Die Erschöpfung der Eltern und insbesondere der Mütter wird momentan im Rahmen des Erziehungsansatzes Attachment Parenting (AP) in Zeitungsartikeln und auf Blogs diskutiert.
Ich selbst habe kein AP praktiziert, hielt es aber schon immer für einen guten Ansatz. Bindungsorientierung, Geborgenheit, Sicherheit, Nähe und gelebte Liebe waren mir auch die Ziele, die ich für mein Leben mit meinen Kindern hatte und habe. Als meine Kinder klein waren, habe ich AP aber als zu anspruchsvoll und – wie ich heute denke – nur unvollständig verstanden. So dachte ich: „AP kann ich nicht leisten. Dazu bin ich zu erschöpft.“
Losgelöst von meinem persönlichen Erleben und von Begriffen wie Attachement Parenting oder Unerzogen ist es mir wichtig, eher organisch-individuell anstattt dogmatisch an eine Idee gelehnt, das Leben mit den Kindern zu gestalten. Diesen Mut und das Selbstvertrauen dafür musste ich mir allerdings erst erarbeiten: Ich habe mir eine Elternberatung genommen, über eine längere Zeit. Mit ihr habe ich erfahren und vorallem auch verstanden, dass meine Bedürfnisse und meine Selbstfürsorge mindestens genauso wichtig sind, wie die Bedürfnisse meiner Kinder.
Selbstfürsorge und die Bedürnisse der Eltern!
Mir geht es darum, wie wir mit unseren Kindern ein liebevolles Leben leben können, das auf Gleichwürdigkeit, Geborgenheit, Sicherheit und Liebe beruht. Und zwar jenseits und unabhängig von Erziehungsbewegungen, aber inspiriert von vielen. Und wie und ob wir Eltern dabei selbst auch nochmal „drankommen“ und vorallem: wie kommen wir Mütter dran und wie schaffen wir es, dass die Mütter nicht die alleinige Bezugsperson für die Kinder sind bzw. bleiben.
Ich lese es in den Timelines auf meinen Social Media Kanälen, ich erlebe es an Bekannten und Freunden um mich herum, ich lese in der Zeitung davon: Die Mütter sind erschöpft. (Ja ich spreche hier von heteronarmativen Beziehungen und Elternpaaren und ich weiß, dass ich damit eine riesige Lücke offenlasse.) Sie sind verzweifelt, stemmen die Kinderbetreuung zu großen Teilen allein und ich frage mich: wo sind die Väter/Partner*innen? Bemerken sie nicht, wie es ihren Partnerinnen geht? Die Mütter leiden unter Schlafentzug und wissen nicht mehr, wie sie ihren Alltag und das Leben mit den Kindern stemmen sollen. Ob sie AP praktizieren, etwas anderes oder nach dem Bauchgefühl leben ist mir hierbei völlig egal. Nicht nur APlerinnen sind erschöpft und nicht nur Babys von APlerinnen sind gut und sicher gebunden und werden geliebt.
Mein Feminismus will auf die Klagen der Mütter hören
Was mir in der momentanen Diskussion fehlt, die in den Kommentaren des unsäglichen Zeitungsartikels, den ich hier nicht verlinke und in den sozialen Medien tobt, ist die Sicht auf die Mütter. Die aktuellen Zeitungsartikel werden zu Recht wegen ihrer oberflächlichen und eher uninformierte Sicht auf AP kritisiert, aber mir fehlt in der Kritik daran dennoch die konstruktive und empathisch Wahrnehmung einer wichtigen Sache: Das Klagen und Jammern der Mütter ernst nehmen. Mir fehlt in vielen Verteidigungen von AP und auch anderen Erziehungsideen die Wahrnehmung der Erschöpfung und der Unsicherheit von Müttern. Mir fehlt das ernst nehmen von dem, was Mütter erzählen. „Das Aufopfern von Müttern kann nicht genug thematisiert und hinterfragt werden“, schrieb Rona heute auf Twitter. Denn diese Erschöpfung kommt nicht von ungefähr. Diese Erschöpfung hat mit einer Aufopferung zu tun, die in Deutschland der Mutterrolle zugeschrieben wird. Leider. Denn gesund ist das nicht.
Hierbei hilft es überhaupt nicht, diesen erschöpften oder auch den davon gerade erholten Müttern zuzurufen, dass sie selbst Schuld seien, wenn Sie AP nicht verstanden hätten und nicht wüssten, dass Selbstfürsorge nunmal dazu gehöre. Denn ein individuelles Missverstehen, ein Halbwissen oder eine Unsicherheit dürfen nicht als „selbstverschuldet“ abgetan werden, wenn Mütter unfassbar erschöpft sind. Vorallem lässt es außer Acht, dass hinter einer derartig großen Anzahl erschöpfter Mütter über Generationen wohl eher ein strutkurelles Problem zu stecken scheint. Darauf müssen wir unsere Aufmerksamkeit richten.
Es ist keine Hilfe und es ist auch keine Solidarität, Mütter in ihrer Erschöpfung ein „persönliches Versagen“ vorzuhalten. Ich sehe übrigens kein Versagen, ich sehe Aufopferung und Selbstverzicht und das macht mir Sorge.
Wenn ich daran denke und mich erinnere, was mir im analogen sowie im digitalen Leben als Mutter alles zugeraunt wird: was wir Mütter alles zu leisten und zu tun hätten, und wie sehr dies verunsichern und manipulieren kann, ist mir sofort klar, woher die Erschöpfung und die Anspruchshaltung kommt. Darüber müssen wir reden. Wir müssen auch darüber reden, warum Mütter so verunsichert sein können und was ihnen helfen könnte.
Fehlende Solidarität der Mütter untereinander – Fehlendes Verantwortungs- und Zuständig sein-Gefühl der Väter
Es liegt nicht an einer bestimmten „Bewegung“ wie AP oder Unerzogen oder sonstwas, dass Mütter erschöpft sind. Nein, Grund für die Erschöpfung und die Aufopferung der Mütter sind unsere gesellschaftlichen Umstände, die Zerrissenheit der Familien, der Generationskonflikt darüber, wie Kinder verstanden und behandelt werden und es liegt an der mangelnden Solidarität der Eltern untereinander.
Dieses „selbst schuld“, „informiere Dich besser“ etc. darf nicht sein. Wenn eine Mutter am Rande des Burn Out lebt und nicht mehr weiß, wie es weiter gehen soll, wenn die Kinder nicht ohne sie einschlafen können, sich ohne sie nicht beruhigen können oder so sehr an ihr hängen, dass auch eine Betreuung durch Großeltern oder Kita kaum möglich wird, braucht sie echtes Zuhören und ernst genommen zu werden. Was genau hilft ihr dann?
Ich finde, was wir brauchen ist konkrete und undogmatische Solidarität und Unterstützung. Mir fehlte in meinen schwierigsten und erschöpftesten Zeiten das gegenseitige Mut machen, den eigenen Weg in ein gleichwürdiges und bindungsorientiertes Leben mit den Kindern finden zu können.
Den eigenen Weg finden kann ich aber nur, wenn ich mich traue, meine eigenen Bedürfnisse wahrzunehmen und gegebenenfalls auch die Pfade einer eng verstandenen Idee zu verlassen. Nein, Ferbern oder das Abgeben in eine Betreuung, mit der man sich nicht wohlfühlt, gehören nicht dazu.
Selbstfürsorge bedeutete für mich zusammen gefasst das, was ich in „Wie ich eine entspanntere Mutter wurde“ beschrieben habe. Dazu gehören:
1. Kurzfristige Lösungen: Hilf erst Dir, dann den Kindern
In Scheißzeiten und Notsituationen hilfst Du am besten erst Dir und dann den Kindern. Denn wenn Du bereits zusammen gebrochen bist, hilfst Du niemandem mehr weiter. Also erfordern die schlimmen Zeiten von großer Erschöpfung auch besondere Maßnahmen. Bei mir gehörte dazu, den Kindern beizubringen, mir am Tag mindestens 30 Minuten Ruhe zu geben. Haben wir geübt, hat geklappt. Dazu gehört aber auch, sich möglichst viel Hilfe und Unterstützung zu suchen und die Alltags- und Lebensordnung, wie sie momentan läuft, zu verlassen. Neu organisieren, Jobs neu aufteilen, umdenken. Dazu gehört auch: Leben neu planen. Was habe ich für mich noch vor und wie erreiche ich das? Habe ich noch ein Ziel neben der Kinderaufzucht? Und wenn nicht, wie finde ich eins.
2. Professionelle Beratung in Anspruch nehmen. Elternberatung, Paarberatung, Erziehungsberatung.
Ihr könnt auch gerne das Rad allein neu erfinden, dauert dann aber länger. Darum nicht vor einer guten Mediatorin, einem guten Zuhörer, einer beratenden Person zurück schrecken. Solche Beratungen werden von Diakonie, Jugendamt und manchen Elternzentren (Kitas) gestellt.
3. Sie nicht perfekt. Sei genug. Und bleib mit Deinem Kind in Kontakt
Das ist zumindest meine Antwort auf alle möglichen Erziehungsdogmen, die es so geben mag. Wenn ich das Gefühl habe, diese Idee erschöpft mich zu sehr, das kann ich nicht leisten. Dann lasse ich das und mache, was ich leisten kann. Kinder im Tragetuch tragen, obwohl der Rücken schmerzt. Wenn sie im Kinderwagen selig schlummern denke ich keinen zweiten Gedanken darüber nach. Stillen klappt nicht oder gefällt mir nicht? Dann ist liebevolles Fläschchen geben die richtige Lösung. Familienbett gefällt mir nicht, weil ich mit so viel Körperkontakt nicht einschlafen und auch nicht durchschlafen kann? Dann lassen wir das und kuscheln morgens früh beim Aufwachen und abends beim Einschlafen miteinander. Ob das AP ist oder nicht weiß ich nicht. Mir ist das auch egal. Wichtig ist, dass alle Bedürfnisse aller Familienmitglieder gehört werden.
Geborgen Wachsen eine Blogparade zum Thema Attachment Parenting und Selbstfürsorge startet. Mit diesem Beitrag beteilige ich mich daran.
Vielleicht mögt Ihr auch mir hier erzählen, was Euch in den schlimmsten Zeiten geholfen hat? Welche Erfahrungen Ihr mit Attachment Parenting gemacht habt und wie gestaltet Ihr ein geborgenes und bindungsorientiertes Leben mit Euren Kindern?
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Dir gefallen meine Artikel? Hier kannst Du mir eine Freude machen und etwas in meinen virtuellen Hut werfen. Lieben Dank! <3
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Wie Du schon sagst: Das Thema ist nicht neu. Ich hatte in einem anderen Zusammenhang zu diesem Thema mal gebloggt. Besonders interessant war dabei aber der erste Kommentar darunter, und deswegen, wenn Du erlaubst, verlinke ich diesen hier:
https://mrscgn.wordpress.com/2017/01/22/von-der-anstrengung-als-mutter-frau-zu-sein/#comment-406
Ich zitiere einen Satz daraus:
„Nicht die gesellschaftliche Diskriminierung, so wird suggeriert, sei das Problem, sondern das angeblich noch nicht ausreichend selbstoptimierte Individuum. Praktischerweise haben die genannten Profiteure natürlich ein ganzes Produktarsenal, (Therapie-)Kurse, Workshops, Bücher etc zur Hand …“
Sorge für Dich selbst, dann wird alles gut.
Mach Konzept A, B oder Hastenichtgesehn, dann wird alles gut.
Lies das, besuche den oder den Workshop, dann wird alles gut.
Diese Antworten sind mir zu einfach. Und das sind sie, weil die das eigentliche Problem nicht mal ansatzweise an der Wurzel zu packen versuchen. In mir wächst die Überzeugung, dass das Ganze auch einen politischen Lösungsansatz braucht. Und zwar nicht irgendwann, sondern jetzt. Vielleicht ist es Zeit, genau diesen politischen Aufstand der Eltern, die mit allen möglichen Anforderungen konfrontiert und damit oft überfordert werden, zu organisieren.
Es geht um ein gesellschaftliches Umfeld, das a) jeder Familie einen eigenen Weg zum Glück ermöglicht, und b) helfend bereitsteht, anstatt zu (ver)urteilen.
Ich hatte lustigerweise meine Gedanken dazu aufgeschrieben an dem Tag bevor die Diskussion um diesen unsäglichen Artikel losging. Mich beschäftigt das aber auch schon länger, dass es doch ein strukturelles und gesellschaftliches Problem ist und ja, Mütter können sich auch noch schön selbst um ihr bisschen Selbstfürsorge und Unterstützung kümmern, wenn sie an der unmöglichen Aufgabe scheitern ihre Kinder allein und isoliert großzuziehen. Ich fand dieses Interview mit einer Politikwissenschaftlerin super: https://www.fritzundfraenzi.ch/gesellschaft/familienleben/tazi-preve-uber-die-erschopfung-der-mutter-und-das-ubel-der-kleinfamilie?page=all
Es gibt noch sehr viel zu tun und es kotzt mich inzwischen richtig an, dass man sofort in die Jammerecke geschoben wird, wenn man nur den Mund aufmacht. Was aber auch richtig ist, dass wir nicht von anderen erwarten können, dass sie uns ernst nehmen, wenn wir es selbst nicht tun…
Wie Alexandra Widmer immer „gepredigt“ hat:
NUR WENN ES DIR GUT GEHT, GEHT ES AUCH DEINEN KINDERN GUT.
Das müssen sich auch mal die anderen Personen in der Familie klar machen.
Wollen nicht alle das Beste für ihre Kinder/Enkelkinder?
Warum also dieses: DU wolltest die Kinder, wusstest von vornherein, dass Kinder anstrengend sind, nun sieh auch zu!
Und hinterher heißt es dann: Warum hast Du denn nichts gesagt?
Oder: „Meine Mutter ist damals auch mit 3 Jungs alleine klar gekommen, während Vater viel arbeiten war. UND ist noch arbeiten gegangen. “
Ist ja toll, dann war deine Mutter wohl eine stärkere Frau als ich jetzt(die mit 40 an Krebs gestorben ist).
MUSS das denn sein, dass man erst zusammen bricht?
Aber man muss auch als Mutter lernen, genauso, wie es die anderen mit ihrer Haltung tun, NEIN zu sagen.
Und das nehme ich mir jetzt NOCH mehr vor.
Nicht zu den Kindern. Zu anderen.
Gruß Silke
Liebe Sonja, du hast große Teile meines eigenen Gedankenhaufens sehr schön zusammengefasst. Ich weiß jetzt gar nicht, ob ich dem noch was hinzufügen mag – mal schauen. Mir geht es nämlich sehr ähnlich: Ich habe keine Bücher zu AP gelesen. Jedoch bin ich viel im Netz unterwegs, habe Unerzogen vor einem halben Jahr entdeckt und mich aufgrund meiner Momente eben auch mit dieser großen Erschöpfung der anderen auseinandergesetzt.
Ich musste gerade an meinen Artikel denken, in dem du letztendlich auch einen Beitrag geleistet hast. Ich verlinke ihn hier mal. Wenn doof, dann lösch ihn im Backend. :* http://www.mamadenkt.de/notfallsurvivalkit/ <- DAs war mein persönlicher kleiner Hilferufe und eure Solidarität in dem Moment hat mir zumindest dabei geholfen zu verinnerlichen: Ich bin nicht allein. Es gibt andere, die kennen das auch und ich darf mir bei ihnen was abgucken. Dafür nochmal ein sehr persönliches Danke auch an dich.
Bei kapitalistisch und patriarchal sozialisierten Frauen und Müttern (ergo: wir alle) fallen Erziehungskonzepte wie AP, unerzogen und andere How to’s auf fruchtbaren Boden. Diese Konzepte können an dieser Stelle so häufig zu selbstschädigenden Dogmen werden, weil wir so erzogen sind, uns ständig zu optimieren und Leistung zu bringen. Sich von dieser Sozialisation und Forderung abzuwenden, erfordert enorme innere Stärke. Es führt nicht selten auch zu Einsamkeit unter Müttern, weil Mütter sich gegenseitig in der Leistungsoptimierung pushen. An der aktuellen Diskussion kann man sehr gut beobachten, wie Mütterbashing funktioniert. Und gerade DAS finde ich persönlich viel schlimmer, als eine Mutter, die (huch!) mal eine Zigarette raucht. Nicht zu vergessen ist, dass an der Unsicherheit und Optimierungssehnsucht von Müttern ein riesengroßer Markt hängt, der nur funktioniert, wenn Mütter sich weiterhin irgendwie nicht richtig oder unsicher fühlen. Das, was unter dieser ganzen Diskussion liegt, die ständige Überforderung, wird dadurch leider nicht behoben.
Vielen Dank für deinen Kommentar. Das finde ich eine sehr wichtige und sehr präzise Ergänzung.
Sehr guter Punkt!
Ich wurde so nicht sozialisiert, da aus dem Osten stammend, und bei mir rufen Konzepte wie AP, unerzogen usw eher massiven inneren Widerstand hervor ;-) Was dann zu dem führt, das Du beschreibst: Als Mutter isoliert einen das durchaus, wobei ich es eher als Separation empfand, denn allein war und bin ich mit meinen Ansichten ja nicht.
Sehr wichtig finde ich Deinen Punkt mit dem Markt: An dieser Unsicherheit vieler Mütter verdienen viele – und ja, auch Mütter. Sie schreiben Bücher, sagen mir, ich sollte dieses oder jenes tun, dann würde alles besser. Exakt das macht mich – es tut mir leid – aggressiv. Denn es sind dieselben, die dann sagen „Schluss mit mommy-war“ oder mehr Solidarität unter Müttern einfordern. Ich behaupte mal kühn: Ohne diese ganzen Konzepte gäbe es so manche Auseinandersetzung überhaupt nicht, die das Einfordern von Solidarität nötig machte.
Da muss ich schon wiedersprechen. Bücher werden nicht als Kommerzfalle geschrieben. Gerade Bücher… Du willst also Bücher abschaffen, die sich mit dem Erziehen / Zusammenleben mit Kindern befassen? Nicht ernsthaft, oder? Bücher von Nora, Susanne oder Gewünschtestes Wunschkind sind nicht dogmatisch und bieten außerdem auch eine Folie, wie ein gleichwürdiges Zusammenleben möglich ist, jenseits von tradierten Autoritätsbegriffen. Letztendlich sind solche Bewegungen, Lebensweisen und eben Bücher / Blogs / Meinungsäußerungen auch immer der Entwurf für eine neue, zukünftige, gerechtere und bessere Gesellschaft. Das sollten wir bei all dem nicht vergessen. Abgesehen von der individuellen freieren Selbstentfaltung der Kinder. (Die eine freiere Gesellschaft erst wieder möglich machen.)
Nirgendwo steht, dass ich etwas abschaffen will, „kühne Behauptung“ war mein Begriff. Ich spitze bewusst zu.
Ich kenne als Mutter von älteren Kindern ja noch ganz andere Kämpfe unter Müttern, die etwas gelesen (oder geschrieben) hatten und mir meinten erklären zu müssen, wie ich mich zu verhalten hätte (es ging bspw ums Töpfchen oder auch um die Frage, ab wann Kinder denn fremdbetreut werden dürfen). Was meinst Du, wie ich als unerfahrene Erstmutter zumindest eine Weile darunter litt, bestimmten Idealen nicht zu entsprechen. Ich habe mich als sauschlechte Mutter empfunden – und das fand ich ziemlich schlimm!
Du forderst mehr Solidarität unter Müttern ein, und ich äußere Zweifel, ob genau das gelingt, wenn über Konzepte wie AP und Unerzogen debattiert wird, weil meiner (!) Meinung nach hier eher Druck und ein schlechtes Gewissen denn Entspannung erzeugt werden.
Also ich mache leidenschaftlich gerne AP, bzw. das, was ich mir darunter vorstelle. Ich lese viel Ratgeberliteratur, immer auf der Suche nach schlauen, praktikablen Lösungen für gewisse Herausforderungen im Alltag und ich nehme mir aus jedem gelesenen Buch genau das heraus, was zu unserer Familie passt und den Rest lasse ich einfach weg.
Wir werden so mit Informationen zugedröhnt und viele können da gar nicht mehr unterscheiden, was für sie relevant ist und was nicht. Sei es, weil ihnen das nötige Hintergrundwissen fehlt (ja, auch den Journis teilweise!), sei es, weil es einfach mehr Information ist, als man überhaupt verarbeiten kann und dann gerät man in so einen Stress rein, das müsste ich noch und das und das und das und dann kommen sogar ältere, hochgebildete und normalerweise ziemlich vernünftige Mütter ins Hyperventilieren weil sie nicht auch noch die Marmelade selber kochen können…
Man muss sich entscheiden. Prioritäten setzen. Klar wissen, was man für will und was nicht. Für mich fängt die Selbstfürsorge genau an diesem Punkt an: Was will ich. WAS will ich. Was WILL ich. Was will ICH. Ohne Klarheit in dieser Frage wird es verdammt schwierig, den eigenen Weg zu gehen. Aber wenn man diese Klarheit gefunden hat – was man will, was man nicht will – dann stellt man plötzlich fest: Es ist egal, was andere tun oder wie sie es tun. Und genau ab dann ist echte Solidarität möglich.
<3
<3
Vielen Dank für diesen tollen Beitrag!
Mich beschäftigt schon seit einer ganzen Weile die Frage, warum wir Mütter (schön wenn es Netzwerke geben sollte, in denen das nicht so ist) so unsolidarisch untereinander sind. Auf der einen Seite sehe ich auch die totale Erschöpfung, auf der anderen die Angst, Hilfe anderer anzunehmen, als schlechte Mutter zu gelten, das falsche Erziehungskonzept (oder auch ohne Konzept einfach als falsch angesehene Meinungen zur Erziehung) zu vertreten und vor allem ständige Kritik an Müttern – auch untereinander. Welche Methode man auch immer verfolgt, wäre es nicht schön, wenn wir es schaffen würden, unsere gegenseitigen Ansichten zu akzeptieren und uns so stark füreinander zu machen, dass wir unsere Kinder in einem sicheren, geborgenen Netz mit vielen verschiedenen Ansätzen erziehen könnten, einfach auch mal unabhängig davon, dass viele Männer immer noch nicht verstanden haben, dass auch sie Erziehungsverantwortung besitzen (ja, es gibt tatsächlich auch einige Väter, die das schaffen, aber eben auch genügend, bei denen das nicht so ist)?