Letztens hatte ich für beide Kinder wieder Entwicklungsgespräche in der Kita. Eigentlich finde ich das ja gut. Ich liebe es eh, über meine Kinder zu sprechen. Die Erzieherinnen in unserer Kita schätze ich sehr und finde es spannend, was sie aus dem Kita-Alltag berichten. Ich möchte wissen, wie sich mein Kind dort im Alltag, ohne elterliches Beisein, verhält. Wie sie in Konflikten klar kommen, womit sie gerne spielen, was ihm am meisten Spaß macht.
Ich finde es auch erklärlich, dass sich die Erzieherin an Themenschwerpunkten auf einem Papier im Gespräch orientieren möchte, um auch nichts zu vergessen. Vielleicht hilft das Papier auch, beim Beobachten der Kinder auf möglichst viele Einzelheiten achten zu können. Ich finde es wichtig zu beobachten und schön sich darüber auszutauschen.
Also alles gut mit dem Entwicklungsgespräch? Die Voraussetzungen für eine gute Kommunikation zwischen Erzieherinnen und Eltern scheint ja gegeben. Leider nein. Das Bewerten und Einstufen in diesen Gesprächen finde ich würdelos, vor allem wenn man bedenkt, wie klein die Kinder in einer Kita noch sind.
Warum ist das Entwicklungsgespräch immer eine Art Problemgespräch?
Aufgrund dieser schablonenartigen Gesprächsvorlage hatte ich beim vorletzten Entwicklungsgespräch der Tochter das Gefühl, ich müsse den Erziehern Schüchternheit oder auch Introvertiertheit erklären, weil ständig ein Mangel vorherrschte, der durch die Schüchternheit begründet war. Einerseits sahen das ein Teil der Erzieher auch so, dennoch wurde die „Leistung“ des Kindes ständig zu kritisch, bzw. zu mangelhaft eingestuft. – Als ob Schüchternheit nicht sein dürfe und auch als „Erklärungsmuster“ nicht ausreicht. Erst ein einem zweiten, darauf folgenden Gespräch, konnten wir das Missverhältnis klären.
Es geht im Entwicklungsgespräch gar nicht um Entwicklung, es geht um Mangel!
Jede Einzelheit wie sprachliche Entwicklung, diverse motorische Fähigkeiten, diverse Konzentrationsmöglichkeiten, etc. auf Skalen eingestuft. Warum müssen selbst bei dreijährigen und früher Dinge wie Adresse, Telefonnummer, Zahlen zählen können bis 10 oder 20, Buchstaben erkennen können, Puzzle mit wie vielen Teilen legen können abgefragt werden. Telefonnummern in einer Zeit, in der selbst Erwachsene kaum noch Nummern auswendig können, weil alles irgendwo eingespeichert ist. Und zählen – wenn mein Kind die Zahl 13 vergisst, ansonsten aber korrekt bis 20 weiterzählt, ist das dann zählen oder doch nicht? Und warum genau hängt das von der Auffassung des Erziehers ab, ob ja oder nein? Und was genau sagt das über mein Kind aus? Es ist wie eine Zeugnisvergabe und ich mag das Gefühl nicht.
Jedes Mal diskutiere ich darüber, dass mir die Herangehensweise nicht behagt. Meine Tochter hat beispielsweise immer sehr gut gesprochen, auch im Vergleich mit Altersgenossen. Warum also wurden im ersten und zweiten Kitajahr nicht 5 von 5 Punkten vergeben, sondern nur 3 oder 4? Es ist doch ein Kind! Kein Kind kommt mit dem Wortschatz eines Erwachsenen auf die Welt und wie wir wissen, unterscheidet sich auch das Sprachvermögen bei denen. Woran bemessen wir also, was eine 3, 4 oder 5 wert ist? Warum wird eine Dreijährige mit „macht noch grammatikalische Fehler aber ist ja normal in dem Alter“ bewertet? Was soll der Stuss?
Das Kind soll arbeiten, um seine natürlich Entwicklung zu machen. Seriously?
Diese Entwicklungsgespräche wollen das gar nicht, zumindest auch nicht unsere Kita oder die Erzieherinnen, aber das schablonenartige Gespräch und die Skalen hinterlassen immer ein Gefühl von Mangel zurück. Selbst wenn es keine konkreten Vorgaben gibt, was das Kind können soll, wird doch abgeglichen, was es kann und was nicht. Wenn das Kind etwas etwas „noch nicht so gut kann“ wird impliziert, „daran kann er / sie noch arbeiten“. Noch arbeiten? Bitte, da haben wir es. Das Kind soll arbeiten, um etwas zu erreichen. Und da wird mir langsam Angst und Bange denn das genau verstehe ich nicht unter einer Kindheit.
Selbstverständlich ist es normal für Kinder, noch nicht alles zu können und es ist kein Geheimnis, dass jedes Kind in seinem Tempo lernt. Aber Kinder sind doch keine unfertigen Mangelwesen! Manche Kinder interessieren sich für Zahlen und Buchstaben schon in der Kita, manche früh, manche spät, manche eben erst in der Schule. Manche Kinder sind sehr hilfsbereit und übernehmen gerne Aufgaben, andere entziehen sich der Gruppenaufgabe und spielen lieber am Rande etwas anderes, allerdings ohne zu stören. So what?! Kind sein heißt lernen, sich entwickeln, weiterbilden, verändern. Warum kommen da jährlich Schablonen an, die sie offensichtlich niemals erfüllen können.
Lernen und Entwicklung sind wichtig, aber das passiert im Kinderleben doch nebenbei, oder etwa nicht? Dafür ist doch das Spielen, das Spielangebot und die Interaktion im Spiel mit anderen Kindern da. Irgendwann hüpft das Kind auf einem Bein, spricht flüssig, in langen Sätzen und mit korrekter Grammatik, zählt bis sonstwohin und kann seinen Namen schreiben – oder eben auch erst später.
Und das sage ich, obwohl meine Kinder glücklicherweise sehr einfühlsame Erzieherinnen haben, die mich bestätigten und sagten, dass es natürlich normal sei, für ein Kind nicht alles zu können und das genau das Wesen der Kinder sei: zu lernen – und zwar unterschiedlich schnell in unterschiedlicher Reihenfolge.
Genau hinschauen: Wie ist das Kind und was mag es?
Kind2 spielt momentan sehr viel allein, er sitzt dann versunken mit sich und seinem Spiel und wirkt glücklich und zufrieden. Gleichzeitig ist er im Moment nicht so gut in Konflikten, geht ihnen aus dem Weg, mag oder kann sich nicht durchsetzen, weint viel, ist schnell und lange beleidigt und holt sich nicht aktiv Hilfe. Zu Hause sieht das übrigens genau anders herum aus. Er ist mit seiner Schwester kein bisschen konfliktscheu. Er haut auch zur Verteidigung oder aus Frust, ist aber auch sehr bemüht und sehr gut, zu artikulieren, was ihm missfällt. „Iss möchte das niss! Das tut mir weh! Aua, Doofmannkind2!“ Ich finde das super für Kind von 3 3/4 Jahren. Traut er sich momentan wohl noch nicht außerhalb der geschützten Familienzone vor und daran können die Erzieherinnen arbeiten – im das anzubieten, ihn zu leiten, ihn aufzufangen. Aber doch nicht mein Kind! Mein Kind verhält sich genauso, wie es ist, wie es sich fühlt und was es vermag.
Und auch, wenn die Erzieherin mir recht gab, es ist für mich die Haltung und Herangehensweise des Bildungssystem, das Verständnis von Entwicklung, Förderung und vorallem das Verständnis von Kindern, das mich stört. Menschen sind unterschiedlich, der eine ist gern allein, der andere gerne in Gesellschaft, wir haben alle unterschiedliche Interessen. Wer mag sowas bewerten und welchen Zweck soll das haben?
Was ich mir für ein gutes Entwicklungsgespräch wünschen würde:
In einem wirklich Entwicklungsgespräch sollte es um die Entwicklung des Kindes gehen, ohne zu bewerten. Was spielt es gerne, wie spielt es und interagiert es bereits mit anderen Kindern? Wie verhält sich das Kind in Konflikten, welcher Natur sind diese Konflikte. Interessiert es sich bereits für Schulwissen und wenn ja, in welchem Maße. Erst im Vorschulalter wird es wichtig, ob es sich im Umfeld orientieren kann, beispielsweise bereits seine Adresse benennen, etc. Und dann wird die Entwicklung des Kindes verglichen und kein Mangel festgestellt. Interessiert es sich nicht für das Zählen oder das Ausmalen, dann kann man das zwar sagen, aber eben als Fakt, nicht als Mangel.
Und in dem Zusammenhang, gerne auch in einem Tür- und Angelgespräch, sollte den Eltern mitgeteilt werden, wenn das Kind auffällige Schwierigkeiten mit etwas hat, auffällig aggressiv oder eben nicht fähig ist, sich gegen Aggressionen zu wehren, sich motorisch oder geistig verzögert entwickelt oder etwas in der Art.
Ich habe eben bei Twitter eine kleine Umfrage gestartet. Viele sagen, dass man sich von den Erzieher*innen nicht alles annehmen muß, dass die Sicht von außen schon interessant sind und das Gespräch dazu da sei, die Eltern auf wichtige Dinge aufmerksam zu machen. Das sehe ich alles genauso. Aber warum muß das immer bewertend und ebenso wenig kindbezogen sein?
Wie seht Ihr das? Bin ich da zu kritisch? Wie empfindet Ihr die Entwicklungsgespräche in Eurer Kita?
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Meine Buchempfehlungen zum Thema Kinder im Kitaalter.
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Guter Beitrag. Ich sehe es ebenfalls kritisch. Interessant sind dann auch die Schuleingangsuntersuchungen – falls soll eine Untersuchung für die „Schulfähigkeit“ 9 Monate vor der Einschulung. Es ist klar, dass sich da noch viel tut. Auch da gibt es viele Punkte, die nicht nötig wären…
Oh ja. Ich denke da genau so wie du. Leider geht es in der Schule genau so weiter. Nicht schön. Gar nicht schön. Reine defizitorientierte Brillen die viele Lehrer tragen.
Ich gebe Fortbildungen für ErzieherInnen (auch zum Thema Elterngespräche) und habe Deinen Post interessiert gelesen.
Diese Bewertungsbögen! Sie sind immer wieder Thema und ich bin jedes Mal erleichtert, wenn sich die Erzieherinnen im Seminar darüber austauschen und viele erklären, dass sie nicht einig sind mit dem, was Ihnen da von ArbeitgeberInnen-Seite her aufgedrückt wird. Immerhin.
„Es ist wie eine Zeugnisvergabe“ – so sehe ich das auch. Und die Beliebtheit von Noten nimmt unter Eltern wieder zu. (Unsre Kinder warn in einer Grundschule ohne Noten, die nachfolgenden Eltern stellen das Konzept jetzt wieder zunehmend infrage) Ich weiß nicht, wie das in anderen Bundesländern ist, aber hier in NRW gibts ein neues KiTa-Gesetz, nach dem sind die Bögen jetzt noch strenger und kleinschrittiger.
Für mich sieht das nach zunehmender Normierung aus (das passt leider auch zu meinem Thema #RosahellblauFalle): Kinder stoßen heute früher an die Grenze zum „anders sein“, was bis vor einigen Jahren noch Individualität war, ist heute schon abnorm. Wie kommt es, dass dieser Wunsch nach stärkerer Reglementierung/ Einordnung/ Normierung gerade zunimmt?
ratolose Grüße von almut
Da stimme ich Dir zu, es gibt wieder mehr Eltern, die gerne eine Bewertung für ihre Kinder haben wollen. Ich bin Erzieherin und bei einem Elterngespräch fiel auch schon der Satz: „ich will nicht wissen, was mein Kind kann, ich will wissen was es nicht kann.“
Wir verwenden verschiedene Bögen, die aber auch regelmäßig überarbeitet werden und auch nur zur Vorbereitung auf das Gespräch dienen, damit man möglichst an alles gedacht hat. Das Gespräch selbst ist aber immer sehr individuell.
In RLP ist der Punkt Beobachtung und Dokumentation sowohl im KiTaG, als auch in den Bildungs- und Erziehungsempfehlungen sehr allgemein gehalten.
Hallo. Ich habe Deinen Artikel sehr genau geleden und muss sagen das er sehr gut geschrieben ist, aber ich kann das von unserem Kindergarten nicht sagen. Entweder machen die diese Einteilung nicht, oder sie machen sie aber „benoten“ unsre Kinder nicht vor uns, mir. Bei uns ist es immer ein sehr nettes Gespräche und man wird lediglich darauf hingewiesen, was man vielleicht ein wenig fördern könnte. Ich war und bin immer zufrieden gewesen. In eine Beurteilung mit Zahlen meine Kinder zu stecken, würde mir auch nicht gefallen. Auch in unserer Schule hatte ich sowas bis jetzt noch nicht.
Ich denke ich kann Glückllich sein :)
Ich verstehe genau was du damit meinst.
Kinder schon von klein auf an zu vergleichen und in ein Raster zu stecken, das kann nicht gut sein. So erfahren selbst die kleinsten schon viel zu früh Druck von außen.
Alle sollen gleich sein und wenn irgendetwas nicht in das Raster passt, stimmt was mit dem Kind nicht.
Wir hatten gerade quasi ein Entwicklungsgespräch. Aber eher schriftlich, da unsere Erzieherin darin zuviel Arbeit sieht, sich mit den Eltern hinzusetzen. Was darin stand, kann ich nicht unterschreiben und es wirkt, wie aus einem Lehrbuch abgeschrieben. Nur noch ab und an der Name des Kindes ergänzt.
Das kann es wirklich nicht sein. Ansich finde ich die Entwicklungsgespräche eine gute Sache. Denn die Kinder verhalten sich in der Kita meist anders, wie im gewohnten Sozialem Umfeld der Familie. Doch sollte dabei viel mehr das Kind selber im Fokus stehen. Was es kann und was es gerne macht. Eventuell als Anmerkung, wo man vielleicht etwas unterstützen kann. Aber nicht dieses sture „Das kann es und das nicht“
Dabei sollte am Ende auch die Zusammenarbeit zwischen Erzieher und Eltern mehr sein. ( Ist bei uns derzeit 0 der Fall). Dann kann man sich dort viel mehr austauschen und die Beobachtungen müssen nicht mehr nach Schema F laufen. Sondern speziell auf das Kind zu geschnitten.
Die kleinen müssen sich schon früh genug ins System eingliedern. So sollten sie die Kindergartenzeit genießen dürfen und einfach nur Kind sein können
„…schriftlich, da unsere Erzieherin darin zuviel Arbeit sieht, sich mit den Eltern hinzusetzen.“
WIE? Allein das ist ja Anlass für ein Gespräch. Das allerdings eher Leitung und Team miteinander führen sollten. Auch wenn zu wenig Zeit, Personalmangel etc. der Hintergrund ist, die Botschaft geht gar nicht!
Das ist ja furchtbar. Vielleicht liegt es daran, dass unser Kind in einen Kindergarten eines privaten Trägers und nicht öffentlichen Trägers geht, aber so eine Einteilung in Punkte habe ich noch nie gesehen. Bei uns im Entwicklungsgespräch geht es tatsächlich darum, wie geht es dem Kind, was sind seine Interessen, wie ist es in die Gruppe integriert, was sind seine Stärken, wie ist die Entwicklung, was hat sich verändert, was bleibt gleich und meistens wird tatsächlich rausgearbeitet, dass dies alles seinem Wesen entspricht. Problematisches, z.B. hab ich da so einen kleinen Träumer der immer beim Anziehen der letzte ist, wird viel früher mit mir geklärt und in diesem Fall war es ein Problem für die Erzieherinnen, da es den ‚Ablauf‘ ‚gestört‘ hat, also haben sie es auch intern geregelt (er hat mit anderen Kindern zusammen, nicht alleine, eine Sanduhr bekommen, nach zwei Wochen war das Problem keins mehr, nach vier Wochen war die Sanduhr unnötig). Die Bezugserzieherin mit der ich diese Gespräche hatte ist aber leider weg jetzt, wenn ich von deinen Erfahrungen hier lese hoffe ich ja nur, dass das nächste Entwicklungsgespräch mit einer anderen Erzieherin genauso kooperativ verläuft wie bisher und das nicht nur an der Erzieherin lag (die ich auch nicht immer nur toll fand, insofern hab ich Hoffnung, dass das etwas sytematisches bei uns im Kindi ist).
Also ich verstehe Deine Aufruhr und kann dir nur sagen, so wie du es beschreibst muss es durchaus nicht sein. Ich unterstütze dich in deiner kritischen Haltung nicht nur emotional, sondern kann dir sagen, es geht wirklich anders!
Und an die Almut….eventuell liegt es gerade daran, dass heutezutage SOVIEL Individualismus herrscht, dass es in einem System, einer Organisiation durchaus für Beteiligten zu Überforderung führt. Jedes Kind einzeln nach seinen Bedüfnissen, Wesenszügen, nach den Bedürfnissen der Eltern etc. behandeln ist vielleicht einfach beim derzeitigen Betreuungsschlüssel nicht machbar. Normierung findet dann statt, wenn sich verschiedene Bedürfnisse in die Quere kommen und man langfristig einen Konsens erreichen will.
Die Kerhseite unseres Kindis z.B. ist, dass er mit extremer Personalfluktuation zu kämpfen hat, weshalb die Eltern gerade auf die Barrikaden gegangen sind und wir eine Lösung für dieses Problem suchen müssen….vielleicht zieht es die Erzieherinnen auch in stärker reglementierte Strukturen, weil sie Handlungssicherheit suchen?! Nur Überlegungen…..
Hast Du mal „Die Kindheit ist unantastbar“ von Herbert Renz-Polster gelesen? Das ist ein sehr empfehlenswertes Buch, wo ganz gut aufgedröselt wird, wie die extreme Leistungsorientierung unserer Zeit bis zu den Kitas gesickert ist und zu all dem hanebüchenen frühkindlichen Bildungsunsinn geführt hat. Meine Kinder sind noch nicht im Kindergarten, und mir graut es ein bisschen davor. Der Große ist nämlich auch ein sehr schüchternes und vorsichtiges Kind, das war ja noch nie sonderlich populär, aber in Zeiten, wo man schon bei Kleinkindern Topmanagerqualitäten eher fördert, ist es wirklich ein richtiggehender Makel… Ich bin ehrlich froh in den 80ern den Kindergarten besucht zu haben, wo man sich (auch als sehr zurückhaltendes Kind) noch einfach ausprobieren und spielen durfte…
Klar, denn schon in den Kitas gibt es inzwischen einen Bildungsplan, und drum ist es auch eine Art „Zeugnisvergabe“ und ein Entlanghangeln an engen Vorgaben. Und ja, in der Schule geht es so weiter.
Drum bin ich ja für privat-alternative Einrichtungen (die legen diese Dinge doch noch ein bißchen anders aus), für Eltern-Kind-Büros etc.
LG
Lena
Hallo Sonja,
wir hatten gestern unser erstes Entwicklungsgespräch über unsere Kleine und ich habe das gerade eben mal verbloggt, mit Bezug auf Deinen Text:
http://fruehlingskindermama.blogspot.de/2015/05/erstes-entwicklungsgesprach-uber-die.html
Liebe Grüße!
Zitat: „Es geht nicht um Entwicklung, sondern um Mangel. Jede Einzelheit wie sprachliche Entwicklung, diverse motorische Fähigkeiten, diverse Konzentrationsmöglichkeiten, etc. auf Skalen eingestuft. Warum müssen selbst bei dreijährigen und früher Dinge wie Adresse, Telefonnummer, Zahlen zählen können bis 10 oder 20, Buchstaben erkennen können, Puzzle mit wie vielen Teilen legen können abgefragt werden. Telefonnummern in einer Zeit, in der selbst Erwachsene kaum noch Nummern auswendig können, weil alles irgendwo eingespeichert ist. Und zählen – wenn mein Kind die Zahl 13 vergisst, ansonsten aber korrekt bis 20 weiterzählt, ist das dann zählen oder doch nicht? Und warum genau hängt das von der Auffassung des Erziehers ab, ob ja oder nein? Und was genau sagt das über mein Kind aus? Es ist wie eine Zeugnisvergabe und ich mag das Gefühl nicht.“
Tja………. für mein Empfinden wird bereits im Kindergarten (und in der Schule schreibt sich dies nahtlos fort) das Gefühl des „nicht genügens“ so groß geschrieben, um die Eltern möglichst auf Förderung und damit auf
„Verwertbarkeit“
hingewiesen. Damit die Eltern möglichst für „Verwertbarkeit“ sorgen.
Eine Lehrerin erklärte mir mal, dass in der Schule das selbstständige Denken und die individuelle Entwicklung schon lange nicht mehr im Vordergrund stehen. Obwohl es anders benannt wird, wird nur kontrolliert, ob man die Percentile X Y Z erreicht hat und wenn nicht, wie man dies erreichen kann.
In den Fragebögen werden die Persönlichkeiten der Kinder jedenfalls nicht erfasst!
Interessantes Thema!
Wir haben riesengroßes Glück mit unserer Kitaleitung, für die es in den Gesprächen niemals um Leistungen geht, sondern immer um das Verhalten in der Gemeinschaft, um Stärken, Abläufe, Talente, Besonderheiten.
Wir gehen immer glücklich aus diesen Gesprächen.
Manchmal glaube ich, liegt das aber auch an unserer Gesamtsituation. Wegen der Behinderung der großen Tochter bin ich, was die Entwicklung der Kleinen angeht, wahnsinnig relaxt. Sie kommt mir vor wie eine Entwicklungsrakete. Und es käme mir komisch vor, wenn da überhaupt irgendjemand was negatives dazu sagen würde… Dass sie laufen, springen, klatschen, lachen, singen, sprechen kann, ist das größte Glück — wie schnell und wie perfekt ist dabei total egal. Ich würde mich darüber gar nicht auf eine Diskussion einlassen.
Oh ja, ich kenn das. Nach dem letzten und meinem ersten Entwicklungsgespräch fühlte ich mich wie eine totale Versagerin, weil das Kind noch nie in der Kita in der Hocke war, nicht viel sagte und sich überhaupt nicht fürs Anziehen interessierte. 2 Tage später fing er wie wild zu plappern an und hockte nur mehr. Auch für seine Schuhe und Socken interessiert er sich mittlerweile.
Aber ich denk mir inzwischen auch, dass dieses Gespräch nicht wirklich zielführend war, denn außer Mängeln war rein gar nichts im Fokus.
Ich habe die Entwicklungsgespräche als sehr wertvoll erlebt, eben weil die Entwicklung meines Kindes im Vergleich zu Gleichaltrigen verglichen wurde. Nicht um zu bewerten, um des Bewertens Willen, sondern um es sinnvoll einordnen zu können. Solange sie wertschätzend geäußert werden, sind Defizite in der Entwicklung nichts Schlimmes! Solange alle Beteiligten wissen, dass es völlig normal ist, dass jedes Kind in anderen Bereichen schnell oder langsam ist, ist schnell oder langsam nicht gut oder schlecht. Es ist normal. Und als Mutter eines motorisch eher langsamen Kindes möchte ich wissen, dass 1. Die Erzieher sehen, dass sie noch nicht alles kann, was andere ihres Alters können und 2. Wie sie darauf reagieren. Das Kind annehmen, wie es ist bedeutet ja nicht, gewisse Dinge zu verschweigen, nur damit sich das Kind(oder die Eltern) nicht bewertet fühlen. Das Problem sind nicht die Entwicklungsgespräche, sondern die Erwachsenenübliche Kategorisierung „schnell = gut“ und „langsam = schlecht“. Wenn wir uns davon frei machen, sind Entwicklungsgespräche nur noch das, was sie sein sollen: Gespräche darüber, wo das Kind steht und ob es etwas braucht, um weiter zu kommen.
Liebe Sonja,
ich finde mich im Kommentar von Ekis wieder. Viel hängt davon ab, auf welchem Ohr die Eltern das hören, was ihnen die Erzieher und Erzieherinnen so sagen. Du schreibst doch, dass Du mit diesen sehr zufrieden bist, insofern würde ich vermuten, dass sie zu keiner Zeit so was gesagt haben wie „das ist schlecht“. Die Einordnung nach Skalen dient doch nur der Orientierung: Du weißt dann, wo Dein Kind steht. Das ist keinesfalls eine Bewertung – die, so mein Eindruck aus Deinen Posts, ich war nicht beim Gespräch dabei, dann allerdings bei Dir im Kopf stattfindet.
Zitat: „Meine Tochter hat beispielsweise immer sehr gut gesprochen, auch im Vergleich mit Altersgenossen. Warum also wurden im ersten und zweiten Kitajahr nicht 5 von 5 Punkten vergeben, sondern nur 3 oder 4? Und warum ist mir das wichtig, schließlich weiß ich ja, dass sie gut spricht? Weil ich finde: es ist ein Kind! Kein Kind kommt mit dem Wortschatz eines Erwachsenen auf die Welt und wie wir wissen, unterscheidet sich auch das Sprachvermögen bei denen. Woran bemessen wir also, was eine 3, 4 oder 5 wert ist? Warum wird eine Dreijährige mit “macht noch grammatikalische Fehler aber ist ja normal in dem Alter” bewertet?“
Wer wertet jetzt hier? Die Erzieher verteilen Punkte, weil sie die Sprachentwicklung im Vergleich zu anderen einordnen (in der Regel sind das Erfahrungswerte oder Percentilen wie beim Wachstum oder Gewicht). Da steht aber nichts von „gut oder schlecht“. Einfach eine Standortbestimmung. Und die Erwartung, dass die Kinder grammatikalisch einwandfrei sprechen sollen, lese ich da auch nicht. Sie stellen fest, dass sie Fehler macht, sagen aber, das sei entwicklungsgerecht – wo genau ist das Problem?
Und noch ein Grund, der für diese Bögen spricht: Es gibt sehr unterschiedliche Kinder aus sehr unterschiedlichen Familien. Manche sind wahrscheinlich dankbar für so eine Art Leitfaden, für sie passt das gut. Für die Erzieher ist es eine Art roter Faden für ihre Beobachtungen: Worauf will ich bei dem Kind achten? Was biete ich ihm an, um bestimmte Kompetenzen zu stärken oder motorische Fähigkeiten zu entwickeln? Das ist alles konstruktiv gedacht, finde ich.
Bei uns wurde vor dem Gespräch gefragt, ob wir den Bogen besprechen wollen oder andere Themen haben. Wir hatten uns immer für eine Mischung entschieden, wir fanden das beide interessant. K2 war motorisch auch Spätentwicklerin, aber niemals hörte ich raus: Also, ihre Tochter sollte mal dringend laufen lernen.
Will sagen: Ich plädiere für ein wenig mehr Gelassenheit. Du sagst doch selbst, dass Du mit den Kindern alles bestens ist. Das allein zählt, finde ich.
Guten Abend meine Liebe,
ich sehe das ganz genauso wie du.
Haben das selbst in der letzten U – Untersuchung bei der KiÄ erlebt, das ist das gleiche in Grün, obwohl er 10 Wochen zu früh zur Welt kam.
Ich finde diese Massstäbe furchtbar.
Die Individualität oder Interessen werden vollkommen außer Acht gelassen…..sehr schade :/
Liebe Grüße :-*
Habe auch darüber gebloggt, weil ich zum ersten Mal ein Gespräch der anderen Art hatte und dafür die Erzieherin am liebsten geknutscht hätte.
http://parentsdont.blogspot.de/2015/05/im-kindergarten.html
Diese defizitäre Sicht ist ein Unding und vor allem ist es unsere Aufgabe als Eltern, ERSTMAL vor allem andern, unsere Kinder so zu lieben und perfekt zu finden, wie sie sind.
Allerdings sind wir Eltern nicht unschuldig an der gängigen Praxis. Denn die meisten sehen ihre Kinder doch als optimierungsfähige Leistungsträger – trotz aller Liebe. Wenn die Eltern also vom Arzt, Kita, Schule etc eben eine solche Leistungsbewertung fordern (weil sie meinen sich selbst daran orientieren zu können), dann bekommen sie das auch. Den wenigen, denen das nicht passt, die müssen sich dann eben klar äußern und explizit von der Kita etwas anderes verlangen oder eben eine Kita/Schule mit anderem pädagogischen Konzept aussuchen.
Eltern müssen relativieren, wenn sie das für sinnvoll halten. Das ist nicht die Schuld der Kita. Wenn wir unsere Kinder nicht beurteilen lassen wollen, müssen wir das kommunizieren. Aber nochmal, die meisten Eltern wollen eine Bewertung, warum auch immer. Auch das muss man respektieren.
Liebe Sonja, ich finde mich in diesem Text sehr wieder ! Wir wechseln gerade die Kita- unter anderem aus solchen Gründen.
Es fing damit an, dass nach 3-4 Wochen Kita (also letzten Herbst) die Erzieherin zu uns sagte „also Euer Sohn…der kann ja gar nix.“ Damit war gemeint,dass er nicht komplett selbständig auszog (er war grad mal 2,5)…Und dann wurde bemängelt dass er noch einen Schnuller hatte. Und dann, dass er noch keine Anstalten machte, seine Windeln loszuwerden.
Und dass er still war und zurückhaltend und wenig kommunizierte..Kurz und gut, er wurde nicht so angenommen und gefördert, wie er war, sondern uns wurden ständig nur Defizite kommuniziert…
Liebe Grüße,
Julia
Liebe Sonja,
danke für diesen wichtigen Beitrag. Ich habe beim Lesen festgestellt, dass ich doch diesbezüglich mit unserer Kita ganz zufrieden sein kann.
Obwohl wir nicht in der Kirche sind, geht mein Kleiner in einen evangelischen Kindergarten. Wir wohnen ja auf dem Land. Da gibt es keine so große Kita-Auswahl. Inzwischen bin ich alles in allem mit der Kita eigentlich nicht mehr sonderlich glücklich. Mit meinem älteren Sohn habe ich dort nach unserem Umzug vor 6 Jahren für das Vorschuljahr noch eine ganz andere, sehr engagierte, lebendige und die Kinder umfassend betreuende Kita erlebt. Das ist heute leider anders. Die Entwicklungsgespräche sind aber immer noch toll (wobei sie dort gar nicht Entwicklungsgespräche genannt werden). Es war eigentlich in fast jedem Gespräch so, dass eher die Stärken meines Sohnes genannt und betont wurden und dass sehr liebevoll über ihn gesprochen wurde. Eine Skala wie ich sie aus der vorherigen Kölner Kita meines älteren Sohnes kannte, gibt es ebensowenig – nur ein paar Notizen.
Ich habe also das Gegenteil erlebt: ich bin voller Sorgen in das Gespräch gegangen, weil mein Sohn aus meiner Sicht einige Entwicklungsschwierigkeiten hat. Die Erzieherinnen haben mir aber meine größten Sorgen nehmen können und mir das gezeigt, was mein Sohn kann und drauf hat. Natürlich haben sie auch über die Schwierigkeiten gesprochen, aber das war alles sehr menschlich und freundlich.
Ich kann mir also eher an die eigene Nase packen und meine übergroßen Sorgen in Frage stellen, weil mein Sohn nicht so „ins Raster“ passt. ;-)
Herzliche Grüße
Rona
Um alles ein wenig zu rationalisieren, was Ihr da gerade erlebt, hab ich auch noch etwas zum Thema geschrieben, ich stütze mich dabei auch auf Tafjoras Erfahrungsbericht:
http://katinkainbordeaux.blogspot.fr/2015/06/unsere-kinderkrippe-in-frankreich.html
Ich glaube, die Ecole Maternelle ist weitaus „schlimmer“!
Da scheint unser Kindergarten durch sein Waldorf-ähnliches Konzept zum Glück anders zu sein.
Ich musste sogar beschämt feststellen, dass Dinge, die ich etwas kritisch an meinem Kind sah von dem Erzieher äußerst gelassen und teilweise sogar positiv bewertet wurden. Mir half seine positive Einstellung („die machen schon viel Quatsch und Unsinn und loten Grenzen aus, aber ich mag das wenn Kinder auch mal frech sind und schauen was geht“ ) tatsächlich das selbst gelassener zu sehen wenn mich die Story des nächsten Streichs meiner Tochter und ihrer Freundin erreicht.
Auch sonst geht es in dem Gespräch weniger um das, was sie kann oder nicht kann, sondern eben eher darum wie sie so ist und was sie gern tut und mit wem sie viel spielt etc. Also genau das, worauf du dich bei einem Entwicklungsgespräch freust.
Dafür muss ich morgen glaube ich gleich mal danke sagen, denn bisher war mir nicht bewusst dass so ein Gespräch auch anders laufen kann.
Ich kann dich so gut verstehen! Bei unserem allerersten Einwicklungsgespräch mit fast 4 Jahren wurde uns gesagt, unserem Sohn mangele es an Sozialkompetenz, weil er nicht ständig laut lachen würde, sondern eher grinst. In dem Moment war ich so sprachlos, dass mir erst einmal gar nichts mehr einfiel.
Weiter ging es dann mit diversen anderen Dingen, die er auch nicht konnte, die allerdings von einer Liste für 4-5jährige Kinder stammte – was er zu dem Zeitpunkt ja noch gar nicht war!
Das Thema kann man allerdings auch gut in den Bereich der Unterhaltung zwischen Müttern verschieben. Wie oft dreht es sich auf dem Spielplatz darum, was das eigene Kind schon kann und wie weit es zählen kann oder welches Instrument es schon spielt? Ich finde es furchtbar und frage mich immer wieder, warum auch Mütter sich bei ihren eigenen Kindern darauf einlassen, sie nur auf Fähigkeiten zu reduzieren?
Mein Sohn hatte, bis er etwa 3.5 Jahre alt war, absolut keine Lust auf Zahlen. Er konnte nicht mal bis 10 zählen, während sein knapp 3jähriger Kumpel auf dem Spielplatz beim Schaukeln regelmäßig bis 50 zählen musste. Irgendwann fing meiner dann auch an und zählte praktisch über Nacht ohne zu stocken von 1-10.
Jeder hat seinen eigenen Rhythmus und seine eigene Zeit und ich finde auch, dass sie vor allem in diesem Alter noch nicht in ein Raster gepresst gehören.
Inzwischen hat mein Sohn eine andere Erzieherin, die alles sehr viel lockerer sieht. Das nächste Gespräch steht noch aus – mal schauen, wie es laufen wird.
Zum Glück läuft das im Kindergarten meiner Tochter anders ab. Hier wird nicht bewertet, zumindest nicht bei meinem Kind. Bei Integrativkindern ist das sicherlich etwas anders. Hier machen passende und gut ausgetüftelte Bewertungsbögen sinn.
Unser letztes Entwicklungsgespräch lief so ab:
Wir gingen in den niedlich hergerichtetenTurnraum. In der Mitte stand ein Tisch mit Kerze, Blumen und dem Portfolio meines Kindes.
Die Krippen- und die jetzige Erzieherin waren beide anwesend, da meine Tochter erst die Gruppe gewechselt hatte.
Sie hatten eine kleine Karte vorbereitet. Auf dieser stand der Name meines Kindes. Den Buchstaben waren positive Eigenschaften zugeordnet.
Ich bekam eine Lerngeschichte zu lesen. Das ist etwas ganz tolles! Sehr liebevoll geschrieben, genau beobachtet und voller Wertschätzung und Ausdruck von Stolz über die Leistungen des Kindes. Die Lerngschichte zeigt, wie ernst die Erzieher mein Kind nehmen und wie viel Zeit sie ihm geben.
Dann haben beide Erzieherinnen erzählt, wie sich mein Kind in der Einrichtung verhält, wo sie besondere Fähigkeiten erkennen. Alles sehr positiv. Ich hatte dann die Gelegenheit Fragen zu stellen oder einige Punkte zu kommentieren. Schließlich ist es auch für Erzieher mal interessant zu wissen, wie sich das Kind zu Hause verhält oder ob die Eltern irgendwo Sorgen mit dem Kind haben.
Zum Schluss durfte ich mir noch das Portfolio meines Kindes ansehen und ein kleines Geschenk mit nach Hause nehmen (Eine Karte mit Foto meines Kindes beim Spielen, den Eigenschaften und der Lerngeschichte).
Ich freue mich schon auf das nächste Gespräch. Übrigens auch auf die Elternabende. Denn diese sind auch liebevoll gestaltet, interessant und meist so, dass wir Eltern selbst etwas ausprobieren können.
Alles in Allem haben wir einen Kindergarten, der durchgehend positiv zu bewerten ist. Kinder und Eltern fühlen sich hier gleichermaßen gut aufgehoben.
Hi, habe mit Interesse deinen Beitrag gelesen. Das Berufsbild der Erzieherinnen und Erzieher hat sich über die Jahre hinweg gewandelt (ich bin ein :D) .. es sind Bildungskonzepte der Länder umzusetzen. Daneben vielfältige Beobachtungsbögen auszufüllen, ein Portfolio zu führen und eine Bildungsdokumentation zu schreiben. Das alles findet neben dem normalen Gruppenbetrieb, dem gemeinsamen Spiel, Angeboten und Projekten statt. Längst ist die KiTa eine Bildungseinrichtung, auf die Bedürfnisse von 2- 6 jährige Kinder zugeschnitten (oft auch noch jüngere). Natürlich hast du recht, dass Entwicklungsgespräche positiv gestaltet werden sollten und man als Eltern nicht das Gefühl haben sollte, dass die Defizite des Kindes im Vordergrund stehen. Ein Punktesystem halte ich für unsinnig und belastend. Kinder entwickeln sich nun mal in unterschiedlichen Bereichen unterschiedlich schnell und stark, einmal für sich selbst und auch im Vergleich mit den anderen. Will man dies Eltern transparent machen, kann ich mir durchaus vorstellen, dass es Fachkräfte gibt, die Tabellen oder Punktesysteme benutzen und sich auf diese, doch sehr deutliche Art eine Unterstützung der Eltern wünschen. Längst ist es so, dass viele Eltern den Erziehungsauftrag ihrer Kinder komplett an Einrichtungen abgeben und das ist von uns nicht leistbar. Für alle Beteiligten muss auch immer klar sein, dass die KiTazeit ein Ziel hat: Nämlich ein Kind neben all dem Spiel, den gmeinsamen Erfahrungen, dem sozialen Lernen auch „schulreif“ zu machen. Das schafft man nur gemeinsam!
Ich will es kurz und knapp sagen (aus meiner Sicht natürlich): Kinder müssen nicht gefördert werden, nur geliebt. Und der einzig zulässige Satz bei einem ElternGespräch ist „ich mag ihr Kind, weil…“
Ich kann mich noch gut an regelmäßige defizitorientierte Rückmeldungen beim ersten Kind erinnern (zentrales Thema: „fehlende Selbständigkeit“ was allerdings ehrlicherweise heißen müsste: „fehlendes Funktionieren bei viel zu schlechtem Betreuungsschlüssel“).
Dazu kommt dann bisweilen auch noch eine rechte dünne Beobachtungsbasis, auf der dann solche Aussagen getroffen wurden, in der Kinder im schlimmsten Falle in einmaligen Quasi-Test-Situationen zum Vormachen aufgefordert werden.
Problematisch wirds dann in der Vorschulzeit, wenn bei der Schuleinangsuntersuchung der Sichtweise der pädagogischen Fachkräfte eine gewisse Bedeutung zugesprochen wird und die Sichtweise der Eltern als einzige Laien im Prozess im Zweifelsfall eher nachrangig ist.
Zu den hier schon erwähnten Bildungsplänen und Dokumentationspflichten habe ich erlebt, dass deren Umsetzung doch einer gewissen Beliebigkeit unterliegt. Aber vielleicht trägt der Kita-Streik ja indirekt zu einer Qualitätsdebatte bei, nachdem die Eltern sich wochenlang anhören durften, was da so alles in Kitas geleistet wird und deswegen auf die Idee kommen, in der eigenen Kita mal genauer nachzusehen.
Vor meinem eigenen Erfahrungshintergrund spricht mir der Artikel also sehr aus dem Herzen.
Was sagt uns das am Ende nun?
Wir Eltern haben die Macht. Geht auf die Strasse und fordert das Beste für euer Kind. WAHNWITZIGE BILDUNGSPLÄNE von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich. Wirres abarbeiten von Beobachtung und Dokumentationsinstrumenten auferlegt vom Land. Dies in einem Betreuungsschlüsselrahmen, der es einem Erzieher aus Leidenschaft noch nicht einmal ermöglicht, an einem Tag jedem Kind in dem Maße gerecht zu werden, wie es das Kind benötigt um sich geborgen zu fühlen. Welche Mutter würde sich zutrauen mit einer Gruppe von 21 Kindern, den Zoo zu besuchen? Die Normen finden statt bzw. werden abverlangt , damit man funktionieren kann. Kleinste Kinder müssen selbstständig ihre Kleidung anziehen können, weil sonst ein Zeitrahmen gesprengt werden würde, wenn eine Erzieherin bis ins Vorschulalter alle Kindern beim ankleiden unterstützen müsste. ( nur ein Beispiel)
Für mich herrscht nur ein Mangel in diesem Land. Das ist ein realistischer Blick auf das was ein Kind wirklich braucht um sich adäquat entwickeln zu können. Im Land Brandenburg haben wir in einer Krippe , einen Betreuungsschlüssel von 1 zu 7. In Norwegen ist er 1 zu 2. Wer soll das schaffen??? Und es wird geschafft tagtäglich aber nur weil Eltern und Erzieher die Kinder im erheblichen Maße zur Selbstständigkeit erziehen.
Was denke ich?
Diese Gleichmacherei macht mich wütend und traurig zugleich.
Da mir kein zeitnahes Elterngespräch zugesagt wurde, habe ich die Erzieherinnen bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit kurzum in ein gut halbstündiges Gespräch verwickelt.
Inhaltlich geriet es nahezu zu seinem Entwicklungsgespräch. Was mir dabei auffiel und das bestätigt deine Beobachtungen, liebe Mama notes, es wurde ausschließlich über Mängel gesprochen.
Nach rund 30minütigem Gespräch waren wir fertig und ich sprichwörtlich.
Ich hatte nur noch eine Frage: Kann mein Kind überhaupt irgend etwas? Diese Frage hat die „Erzieherin“ aus der Bahn geworfen.
Sie wusste auf Anhieb keine Antwort.
Nicht, weil mein Kind dumm und unbegabt wäre. Es hat definitiv Stärken. Leider kennen sie die Erzieherinnen nicht.
Nein, ihre Programmierung der Damen läuft nach einem Schema, dass diese Frage nicht vorsieht.
Das Schema „was kann das Kind“ oder „welche Stärken sind vorhanden und sollten gefördert werden“ verursacht Verwirrung und Planlosigkeit. Es wird ausschließlich in „Mangel im Vergleich zu 100% Schema F, X, Y, Z“ gedacht.
Ein weiterer wichtiger Inhalt des „Erziehungsauftrags“ scheint tatsächlich die Angst zu sein:
Bei Ihrem Kind besteht ein Mangel hier und hier und da und man sollte und müsste, sonst wird..und dann…Das möchten Sie doch nicht, oder? Das begleitet Ihr Kind das ganze Leben. (derartige Sprüche kennt man sonst nur von Versicherungsvertretern)
Diese Methoden und die Erfüllungsgehilfen namens Erzieher/-innen begleiten meiner Meinung nach nicht nur das Kind das ganze Leben lang.
Klappe die Erste und Zeitreise ein Jahr zurück: Gespräch mit den Erzieherinnen über die Einrichtung des Kindergartens. Bücher sind vorhanden, werden aber im Schrank eingeschlossen, da „die Kinder sonst die Bücher kaputt machen“. …glücklicherweise sind noch Spielsachen da, die Kinder könnten ja…
Klappe die Zweite und wieder zurück ins Hier und Heute: Nach EINEM Jahr haben die ELTERN (mit freundlicher Unterstützung des Trägers) es geschafft, dass die Bücher wieder ihrer Bestimmung zugeführt werden, aus dem Schrank genommen werden und ein Lesesofa angeschafft wurde.
Dies nur zum Thema „Rahmenbedingungen schaffen“.
Die Damen und Herren sollen nicht nur fordern, sie sollen den Rahmen schaffen, um fördern zu können.
Förderung der Stärken der Kinder.
Sollen die Kinder doch introvertiert, extrovertiert, langsam, schnell, sprach begabt, schriftbegabt, perfektionistisch, sportlich, künstlerisch begabt, lebhaft, hilfsbereit, kreativ oder was auch immer sein.
Jeder ist einzigartig und wird später in seiner Einzigartigkeit gebraucht werden. Wer möchte denn schon, dass alle gleich sind?
Ich bin entsetzt! Die Kinder werden in der Kita mit Punkten beWERTET? Bewertung und Bildung gehören nicht zwangsweise zusammen. Auch meine Tochter war nach dem Wechsel von der Krabbel- zur Kindergartengruppe sehr schüchtern, mochte in der Morgenrunde nichts sagen. Alles andere lief super. Natürlich wurde darüber gesprochen, aber eher in die Richtung: Wie können wir ihr helfen, damit sie sich in solchen Situationen wohler fühlt? Es wäre mein Wunsch, wenn es nicht nur in eurer Kita, sondern in auch in viel mehr Schulen ähnlich laufen würde und es viel mehr verbale Lernentwicklungsberichte mit Hilfestellungen geben würde.
Jaaaa! Ja! Ja! Ja! Ich WÜNSCHTE mir, dass die Eltern das endlich auch mal in der Kita so deutlich anbringen.
Ich selber habe einige Jahre in einer Kita gearbeitet (als Therapeutin in einer integrativen Kita), bevor ich mich vor 4 Jahren in die Elternzeit verabschiedet habe. Ich dachte damals noch, dass das ein Problem der integrativen/heilpädagogischen Kitas ist, denn dort ist man ja tatsächlich mit einigen Defiziten konfrontiert (und ja, das darf man durchaus sagen, denn sonst wären ja wir Therapeuten dort nicht tätig). Doch dadurch entstand m.E. ein absolut defizitorientierter Blick auf ALLE Kinder. Jahrelang habe ich versucht, dem entgegenzuwirken… aber das war gar nicht so einfach.
Und dann wurde ich selber Mama und 2,5 Jahre später sitze ich zum ersten Mal im Entwicklungsgespräch in der REGELKita meiner Tochter und merke: Es ist überall so. Meine Tochter spricht beispielsweise wie ein kleiner Einstein, bewegt sich dafür wie ein Walross. Und die kommen mir mit dem „Ergebnis nach den Beobachtungswochen“: Laut Sprachstandüberprüfung ist sie sprachlich ganz gut entwickelt. Achso. Ja. Gut, dass ihr da eure Bögen habt. Das wäre vermutlich sonst nie aufgefallen, dass dieses Kind gut spricht. Ich war sauer. Denn mein Kind ist toll. Ich habe das Gespräch dann auch abgekürzt und gefragt: was macht sie gern? Was kann sie gut? Gibt es Bereiche, in denen ich mir Sorgen machen muss? Danke tschüss.
Nur leider wird es so weiter gehen, Kita, Schule,… man kann die Kinder kaum davor beschützen. Und mit Knirps 2 erlebe ich es ja auch in den Krabbelgruppen gerade wieder. Wird vermutlich auch nicht mehr lange dauern, dann gibt es vorgedruckte Oje ich wachse Listen, auf denen man dann Punkte vergeben kann. Und meine kleine Robbe kriegt dann mit 10 Monaten offiziell null Punkte im Krabbeln. Na sowas. Ein bisschen mehr Renz-Polster und Pikler täte manchen mal gut…