Ich liebe Jesper Juul, ich finde es großartig, was er sagt, nur mir kommt meistens das Leben dazwischen. Also gebe ich meine irrwitzigen, nachdenklichen und gänzlich unrühmlichen Juul-Versuche zum Besten. Heute: Unterschiedliche Beziehungen zu den Kindern.
„Die meisten Kinder spüren, dass sie zu einem Elternteil einen näheren und intensiveren Kontakt haben, als zum anderen. Das bedeutet jedoch nicht, dass das Verhältnis zu anderen Elternteil schlecht sein muss.“
Heute (Vortag) ist dieser Tag mit 37 Grad im Schatten und ich fuhr mit Farradanhänger, Kindern und Schwimmzeug durch die Stadt. Vielleicht liegt es ja daran, aber ich fühle mich nicht wirklich angesprochen. Was meint der Herr Juul damit? Dass manche Eltern ihre Kinder unterschiedlich stark lieben? Ehrlich? Ich meine, Beziehungen sind doch immer anders. Meine Beziehung zu meinen Kindern ist noch relativ ähnlich, weil sie noch so klein sind. Aber dennoch sind die Kinder charakterlich und mentalitätsmäßig so unterschiedlich, dass sich jede Liebe zu einem Kind anders anfühlt, als die andere Liebe. Das ist keine Qualitätsaussage, sondern eine menschliche, individuelle.
Aber dann habe ich doch darüber nachgedacht, wie es für Kind1 ist. Erlebt sie, dass ich mit Kind2 viel geduldiger und ja, irgendwie wissender umgehe, als noch bei ihr? Erkennt sie, dass er für mich immer noch „der Kleine“ ist, obwohl sie mit knapp vier Jahren schon „die Große“ war. Obwohl, so verallgmeinern kann man das wieder nicht. Kind1 hatte mit vier noch nicht so viele Aufgaben bzw. so viel Verantwortung übertragen bekommen, wie Kind2. Aber mein Gefühl für sie war immer: die Große, Kluge, Besonnene, Aufmerksame und die, die öfter mal durchdreht. Mein Gefühl für Kind2 ist eher: Der Kleine, Niedliche, der so lustig redet, so viel lacht, so gerne Witzchen macht – und so wütend werden kann. Das ist, wenn man es so schwarz-weiß und leicht oberflächlich beschreibt, ja irgendwie unfair. Darum versuche ich immer mal wieder, mich dabei zu beobachten. Aber Kind2 reagiert so anders als Kind1, dass ich mit den Kindern unterschiedlich umgehe. Aber es sind nicht unterschiedlich intensive Beziehungen.
Ähnlich ist es beim Mann. Die Kinder flippen abends fast immer aus, wenn ihr Papa nach Hause kommt. So stürmisch werde ich nie begrüßt, auch nicht, wenn ich ein paar Tage weg war. Der Mann albert mehr mit den Kindern, spielt mehr und bringt sich somit mehr ein. Manchmal bin ich eifersüchtig deshalb, weil an mir das ganze Regelwerk und die Organisation hängen bleibt. Aber das ist auch besser geworden, seitdem der Mann bestimmte feste Dinge mit den Kindern und im Haushalt übernommen hat. Der Mann ist nur einfach anders als ich. Er kann Stress, Lärm, Geknatsche und Kindergenerve besser aushalten und fängt nicht so früh an, die Kinder zu ermahnen oder irgendwas ein Ende zu bereiten. Dafür ist er nicht so gut im Erklären wie ich und erkennt weniger gut, was ein Kind jetzt hat, wenn es was hat. Wenn Kind2 nachts zu uns ins Bett kommt, will er zu mir und unter meine Decke. Selbst wenn sein Papa sich anbietet. Kind2: „Nein, nicht Du. Ich will zu Mama.“ Klare Aussage. Abends bespreche ich mit Kind1 meistens den Tag und wir erzählen dem Traumfänger, was gut und was schlecht war. Heute wollte sie es unbedingt mal wieder mit ihrem Papa machen. Ich glaube, wenn wir hinhören, nehmen sich die Kinder die Intensität und Nähe, die sie wollen.
Ach, und das mit den unterschiedlich intensiven Beziehungen zu den Eltern kenne ich von meiner Beziehung zu meinen Eltern. Wobei das auch phasenweise unterschiedlich war. Beispielsweise ist die Beziehung zu meinem Vater intensiver geworden, als ich so 30 war. In meiner Jugend war sie kaum intensiv und wir hatten schwierige Phasen. Kann sich also auch alles wieder ändern. Ich glaube, das kommt erst, wenn die Kinder etwas größer sind.
In mir ist gerade ein „Aufsatz knapp am Thema vorbei“-Gefühl, aber egal. Darüber, wie unterschiedlich ich die Kinder wahrnehme und wie das die Beziehung zu ihnen beeinflusst, wollte ich eh schon immer mal bloggen.
Vielleicht habt Ihr ja andere Ideen zum Zitat oben?
Liebe Mama notes,
mein Gedanke dazu ist: Kinder spüren, wenn Ihnen mehr oder andere Aufmerksamkeit von einem Elternteil entgegengebracht wird und reagieren darauf. Umd umgekehrt holen sie sich die Aufmerksamkeit, die sich brauchen – das ist ja auch ihr gutes Recht! Das wiederum prägt natürlich die Beziehung…. und anders ist ja nicht schlecht, im Gegenteil! Meine beiden Küstenkinder sind auch ganz unterschiedlich, und wunderbar jedes auf seine eigene Art und Weise.
Ich denke mal, das war auch knapp an Jesper Juul vorbei, aber zumindest irgendwo in der Nähe ;) Und Inspirationen sind ja genau das: GedankenANstöße und keine in Stein gemeißelten Deutungen…
Liebe Grüße, Küstenmami
Hallo,
als unser „großer“ (4 Jahre) geboren wurde, hatte ich am Anfang kaum ein Verhältnis zu ihm. Teilweise durfte ich ihn noch nicht mal anfassen, da er so auf Mama fixiert war. Das ist bei vielen Sachen heute noch so, allerdings gibt es auch feste Dinge, wo nur der Papa gut ist (z.B. mit Werkzeug arbeiten, da ist Mama zu leise).
Bei unserem Kleinen war es anders, er kam nach 12 Stunden Wehen und dem Versuch einer natürlichen Geburt dann doch per Kaiserschnitt zur Welt. Die erste Stunde habe ich komplett mit ihm alleine verbracht. Seitdem bin ich offensichtlich die Nummer 1. Mama ist gut, wenn Papa nicht da ist. Selbst trösten darf Mama nicht, sondern muß Papa übernehmen.
Bei dem kleinen kommt noch hinzu, daß er natürlich viel schneller lernt als der große. Und er hat auch ein intensives Verhältnis zu seinem Bruder (vor allem wenn der Mist macht). Das prägt auch sein ganzes Verhalten, während der große zu keinem anderen Menschen wollte als zu Mama, ist der kleine sehr aufgeschlossen. Aber an Papa kommt trotzdem keiner ran :)
Da bei uns die Situation genau ist, wie bei Jesper Juules beschrieben, kann ich mich dem nur anschließen. Wobei ich auch unterschreiben würde, daß sich Kinder den Kontakt nehmen, den sie brauchen, wenn wir Eltern nur zuhören.
LG,
Bugs
Ich habe das Zitat ganz anders verstanden, nämlich mehr vom Kind ausgehend. Kinder merken, dass sie zu dem einen Elternteil einen besseren Draht (in gewissen Dingen) als zum anderen haben. Was nicht bedeutet, dass sie den anderen nicht auch lieben und/oder brauchen.
Inwiefern das zustimmen kann, kann ich (noch) nicht beurteilen…