Heute am 8. März ist der internationale Frauentag. Ich erzähle Euch, wie ich den Tag des Generalstreiks der Frauen verbringe, was ich tue und was sonst noch so los ist.
Dieser Text ist zweigeteilet. Im oberen Abschnitt muss ich ein paar Gedanken zum Frauentag, zum Generalstreik und zur Solidarität loswerden. Im Unteren Teil ab „Mein Frauenleben am Frauentag: 8. März 2017“ erzähle ich von meinem Tag und wie Protest, Arbeit, Streik oder nicht und Vereinbarkeit bei uns so läuft.
In diesem Jahr findet am Frauentag ein internationaler Generalstreik der Frauen unter dem Motto und mit dem Hashtag #DayWithoutAWoman bzw #meinTagohnemich statt. Anstatt zu arbeiten, wollen Frauen überall auf der Welt die Straße gehen, sichtbar werden und protestieren gegen Diskriminierung und für Frauenrechte.
Ich beteilige mich an der Blogparade des feministischen Netzwerks und blogge über meinen Tag mit oder ohne Streik.
Viele Aktionen, die in Deutschland am Frauenkampftag stattfinden, findest du hier.
Warum der Generalstreik der Frauen wichtig ist
Der Generalstreik der Frauen soll deutlich machen, wie viel Frauen leisten. Insbesondere die private Care-Arbeit fällt darunter, die immer noch zum Großteil von Frauen übernommen wird. Es geht auch um gleichberechtigten Lohn. In Deutschland verdienen Frauen immer noch rund 16,7% weniger als Männer in der gleichen Position. Es geht außerdem um gleiche Bildungschancen, um gleiche medizinische Versorgung überall auf der Welt. Obwohl Frauen über die Hälfte der Weltbevölkerung ausmachen, leben sie immer noch nicht wirklich gleichberechtigt. Auch nicht in den fortschrittlicheren Industrienationen.
Egal ob man persönlich von struktureller Benachteiligung betroffen ist oder nicht. Es gibt jede Menge Frauen, die noch nicht gleichberechtigt leben, auch hier bei uns: die Putzhilfe, die Rentnerin, Frauen, die neben dem Beruf kranke oder alte Familienangehörige pflegen, die alleinerziehende Mutter, die Frau ohne Schulabschluss,, die Frau mit einem gewalttätigen Mann…
Es geht nicht um Dich. Es geht um die alle Frauen, die noch nicht so gleichberechtigt leben können, wie Du. Es geht nicht um Deine individuelle Situation, nicht um Deine Filterbubble. Sondern es geht darum, gemeinsam solidarisch zu sein.
Welche Frau heute bereits gleichberechtigt lebt, weiß, dass zahlreiche Frauen für das Frauenwahlrecht, das Recht auf freie Wahl des Arbeitsplatzes und viele weitere Errungenschaften auf die Straße gegangen sind, noch bevor sie geboren wurde.
Frauen können andere Frauen, ihre Töchter, ihre Freundinnen und Nachbarinnen, die nicht so privilegiert sind, unterstützen. Eine Reihe von Dingen, die man tun kann, ganz grundsätzlich, findest Du hier.
Was Du tun kannst, wenn Du am Generalstreik nicht teilnehmen kannst
1. Trage Rot
Am 8. März 2017 soll die Farbe rot die Solidarität mit den Frauen zeigen, die streiken gehen.
2. Zeige deine Unterstützung öffentlich
Bist Du auf sozialen Netzwerken unterwegs? Dann ändere Dein Profilbild in eins, dass Dich in roter Kleidung oder die Farbe rot zeigt. Erkläre im Post Deine Solidarität und ergänze mit den Hashtags #womensday und/oder #Frauentag.
3. Vermeide Shopping am 8. März
Konsumboykott, so alt, so einfach.
Mein Tag ohne mich. Oder: Empört Euch, egal wann
Im Laufe des Tages werde ich meinen Frauentag hier verbloggen. Ich werde erzähle und teilweise in Fotos zeigen, was ich tue, warum ich nicht streike, was ich stattdessen mache, wer die Kinder betreut und was der Mann eigentlich damit zu tun hat. Auf Instagram, Twitter und Facebook könnt Ihr meinen Tag auch verfolgen, wenn Ihr Lust habt.
Ich werde nicht streiken, denn ich bin selbständig. In Teilzeit und habe für meinen Beruf und das Geldverdienen nur wenige Stunden am Tag Zeit. Ich schneide mir ins eigene Fleisch, wenn ich heute meine Kund_innen nicht bediene oder keine Rechnungen schreibe.
Es ist ein bisschen wie „Empört Euch!“ – „Ja. Aber wann?!“ Wir sind gefangen in unserem Alltag, unseren Jobs, oft ohne nennenswerte Absicherung, in unserer Angst vor dem sozialen Abstieg, dem sozialen Versagen, unseren Kindern nichts bieten zu können. Das gilt übrigens auch für eine nicht geringe Zahl an gut ausgebildeten Akademier_innen.
Mein Frauenleben am Frauentag: 8. März 2017
Morgens:
Der Wecker klingelt und die Kinder kommen in unser Schlafzimmer. Der Mann ist von der Geschäftsreise zurück und verteilt erstmal das Nougat mit dem Ulmer Spatzen drauf. Gesunde Ernährung können wir, sind ja Nüsse drin, nech?
Der wahre Streik liegt in der Macht eines 5jährigen, der sich nicht anziehen will, dann seine Unterhose nicht findet und seine Socken nicht schön genug findet. Frühstück findet heute in Kita bzw. Schule statt. Irgendwann ist die Meute endlich aus dem Haus. Der Mann bringt die Kinder morgens immer.
Vormittag: Online Diskussionen. Sollten Mütter streiken?
Ich setze mich an mein Social Media und finde sogleich eine kleine Diskussion vor. Warum streiken und wie bitteschön soll das für Mütter gehen? Die Kinder einfach mal nicht versorgen oder was? Der berechtigte Kritikpunkt ist, dass Hilfebedürftige wie eben Kinder oder Familienangehörige, die gepflegt werden, nicht plötzlich links liegen gelassen werden können. Eine Oma oder Babysitterin zu engagieren ist auch nur, seine Freiheit auf dem Rücken einer anderen Frau zu leben, bringt gerade zum Generalstreik der Frauen nichts. Das sehe ich ein.
Ein Streik tut in jeder Branche weh. Er soll etwas verdeutlichen. Die Idee des Generalstreiks der Frauen ist für mich aber: die Männer in die Pflicht zu nehmen. Ähnlich wie beim Streik der Isländerinnen 1975 als das halbe Land wortwörtlich lahm lag, mussten die Männer die Kinder versorgen. Das hat politisch dort so viel bewegt und heute ist Island eines der gleichberechtigsten Länder der Welt. Nachlesen könnt Ihr das hier: der Aufstand der Frauen.
#IWD2017: Es ist unfair, dass Frauen weniger verdienen als Männer. RT, wenn du das auch so siehst! pic.twitter.com/mwUGzF2pb6
— Europaparlament (@Europarl_DE) 7. März 2017
Noch arbeite ich. So sieht das ungefähr aus.
Mittagessen: Es gibt Butterbrote
Nachmittags:
Ich arbeite bis 15.30 Uhr, um 17 Uhr findet in Düsseldorf eine Demo statt, zu der ich gehe. Um 16 Uhr hole ich dann die Kinder von Schule und Kita.
Um kurz vor 17 Uhr kommt der Mann heute nach Hause. Normalerweise kommt er zwischen 19-20 Uhr nach Hause und bringt dann die Kinder ins Bett. Heute soll er sie am Nachmittag betreuen und ist auch für das Erstellen des Abenbrotes zuständig.
Mütter-Solidarität
Die Schwägerin ruft im Laufe des Vormittags an, sie muss mit ihrem jüngsten spontan zum Arzt. Nichts ernstes, aber es muss, Ob ich ihre Große mit von der Schule abholen und zu Hause mit meinen Kindern spielen lassen kann? Klar, kann ich. Wir helfen uns gegenseitig und letztens waren meine Kinder ständig bei ihr. Ich bin dran. Bei dem strömenden Regen lasse ich die Kinder auch lieber zu Hause und gehe alleine zur Demo.
Da muss der Mann heute spontan mit 3 Kindern klar kommen. Das ist für ihn nicht das erste Mal.
Auf der Demo
Leicht verspätet komme ich auf der Demo an. Ich hab den Mann noch Einkaufen geschickt, weil ich nicht dazu gekommen bin. Darum kam er etwas verspätet.
„Wir sind gemeinsam stark“. Die Demo zum Frauenkampftag in Düsseldorf ist klein aber fein. Trotz Regen ziehen hier rund 150 Menschen mit Polizeieskorte über die Kö bis zum Landtag. Kleiner als in Hamburg oder Berlin, aber wir sind hier!
Abends:
Nach einer kleinen Irrfahrt mit den Öffis durch Düsseldorf komme ich zu Hause an. Das Abendessen ist schon fast zu Ende, die Kinder beginnen langsam ihr abendliches Durchdrehen. Der Mann übernimmt die Schicht im Badezimmer und ich räume den Tisch ab.
Fazit Weltfrauentag – Ein Tag ohne mich
Der Tag war heute ein Tag mit mir, weil ich die Kinder morgens mit dem Mann gemeinsam für Schule und Kita fertig gemacht habe und sie nachmittags abgeholt habe. Außerdem habe ich gearbeitet.
Als Selbständige kann ich nicht auf einen Arbeitstag und somit auf das Honorar verzichten, der Mann als vollzeit Selbständiger ebensowenig. Ein Streik würde uns vorallem selbst treffen.
Für die Demo ist der Mann extra früher nach Hause gekommen. Die paar Nachmittags- und Abendstunden ist der Mann natürlich problemlos zurecht gekommen. Allerdings musste ich ihm mitteilen, dass wir ein paar Lebensmittel brauchen, die er bitte kaufen sollte und ich habe die Organisation mit Besuchskind etc. übernommen. Das ist Teil meines Jobs, das liegt ganz klassisch bei mir. Ich bin die, die nachmittags immer da ist und somit für die Sozialkontakte der Kinder und der Eltern ihrer Freunde zuständig ist.
Der Mann hatte mir auch angeboten, komplett streiken zu können. Dann hätte er komplett gemacht, in der Schulzeit von zu Hause aus gearbeitet und dann die Nachmittags- und Abendschicht von mir übernommen. Da kein Kundentermin an stand (er ist ebenfalls selbständig) wäre das möglich gewesen. Da ich aber keine weiteren Termine hatte und die Demo erst ab 17 Uhr angesetzt war, habe ich darauf verzichtet.
Chaos würde nicht mehr ausbrechen, wenn ich streiken würde. Auch nicht langfristig. Vermutlich würden die Kinder nicht ganz so gesund essen, aber vielleicht stimmt das nicht. Der Mann protestiert und sagt, er macht abends immer immer Rohkost. Also gut.
Der Mann und ich haben die Aufgaben geteilt und auch wenn es an manchen kleinen Stellschrauben hakt, Familienarbeit könnte er auch. Aber. Als alleinerziehender Mann ginge es ihm genauso bescheiden, wie alleinerziehenden Müttern auch. Es fehlte das Gehalt seines Vollzeitjobs, es fehlte mein Gehalt. Es fehlte an Lasten- und Verantwortlichkeitsverteilung.
Was hat mir der Tag gebracht? Was hat mir die Demo gebracht?
Es hat sichtbar gemacht, was Frauen leisten, welche Stellschrauben und Verpflichtungen sie haben. Es hat eine Diskussion um Verantwortung, Care-Arbeit und Honorierung sichtbar gemacht. Es hat sichtbar gemacht, wie schwer sich Frauen von ihren Pflichten lösen und wie abhängig die Familien, die Unternehmen und die Wirtschaft von der unbezahlten Care- Arbeit der Frauen sind.
Die Demo hat Mut gemacht, Solidarität gezeigt. Wir sind hier. Wir sind laut. Nicht nur am 8. März. Für Frauenrechte, gegen Geschlechter- und Genderdiskriminerung und für das stark machen von Mädchen und Frauen können wir uns jeden Tag einsetzen.
Empört Euch, egal wann.