Kennt Ihr Traumfänger? Ich bisher nur vom Namen her. Natürlich hatte ich auf irgendwelchen Flohmärkten an Eso-Ständen, wo es immer nach Patchouli riecht und alle Stoffe kleine Spiegelchen eingenäht haben, schon mal welche gesehen. Aber nur so vorrübereilenden Auges. Wegen der Ästhetik. Meine TL auf Twitter ist voller Traumfängerbesitzerinnen und ich muß ein wenig aufpassen, was ich hier sage. Nun ja, Traumfänger und Gedöns sind nicht so meins. Also waren. Bisher.
Schlimme und beängstigende Träume im Kitaalter
Die Albtraumphase beginnt laut Erziehungsbuch so mit 2,5 Jahren und sei nicht ungewöhnlich. Trösten, Ruhe ausstrahlen und auf Wunsch des Kindes Gespräche über die Träume seien wichtig. Nun ist es aber so, und das ist weniger lustig, dass meine Tochter immer schon heftige Träume hatten. Phasenweise waren ihre Träume ruhiger, phasenweise leider nicht. Wenn nicht, waren sie sehr beängstigend, auch für mich. In Erziehungsbüchern und im Internet fand ich nichts zu den Trauminhalten meines Kindes. Da ist immer nur Monstern unterm Bett die Rede. Bei meiner Tochter sind keine Monster unter dem Bett, sie sind einfach in ihren Träumen und verbreiten Angst und Schrecken.
Das sie bisher nie von den Träumen tagsüber verfolgt wurde und auch nie vor dem Einschlafen Angst äußerte, beließ ich es bei meinen, bzw. unseren Umarmungen, Streicheln und beruhigenden Worten. Sie schlief immer schnell wieder ein. Da ich nie diese Dinge tun konnte, wie Licht anmachen und zeigen, dass da kein Monster unter dem Bett ist, fühlte ich mich so machtlos. So einfach war es leider nie.
Ich ließ sie immer entscheiden, ob sie erzählen wollte, oder nicht. Es gab auch Nächte, in denen sie uns nicht rief, uns aber morgens haarsträubendes erzählte. Manchmal sponnen wir die Geschichte zu einem anderen Ende weiter. Ich versuchte die Geschichte so zu drehen, dass sie selbst-bestärkt daraus hervorgeht und sich zu helfen wusste.
Eine Traumpuppe gegen böse Träume
Vor ein paar Monaten schenkte die Oma dem Kind eine Traumpuppe. Eine weiche Stoffpuppe, die freundlich schaut. Diese Puppe würde die bösen Träume in der Nacht verscheuchen, sagte die Oma. Das Kind war hoch erfreut und liebte die Puppe sofort. Kein Abend verging ohne dass die Traumpuppe mit ins Bett genommen wurde. Und: Die Puppe wirkte. Wir alle hatten eine lange Zeit mit ruhigen Träumen. Nur selten hatte das Kind einen bösen Traum.
Bis auf letztens. Letzens fing es wieder an. Träume, deren Ende so brutal und schlimm sind, dass ich mich voller Angst frage, woher sie das bitte hat. Unser Medienkonsum ist sehr eingeschränkt. Kleinkindfernsehen ist erlaubt, Sendung mit der Maus, Lauras Stern, Sandmännchen. Manchmal Yakari. Nichts, auch nicht in der Kita, mit Einflüsse, die der wilden Phantasien von Tochters Nahrung geben könnte.
Als unser Tochter letzens wieder anfing schlimm zu träumen und den Papa in der Nacht unter Tränen fragte, ob ihre Traumpuppe denn gar keine Kraft mehr hätte, schlugen meine Sorgen Alarm. Es war Samstag und ein Anruf bei der Kinderärztin nicht möglich. Mittlerweile habe ich für demnächst einen Gesprächstermin. Am Samstag aber googelte ich ein bisschen und auf irgendeinem Babyportal stand, man könne doch mit dem Kind gemeinsam einen Traumfänger basteln.
DIY – Traumfänger basteln
Basteln und ich ist selten; Aktionismus und ich schon häufiger. Traumfängerbastelei hingegen, das ist Esoterik und DIY in einem. Und darum fängt die Sache hier ein zu kippen und wird lustig. Zumindest für mich. Denn bei aller Sorge, die ich wirklich empfinde, ist mein pragmatisches Eso-Treiben – nun ja – erstaunlich. Das muß das mit dieser Liebe sein.
Mama notes: Du weißt dass Du Mutter bist, wenn Du trotz riesiger Bastelabneigung und Null Esoterik-Sinn Traumfänger bastelst.
— Sonja (@Mama_notes) February 3, 2015
Beim Frühstück schlug ich der Tochter vor, einen Traumfänger zu basteln, Zweige und vielleicht Federn zu sammeln und dann gemeinsam werkeln. Das Kind war hellauf begeistert. Erst jetzt fällt mir auf, dass sie sofort wußte, was ein Traumfänger ist. Erstaunlich. Ich hingegen googelte nicht, wie ein Traumfänger aussieht und ob ich dabei etwas beachten müsse. Warum auch? So ein Mobile aus Zweigen mit Feder dran, sagte mir mein lückenhaftes inneres Auge. Dass man bei der Esoterik immer strenge Regeln einhalten muß, damit es wirkt, hatte ich vergessen.
Verwirrenderweise versuchte ich der Tochter auch zu erklären, dass die Träume nicht wirklich passieren, sondern nur in unserer Phantasie stattfinden. Dass sich das Erlebte sich zwar echt anfühlt und auch beängstigend sein kann, aber vorbei ist, wenn sie erwacht. „Die Phantasie kommt aus dem Gehirn“, klärt mich das Kind auf und fragt, wie der Traumfänger das mit dem Gehirn jetzt macht. Ich komme ins Straucheln, ähm, öhm…. „Der Traumfänger macht Magie und schickt die in das Gehirn“, schlägt die Tochter vor.
Sie sammelte auf dem Spieplatz bei den Bäumen also Zweige. Leider waren weder Federn zu finden noch anderes kleines, was man an den Traumfänger hängen könnte. Klar, mitten im Winter fällt nichts vom Baum oder Tier. Ich erinnerte mich an meine Muscheln ein, die ich – Ihr Eso-Queens setzt Euch mal kurz – im Karnevalsladen für mein Meerjungfrauen-Kostüm gekauft hatte. Die wären doch hübsch! Ich holte schnell die schönsten und bat die Tochter, in ihrer Krimskramskiste nach Sachen zu schauen, die kleine Schätze sein könnte.
Alles in allem sah unser Bastelmaterial dann so aus. Zunächst.
Leider ließen sich die Muscheln nicht aufhängen, sie hatten unten kein Loch und auch aufprokeln half nichts, das Loch war zu winzig. Gleiches galt auch für das Bügelperlchenbild und die hart getrocknete Kastanie aus dem Oktober. Schade. „Ich will eh einen Traumfänger mit GLITZER!“ rief die Tochter. Leider fanden wir die Silberfädchen ihres Feen-Zauberstabs nicht mehr, sonst hätten wir die noch genommen. Eine einzige kleine Muschel, ein kleiner Christbaumanhänger, ein knallroter Plastik-Elefant und ein gebogener, glitzernder Golddraht sind die Schätze, die wir an rotes Geschenkband aufhingen. Was man halt so da hat.
So hängt es nun über Kindleins Bett. Das Kind liebt das Ding. Jeden Abend erzählt sie mir und dem Traumfänger, was schlecht war an dem Tag und ihr nicht gefallen hat, und was gut war. Das ist sowieso ein schönes Ritual. Leider haben wir dies aufgrund Bruder-Störungen und Zeitdruck nie ganz eingehalten. Aber jetzt müssen die paar Minütchen abends einfach noch sein, der Bruder ist jetzt auch älter und hält es aus, mal kurz alleine im Bett zu sitzen, während Mama sich mit der Tochter unterhält. Da ich abends öfter mal alleine mit den Kindern bin, gilt es dies für mich zu überlegen. Wenn der Mann mit mir die Kinder ins Bett bringt, ist das alles kein Problem.
UND? Wie hast Du geträumt?
GUT! Sagt das Kind morgens und ist zufrieden. Prima denke ich und googelte dann heute mal, wie das mit den Traumfängern so ist. „Der Traumfänger (engl. dreamcatcher) ist ein indianisches Kultobjekt. Es besteht im Wesentlichen aus einem Netz in einem Weidenreifen, der noch mit persönlichen bzw. heiligen Gegenständen dekoriert wird. Der Traumfänger soll, dem Glauben nach, den Schlaf verbessern. Es wird dabei angenommen, dass die guten Träume durch das Netz gingen, die schlechten im Netz hängen blieben und später durch die Morgensonne neutralisiert würden.“, sagt die Wikipedia. Joa. Das haben wir dann ja mal versemmelt. Netz, Reifen, Federn, die die guten Träume zum Schlafenden leiten – hammwa nüsch.
So sieht ein fachmännischer Traumfänger aus, sagt das Internet. Tja, ab sofort zeigt das Internet auch unseren mit rotem Elefant. Böötsch!Unser Traumfänger funktionert. Alles andere ist ja auch total wumpe. Eso ist, was funktioniert, oder nicht? Ganz vielleicht darf sie eine Feder dazu hängen. Eine meiner Federboa, in Knall-Orange. Die ist nur noch unten im Keller, in der zweiten Karnevalskiste.
Ich hab von meiner Tante mal einen Traumfänger bekommen da ich Schlafwandlerin war. Sie hat ihn aus Afrika mitgebracht. Ich fand ihn toll aber der Mann hatte irgendwie Angst davor.
Tolle Idee das selbst zu machen da es vllt. auch die Gründe für das schlechte Träumen schon gezeigt hat.
Die Träume könnten vom Wachstum kommen.
Ich liebe es einfach, wenn Du über Dinge schreibst, die Du eigentlich nicht magst, die Du aber aus Liebe für die Kinder tust. Das ist so wundervoll.
Ich glaube, dass ihr gar nicht so sehr von dem abweicht, wofür der Traumfänger steht, denn es hängen ja Dinge dran, die persönlich bzw. „heilig“ sind, die Euch irgendwie etwas bedeuten bzw. Deiner Tochter.
Ich glaube, das Gefühl, dass sie dieses Ding mit ihrer Mama zusammengebaut hat, gibt ihr einfach ein gutes und sicheres Gefühl. Du steckst quasi in dem Traumfänger und passt auf sie auf ♥ Das wäre dann mal meine Interpretation… und ich glaube, ich werde auch einen Traumfänger basteln ;-)
Dankeschön! <3 Ich hoffe, dass es so ist!
Wir haben für unsere Jungs auch Traumfänger. Der Große ist mit knapp 7 langsam wieder aus dem ganz dramatischen Traumalter raus, der Kleine mit 4 Jahren unmittelbar davor. Was bei uns immer hilft, wenn der Traumfänger dann doch mal versagt hat: Wir schütteln das Kopfkissen ganz fest durch, damit alle bösen Träume rausfallen. Das hilft! :)
Danke für den Tipp!
Selber jahrelang Eso-Belächlerin glaube ich jetzt immerhin, dass es so etwas wie ein kollektives Gedächtnis/Denken gibt und wir das, worüber wir träumen nicht unbedingt selber erlebt haben müssen. Und zur Not kann man ja auch mal das Bett in eine energetisch ‚ruhigere“ Ecke schieben. :-)
Mit oder ohne Wünschelrute? :)
Wir haben auch einen. An einem Wochenende in der Not zusammengeklaubt, was wir hatten: einen biegbaren Ast (eher Ei-Form), ein Zwiebelnetz drüber und da hinein lauter Sachen aus der Fundkiste des Großen: Stein, Knopf, Muschel. Und ein Känguruhaufkleber. Hauptsache, es hilft.
LG, Rosa
Es gibt ein wunderbares Buch von Michael Ende „Das Traumfresserchen“! Es hat uns sehr geholfen, nun sagt unsere kleine Maus immer den Spruch auf, mit dem man das Traumfresserchen rufen kann, wenn sie Angst hat.
Vielleicht ist das auch was für euch?
Danke für den TIpp. Das Buch schaue ich mir mal an.