Ganz Bloggerhausen ist eine Weihnachtshochburg! Da werden ab Oktober Adventskalender gefaltet, Sternchen geklebt, Plätzchen gebacken und Tannenbäume bestellt. Ansonsten wird von der Weihnachtsliebe gesungen und geschwärmt, dass es nur so kracht. But wait … ganz Bloggerhausen? Nein. Eine unabhängige Enklave im Berliner Weddinger Berg hält tapfer dagegen. Obwohl, nen Tannenbaum hat er auch schon bestellt, der Johnny, habe ich genau gelesen!!! Außerdem mag ich Johnnys Ehrlichkeit und seine Einstellung: Weihnachten muß einem nicht gefallen, nur weil alle anderen deswegen ausflippen. Neugierig schauen und schuppern geht ja auch.
Viel Spaß mit Johnny und seinem Weihnachtsstudium auf dem Weddinger Berg!
Weihnachten? Muss ich erst noch lernen…
In den meisten Teilen des Berliner Weddings kommt nur selten Weihnachtsstimmung auf. Einen zentralen Weihnachtsmarkt gibt es ohnehin nicht mehr. Meist bleibt es im Dezember tagsüber grau und nachmittags wird’s schnell wieder dunkel. Die Tage gehen so schnell wie sie gekommen sind. Hier und da hängen in den Fenstern und auf den Balkonen bunte Lichtinstallationen, die aber nur selten über das Grau-in-grau hinwegtäuschen können. Gäbe es eine jährliche Award-Show für Weihnachtsbeleuchtung, der Wedding wäre der regelmäßige Seriensieger in den Kategorien „1-Euro-Kitsch“, „Die meisten Blinker pro Sekunde“ und natürlich „Uh, das ist aber gruselig“. Weihnachtsstimmung will so eher selten aufkommen. Genau das ist’s aber, was ich an meinem Bezirk immer gemocht habe: Dieses Unaufgeregte um Weihnachten. Bis ich Vater wurde. Seitdem versuche ich mich Schritt für Schritt an dieses Weihnachten zu gewöhnen. Und mittlerweile frage ich mich: Wäre ein bisschen mehr Weihnachten nicht auch ein bisschen schöner?
Was bedeutet Weihnachten für mich eigentlich? Weihnachten, das sind maximal sechs Personen an einem Tisch. Auf diesem Tisch steht in der Mitte ein in die Jahre gekommener Raclette-Grill. Und wenn er ausgeschaltet wird und alle satt sind, dann kommen die Spielkarten auf den Tisch. Das ist meine Version von Weihnachten. So oder so ähnlich verläuft aber auch jeder andere Feiertag. Gleiches gilt übrigens auch für Geburtstage. Weihnachten? Das war, soweit ich mich zurück erinnern kann, also nie ein wirklich besonderer Feiertag. Das lag auch daran, dass meine Familie recht überschaubar an Mitgliedern war und ist.
Seitdem ich nicht mehr bei meiner Mutter wohne, war ich während der Weihnachtstage nur selten wieder zu Hause. Dieser weihnachtliche Feiertag, er hat einfach keine Wurzeln in mir geschlagen. So genoss ich es, an den Feiertagen frei und einfach nur für mich zu sein. In den letzten Jahren habe ich es mir angewöhnt, um die Feiertage herum, alle drei Teile der „Herr der Ringe“-Trilogie in der extended-Version anzuschauen. Ein Märchen zu Weihnachten, wenn man so will. Ein kleines bisschen Tradition ist vielleicht doch noch an mir haften geblieben. Viel mehr gibt es in Berlin über die Feiertage ohnehin nicht zu tun, denn die ganzen Zugezogenen haben die Stadt kurzzeitig verlassen und man ist wieder ein bisschen mehr unter sich. Oder allein.
In diesem Jahr ist alles wie immer. Der Wedding ist im Dezember grau, die Tage sind kurz und sie gehen genauso schnell wie sie gekommen sind. An manchen Fenster kann man immer noch nur mit Sonnenbrille vorbeilaufen, doch echte Weihnachtsstimmung, die will nicht so recht aufkommen. Meine Tochter weiß mit ihren eineinhalb Jahren noch nichts von diesem Weihnachten. Das trifft sich gut, denn es gibt noch so viele weihnachtliche Dinge, die ich mir selbst auch erst einmal mühsam aneignen muss. Adventskränze, Weihnachtskalender, Strohengel, Tannentee. Tochter und ich lernen sozusagen gemeinsam, was Weihnachten bedeutet. Ihre Mutter, meine Freundin hilft uns dabei. Ich muss zugeben, so ganz langsam finde ich Gefallen an diesem ganzen Wahnsinn. Auch, wenn es draußen nur wenig weihnachtlich aussieht, drinnen wenigstens ist’s jetzt ein bisschen schöner, auch schöner als in den Jahren zuvor.