das geht mir auch so. Wie soll das denn alles gehen?
Überlegen Sie, ob Sie mit ihrem Partner auch so verfahren würden…äh, nein mein Partner hört mir aber auch zu und macht nicht grundsätzlich das Gegenteil von dem was ich sage oder haut mich vor Wut.
Was soll man also machen?!
Mir ist das ganze auch viel zu schwammig und verunsichert mich total.
Hi, welches Buch von Keeper Juul würdest du grundsätzlich empfehlen? Habe noch keins von ihm gelesen und bin Mutter von 3 Kindern zwischen 7 und 16 Jahren. Bei mir gibt es viele Regeln und ich bin immer gestresst mit Job, Haushalt und Familie. Bin zufällig auf deine Seite gestoßen und finde sie sehr erfrischend :-)