Einer der vordringlichsten Fragen der Elternschaft ist ja: Warum tun wir uns das eigentlich an. Indoor Amüsement für’s Kind ist da so ein Trigger. Legoland Hölle, um es genauer zu umschreiben. Meine heutige Gastautorin Frieda Friedlich bleibt dabei innerlich nicht ganz so friedlich, glaube ich. Aber lest selbst.
Liebe Friede, stell Dich doch einmal kurz vor:
Auf Frieda Friedlich bloggt Julia, lebenslustige Lehrerin für Sonderpädagogik, über den ganz normalen Wahnsinn mit dem Mini-Menschen-Mädchen Frieda und der betagten Hundedame Grete und Mann Guido. Auf dem Blog gibt es tolle und vor allem ehrliche Berichte über alles was Eltern interessiert und obendrein viele Einblicke in den Familienalltag. Julia schreibt von Liebe, Unternehmungen und Urlauben, aber eben auch von Problemen, Konflikten und Gedanken. Bei ihr gibt es definitiv keine Lifestyle-Fotos! Ihr findet Frieda auch auf Facebook.
Warum tun wir Eltern uns sowas eigentlich an?
Es war unser letzter Tag in Berlin und es goß schon den ganzen Vormittag aus Kübeln. Unsere Pläne, nochmal abschließend mit unseren Berliner Herzensmenschen in einen schönen Park zu gehen, dort zu spielen, zu toben und die Natur zu genießen, flossen soeben mit den Wassermassen den Rinnstein entlang in den Gully. Da die Hauptstadt aber natürlich so einiges zu bieten hat, waren wir nicht allzu lang traurig und entdeckten schnell das Legoland Discovery als eine tolle Alternative für uns. Die Internetseite klang vielversprechend und selbst für kleine Mini-Menschen-Kinder unter 3 Jahren sollten ein paar attraktive Spielangebote dabei sein. Schnell Online-Spar-Tickets ausgedruckt und in die Tourimeile am Potsdamer Platz gedüst.
Während uns die große Lego-Giraffe am Eingang noch freundlich begrüßte, schwante uns beim Anblick der langen Schlange am Eingang aber schon Fürchterliches. Viele, viele Eltern hatten an diesem wetterunbeständigen Sonntag natürlich ebenfalls die grandiose Idee mit dem Lego Center. Juhuuu. Das alles wurde aber dann noch getoppt, als sich die Fahrstuhltüren öffneten und wir die unterirdischen und fensterlosen Räumlichkeiten der Legowelt betraten. Es war brechend voll, es war unerträglich laut. Es war eng und es war überhaupt nicht einladend. Überall saßen, liefen und drängelten Menschen. Große und Kleine. Eine mystische Musik dröhnte extrem laut und nervtötend aus den Lautsprechern über uns und trug dazu bei, dass alle Leute noch lauter und noch energischer miteinander brüllten. Nichts war idyllisch, nicht harmonisch. Für uns jedenfalls war es keine zuckersüße Legowelt, sondern der pure Horror. Kinder schreien, Eltern auch. Kinder schubsen, Eltern nahmen Stühle in Beschlag und rückten sie nicht mehr raus. Alle waren genervt und ließen es sich auch anmerken. Hier war irgendwie keiner friedlich, keiner entspannt, keiner gelassen und auch keiner wirklich freundlich. Der Stärkere gewinnt. Hier werden alle Menschen irgendwie wieder zu Tieren, so kam es mir echt vor. Uns war das alles viel zu crazy. Wir schauten uns das wirklich schöne Miniatur-Berlin an (hier war es übrigens auch gar nicht so voll – zu wenig Action vielleicht?), aßen ganz flott ein Eis und heckten einen Plan aus, wie wir den Tag nun noch retten konnten. Und dabei klang vorher alles so vielversprechend. Im Aufzug sogar, fuhren wir mit einer sympathischen 3fach Mami hinunter, die mir von ihrer Jahreskarte erzählte und davon, dass sie mit ihren Jungs immer hierher komme. Es wäre so toll für alle und am Abend wären sie dann müde und sie froh.
Ich frage mich ernsthaft, warum wir Eltern uns so etwas überhaupt immer wieder an tun? Brauchen Kinder das wirklich? Das Lego Discovery Center steht ja hier in meinem Beitrag nur stellvertretend für all’ diese Freizeitdingsbumsparks und Spiele-Tobewelten. Und damit meine ich nicht die kleinen, überschaubaren, schönen, nostalgischen Parks mit Eseln, Schaukeln, Booten und Trampolinen. Nein, ich meine natürlich die neuen Dinger. Laut, hässlich, voll, eng, viel zu viele Attraktionen auf einen Haufen, die Mini-Menschen-Kindern doch eigentlich nicht wirklich gut tun. Warum geben wir Eltern viel Geld aus, um mit unzähligen anderen und dazu noch schlecht gelaunten Eltern und ihren Kindern auf engstem Raum zusammengepfercht zu sein? Dafür, dass wir an langen Schlangen anstehen müssen und am Ende doch gedrängelt, geschoben und geschubst werden. Warum setzen wir uns freiwillig diesem schrecklichen Stress aus, sind am Ende alle total genervt und kaum noch in der Lage unseren schlechtgelaunten, absolut reizüberfluteten und übersättigten Mini-Menschen-Kinder bedürfnisorientiert in Beziehung zu begegnen. Ja, wir wollen unseren Kinder etwas Gutes tun. Sie beschäftigen, auslasten, sie begeistern, ihnen neue Dinge zeigen. Sie sollen Spaß an Action haben, Karussell fahren, ihre Lieblingsactionfiguren aus den ihnen bekannten Spielwelten „treffen“. So geht das doch aber nicht, Leute. Das kann doch wirklich niemanden ernsthaft Spaß machen. Oder geht es da nur uns so?
Wir waren auf jeden Fall heilfroh, dass sich die Regenwolken verzogen hatten und die Sonne ein kleines bißchen vorlukte, als wir die Erlebniswelt der kleinen bunten Steinchen verließen. Wir machten uns an diesem Tag doch noch auf in den Park, schickten Blätter als Schiffe einen Bach hinab, kühlten unsere Füße im Wasser, machten einen Abstecher zu einem coolen Spielplatz und ließen dann den Abend bei leckerem Essen in einem wunderschönen Biergarten ausklingen. Ohne laute Musik, ohne genervte Eltern, ohne schubsende Kinder, ohne Gedrängel und ohne viel Geld auszugeben. Mehr brauchen Mini-Menschen-Kinder Kinder doch eigentlich gar nicht um glücklich, ausgelastet und voller natürlicher Eindrücke am Abend hundemüde ins Bett zu fallen und nach 5 Minuten der Gute-Nacht-Geschichte einzuschlafen.
Wie denkt ihr denn so über so richtige Action-Freizeitparks und Tobewelten? Top oder Flop? Braucht und wollt ihr so einen Rummel? Vielleicht habt ihr eine Antwort auf meine Frage und euch geht es da anders als uns. Alles kann, nichts muss. Für uns ist das jedenfalls nix!
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Jaaaa!
Meine Berliner Kinder sind 6 und 4 und kennen das Legoland Discovery Centre nicht. Nur das Original in Dänemark, das immerhin „Outdoor“ ist. Indoor-Bespassung meiden wir komplett. Ja, es ist zu laut und zu anstrengend. Ausnahmen bilden höchstens noch Aquarien oder Museen.
Wenn wir irgendwo im Urlaub sind, wo es regnet, gibt es warme Sachen, zwischendurch einen Kakao und vielleicht kaufen wir uns in einem Künstlerladen noch irgendwelch besondere Farben und verbringen auch mal einen halben Tag mit Malen im Ferienhaus.
Für den Eintrittspreis kaufe ich im Zweifel lieber eine große neue Kiste Lego, davon haben wir länger etwas!
Und im Urlaub geht es mit Matschhose und Gummistiefeln raus, oder es wird ein Spielenachmittag eingelegt, ohne Auto haben wir auch hier im Mecklenburgischen gar keine Möglichkeit auf Karls Erdbeerhof oder die 70km entfernte Therme auszuweichen.