Mutter mit Handy. Ja, gehts noch? – Klar, geht es. Ich habe mein Handy immer dabei. Auf dem Spielplatz, in der Kita, im Spielcafé, zu Hause. Und meine Kinder sind auch immer mit mir.
Mal spreche ich mit meinen Kindern und schaue sie an. Mal spreche ich ins Smartphone oder schaue es an, weil ich etwas lese. Ich muß mich nicht verteidigen. Was ich tue, ist nicht falsch. Mein Smartphone nutze ich bewußt, für mich, für meinen Kopf, für mein Herz, mein Lachen – für Teile meines Lebens. Weil: Ein Handy ist ein Kommunikationsgerät. Und Kommunikation brauchen nicht nur meine Kinder, sondern auch ich. Mein Handy gibt mir Zeit für mich. Denn ich brauche Kommunikation mit meinen Kindern und mit Erwachsenen, sonst gehe ich kaputt.
Für das Kind da sein heißt nicht non-stop da sein
Die Stadt Frankfurt beispielsweise und viele andere Menschen auch, sehen das sehr anders. Sie plädieren für ein Handyverbot für Eltern, oder netter ausgedrückt, „dass die Eltern ihren Handygebrauch überdenken“ sollten. Sie finden, eine Mutter, oder auch der Vater, habe da zu sein für ihr Kind. „Da sein“ bedeutet dann anscheinend gleichviel wie „immer und überall dabei, zugänglich, ansprechbar und zur ständigen Verfügung der Kinder“.
Ich bin mit dem ersteren (immer und überall) sowie dem letzteren (zur ständigen Verfügung der Kinder) nicht einverstanden. Wenn ich meine Kinder aus der Kita abhole, komme ich vom Büro. Manchmal erwarte ich noch Mails, die ich gerne schnell beantworten möchte. Oder ich möchte mich mit einer anderen Mutter und ihren Kindern verabreden, damit diese einen schönen Spielnachmittag haben. Oder ich verabrede mich mit den Großeltern für das Wochenende. Oder ich mache Fotos.
Manchmal schon unterwegs mit den Kindern, manchmal erst auf dem Spielplatz oder zu Hause, greife ich zum Handy und tue, was ich tun muss. Ich habe den Eindruck, gerade weil man nicht sieht, was die Person am Handy tut, weil es ein Stück privater ist als Zeitung zu lesen, mit einer anwesenden Person zu sprechen oder zu essen, stört es schneller. Ein guter Text dazu ist auch: „An die Mutter, die auf dem Spielplatz in ihr iPhone starrt“.
Wie Jesper Juul, mein persönlicher Lieblingspädagoge auch sagt, Kinder brauchen nicht nonstop die ungeteilte Aufmerksamkeit ihrer Eltern. Es reicht, wenn wir da und ansprechbar sind. Wir müssen nicht immer direkt daneben stehen, hinterherlaufen, die Kinder fixieren und beobachten, um jeden Moment aufspringen zu können. Das gilt auch für Kinder, die vorher in der Kita betreut wurden. Es ist nicht Quality Time, von den Eltern nachmittags stundenlang fixiert und bespielt zu werden.
Eltern mit Handy – dürfen die das?
Eltern dürfen sich unterhalten, sie dürfen arbeiten, lesen, oder essen. Whatever. Was würde es aus Kinder machen, wenn die betreuende Person immer sofort nur für das Kind da wäre und sich niemals um sich kümmern würde? Was würde damit vermittelt? Lernen Kinder so, Respekt vor sich und vor anderen zu haben? Meine Meinung: nein, lernen sie so nicht. Welche unrealistische Welt wäre das? Und welch frauenfeindliche Welt, da Mütter die meiste Betreuungsarbeit leisten. Haben Mütter gar keine Rechte?
Ja, Kinder haben Rechte. Selbstverständlich, und sie sind sehr wichtig. Kinder haben zB. das Recht ernst genommen und geliebt zu werden. Das Recht, sie als eigenständige Persönlichkeiten wahrzunehmen und zwar vom ersten Tag an. Sie brauchen noch viel Hilfe und Aufmerksamkeit und die sollen sie auch bekommen. Sie wollen mit ihren Eltern gemeinsame Zeit verbringen, ungeteilte Aufmerksamkeit erhalten, mit ihnen spielen, essen, leben. Und altersgemäß muß das alles nicht immer, fortlaufend oder sofort sein, nicht nonstop. Kein Elternteil muß laufend auf „hab Acht-Stellung“ sein oder immer mit dem Kind spielen.
Kommunikation und wie das „früher“ war
Warum fühlt es sich für viele nicht richtig an, sich mit ihrem Handy zu beschäftigen? Wäre das bei einem Buch, einer Zeitung oder im Gespräch mit einem anderen Menschen anders? Vermutlich ja. Die Skepsis ist groß gegenüber dem modernen Kommunikationsgerät. Denkt Euch das Handy weg. Seht einfach zwei oder mehrere Menschen im Gespräch. Dürfen Eltern sich unterhalten, während ihre Kinder dabei sind? Ja. Auch jeden Tag. Eltern sind Menschen.
Das so genannte Früher war wohl eher so: Entweder hatten die Eltern auf dem Land zu tun, in der Werkstatt oder sonstwo. Und die Kinder spielten irgendwo draußen. Wollten sie Hilfe von einem Erwachsenen, oder einem älteren Kind, mußten sie zuerst zu dieser Person hingehen, ihr Bedürfnis artikulieren und sicherlich sehr oft auch warten, bis die Person Zeit hatte. Ich glaube, dass das zum Erlernen von respektvoller Kommunikation dazu gehört.
Was war denn, als es noch keine Handys gab?
War die Welt da anders und besser? War dieses andere Früher nicht die Zeit, als es noch mehr Nachbarschaft gab und mehr Kinder? Könnte also früher die nicht erwerbstätig arbeitende Mutter mit 1. Hausarbeit, 2. Kochen, 3. im Gespräch mit der/dem Nachbar*in beschäftigt gewesen sein, während die Kinder in Haus, Hof und auf der Straße spielten? „MAAMAAA, guck mal!“ hat es auch früher geklungen. Dann hat sich die Mutter vielleicht von Hausarbeit-Kochen-Schwätzchen erhoben, zum Fenster runter geschaut und gewunken. Und sich dann umgedreht und weiter gemacht. Ungefähr so wie im Stern: „Papa, Papa, guck mal!“, ruft das kleine Mädchen auf dem Spielplatz. Der Vater lacht, winkt kurz, telefoniert aber weiter.“
Nicht jedesmal müssen Mütter oder Väter das verlassen, was sie gerade Tun und zu ihrem Kind hingehen uns schauen. Nicht jedesmal, aber eben manchmal. Wie es ebenso kommt, das Leben, die Gespräche, das dazu passende Alter der Kinder. Dass Eltern zwischendurch beschäftigt sind, arbeiten, ein Schwätzchen halten, lesen, essen, aufs Klo müssen – einfach gerade keine Zeit haben – das gehört dazu. Was der Stern so paternalistisch beschreibt: „Immer mehr Eltern sind ständig mit dem Smartphone zugange – ohne Rücksicht auf ihre Kinder. Die Stadt Frankfurt will deshalb Mütter und Väter dazu bringen, über die Handynutzung nachzudenken“. Das ist Elternbashing.
Elternbashing in einer kinderundfreundlichen Gesellschaft
Gleichzeitig leben wir in einer Gesellschaft, die zu einem großen Teil nicht einverstanden ist mit der ach so verständnisvollen Erziehung vieler Eltern. Eltern, die ihren Kindern Entscheidungen zugestehen, Freiheiten, eigenes Risiko, eine kindgerächte Lautstärke und Raum in der Öffentlichkeit. Eltern, die Kinder tragen, nicht schreien lassen wollen und lange stillen. Das alles verwöhne die Kinder und später werden es Tyrannen, befürchten viele und ich zitiere hier so halb ein Buch, das ich jetzt nicht verlinke. Für mich sind das Einstellungen zu Kindern und zum Leben, die nicht besonders viel Freiheit, Freiraum und Respekt zulassen. Das scheint mir aus der Klamottenkiste von „Kinder haben ruhig zu sein und zu gehorchen“. Darum sollen die Eltern sich bitte nonstop um den Nachwuchs kümmern, sonst wird es zu laut und für die Erwachsenenwelt zu anstrengend. Kann ja schließlich nicht überall stattfinden, dieses Leben. – So ist meine Vermutung.
Das Neue und das Fremde
Die neue Technik ist neu. Also fremd. Und alles Neue und Fremde muß erst mal beobachtet, beurteilt und Langzeitfolgen abgeschätzt werden können, bevor sich die Meisten damit wohlfühlen können. Das Neue muss erst in den kulturellen Habitus übergehen, damit es nicht mehr so furchbar fremd und angsteinflößend ist. Und dann werden wir alle merken: Ach, das Handy ist ein Kommunikationsgerät, ach die Erde ist eine Kugel, ach es gibt Bücher und die können gedruckt und vervielfältigt werden, ach, Frauen dürfen auch wählen gehen.
Nein, ernst nehmen kann ich solche Kritik nicht. Ich bin gerne die Mutter, die in ihr Handy starrt.
Weitere Texte und Meinungen zum Thema Handygebrauch findet Ihr auch bei Mamaskind.
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Ein großartiger Beitrag! Elternbashing trifft es ganz gut und ich fühle mich betroffen: ich sehe mich selbst von der Außenwelt unter Druck gesetzt. „Mütter müssen sich vollkommen um die Kinder kümmern.“
Du hast recht, das müssen sie nicht. Danke für deine offenen Worte. Es ist sicher noch mehr Aufklärungsarbeit nötig, damit man eben nicht diese Gefühl hat, schlecht für sein Kind zu sein.
Frankfurt hilft da nicht weiter.
Viele Grüße
Sarah
Danke Dir. Und ja, da trafen Deine Blogparade und die Plakataktion ziemlich „passend“ aufeinander. :)
Danke.
Ein schöner kontroverser Text und ja, ich stimme dir zu, dass ein „Elternhandyverbot“ absoluter … ist.
Aber ich finde, es sollte doch Zeiten geben, wo dass Handy nicht ständig in der Nähe sein sollte. Bei uns ist dass beim Essen und eben, wenn es 1-2 Stunden Spielzeit mit allen Dreien gibt.
Klar, müssen wir nicht ständig und immerzu für unsere Kinder da sein, dann würden sie ja auch nie lernen sich allein zu beschäftigen oder auch mal Langeweile auszuhalten.
Ich versuche also den Mittelweg zu gehen, Smartphone ja, aber zu seiner Zeit – und wenn es die auf dem Spielplatz ist ;-)
Liebe Grüße
Stephi
Natürlich. Ich sprach im Text ja auch von den Kinderrechten, dabei erwähnte ich auch mit ihnen spielen, ungeteilte Aufmerksamkeit. Aber eben nicht non-stop. Ist daher für mich kein Widerspruch. :)
Toller Text! Verstehe die Gegensätze auch nicht: man solle den Kindern mehr Freiräume geben, damit sie sich zu selbstständigen und verständnisvollen Individuen entwickeln und sich gleichzeitig voll und ganz und permanent auf sie konzentrieren?
Die ansonsten Stille Leserin
Vielen Dank für diesen tollen Text! Wir Eltern/ Mütter können es doch sowieso niemandem Recht machen. Beschäftigen und bespaßen wir Nonsstopp unsere Kinder, werden wir in die Schublade „Helikopter“ verfrachtet, lassen wir unsere Kinder über den Spielplatz toben während wir uns in einen Artikel auf dem Smartphone vertiefen, sind wir unaufmerksam und selbstsüchtig. Wir haben ein Recht auf Unterhaltung, Kommunikation und Interaktion. Ich fühle mich ohne mein Smartphone nur wie ein halber Mensch und das ist auch völlig in Ordnung so. Meine Kinder bekommen Aufmerksamkeit und die Erfüllung ihrer Bedürfnisse. Ich aber auch. Und ich sehr absolut nicht, wieso ich mich deshalb schlecht fühlen sollte.
Danke!
(Der Vater, der aufs Handy starrt!). Geschrieben vom Smartphone (ok, stimmt nicht, hätte aber sein können ;) )
Danke!
Ich staune schon sehr, wie man vom äußeren Eindruck direkt darauf schließt, dass das jeweilige Elter sich nicht ausreichend ums Kind kümmern würde.
In einer Zeit, wo von den Eltern erwartet wird, immer und überall erreichbar zu sein für jedermann………
In einer Zeit, wo von den Eltern erwartet wird, alles „gebacken“ zu bekommen (Haushalt, Beruf, Kindererziehung, Pflege der eigenen Eltern usw. usf.)…………..
In solch einer Zeit wird Eltern dann noch die Chance genommen, etwas zu entspannen.
Und ja, es ist auch notwendig, dass die Eltern in einem streng getackteten Tagesablauf sich etwas freie Zeit nehmen.
Und mal ehrlich, die Eltern gehen ja zumindest mit auf den Spielplatz, sind in Rufweite, stehen bestimmt sofort parat. Die Kinder sind nicht allein. Die Eltern kommen vielleicht gerade vom Job oder hatten anstrengende Termine und nun gönnen auch diese sich ihre „freie“ Zeit und entspannen etwas, bevor es weiter geht im Takt.
Danke für den tollen, wahren Text!
Ich sehe das ganz genauso. Ich bin für mein Kind da – natürlich – aber eben nicht so, wie es in dem Artikel gefordert wird. Mein Kind kann durchaus auch alleine spielen, ich muss es nicht „anstarren“, kann ja auch was anderes machen, während es beschäftigt ist. Früher hab ich im Buch gelesen, heute ist es dann mal das Smartphone.
Na klar gibt es handyfreie Zeit. Zu den Mahlzeiten, beim gemeinsamen Spielen, Vorlesen oder Zubettbringen o.Ä., aber ich würde gerne auch Mensch bleiben und nicht immer nur als Mutter wahrgenommen werden. Hmpf.
Danke, danke, danke! Stimme Dir voll zu!
Sehr schöner Beitrag – vielen Dank dafür!
Jemand, der kritisiert, dass eine Mutter (oder auch ein Vater) nicht bei jedem „Guck mal!“ seine Aufmerksamkeit sofort von dem losreißtm was ihn gerade beschäftigt und mit. Vollblut bei der Sache ist, die das Kind zeigen will, hat entweder keine oder zu wenige. Kinder :D
Wenn ich das so handhaben würde, dann käme ich als vierfache Mutter niemals mit meinen Tagesaufgaben vorwärts. Und auch, als ich zwei Kinder hatte, haben die beiden gerne meine Aufmerksamkeit gefordert. Oder sich ihrer versichert. Gern spielten sie eine Stunde oder länger innig. Hob ich aber das Telefon ab oder schloss die Badezimmertür hinter mir, dann klebten sie an mir und riefen mich. Oftmals geht es Kindern um eine Versicherung der Aufmerksamkeit. Ebenso wie sie ein Bild schnell an den nächstbesten verschenken, weil sie es einfach nicht wegwerfen wollen, so ist das „Mama, guck mal!“ auch keine tiefgreifende Bitte. Sondern der Wunsch, etwas zu zeigen, das ihnen gefällt oder das sie gerade stolz macht. Hinsehen, loben/lächeln, weitermachen ist da meistens in Ordnung.
Ich sehe die Tendenz zur mütterlichen Dauerbereirschaft sehr kritisch. Da wird immer gesagt, dauerhaft in Bereitschaft zu sein und nicht abschalten zuu dürfen, würde zu Krankheiten wie Burnout führen und dann will man es von Müttern verlangen. Ausgerechnet von Müttern, die eh in ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit ohne viel Anerkennung den ganzen Tag durchpowern …
Erwachsene dürfen selbst entscheiden, wie sie ihre Zeit gestalten. Da Mütter sehr fremdbestimmt leben, vor allem wenn die Kinder kleiner sind, finde ich es sehr fragwürdig, da mal wieder mit der altmodischen Moral-Keule zu kommen.
Danke für Deinen Kommentar. Das habe ich mich beim Schreben noch gefragt, ob ich das viele Geschwister-Argument noch anführen sollte. Aber da ich nur zwei Kinder haben, dachte ich, ich bleibe mal bei meinen Leisten. ;) Danke dass Du es noch ergänzt hast.
Und auch: „Da Mütter sehr fremdbestimmt leben“ OH JA! Besonders die mit noch kleinen Kindern.
@ Lareine. Dann hast Du sicher vier psychisch gesunde Kinder. Herzlichen Glückwunsch.
Hallo Sonja,
Stimme Dir vollkommen zu, aber ich bin doch verunsichert:
Was mache ich denn, wenn meine Tochter sich beschwert: „Papa, Du tippst immer nur auf Deinem
Handy ?“
VG
Was wäre denn deine Reaktion auf „Papa, du liest immer nur Zeitung“?
Tja, schwierig so pauschal zu beantworten, es kommt ja auf die Situation an. „Mennooo, immer mußt Du arbeiten“, sagte meine Tochter mir einmal, als sie keine Lust hatte, in den Kindergarten zu gehen. Die Enttäuschung ist aus kindlicher Sicht ja auch verständlich. Manchmal haben wir auch keine Lust zum Arbeiten und müssen, und das Kind hat keine Lust auf den Kindergarten. Ich habe ihr an einem anderen Tag, als ich es einrichten konnte, den Wunsch erfüllt, zu Hause bleiben zu können.
Ähnliches würde ich wohl auch für eine solche Situation mit Zeitung oder Handy empfehlen: Ist es für mich jetzt wichtig, das zu lesen? Brauche ich diese Entspannung gerade für mich, für mehr Energie für die Kinder? Oder kann ich Zeitung oder Handy auch weg legen und mich dem Kind widmen? Ist das Kind vielleicht schon alt genug für einen Kompromiss? „Ich lese noch den Abschnitt zu Ende und dann können wir etwas gemeinsam spielen“.
So in der Art. Am wichtigsten ist: Kinder ernst nehmen, mit ihnen sprechen. Aber ja, man darf auch etwas für sich selbst tun. Ob das nun Kaffee trinken, sich mit anderen Erwachsenen unterhalten, am Handy lesen oder spielen oder Zeitung lesen ist. Das ist austauschbar. Eltern dürfen das. Und Kinder, auch dreijährige schon, können das sehr gut verstehen.
Ich kam vor einiger Zeit zurück aus den USA, hatte vier Stunden Aufenthalt in Amsterdam. Ich setzte mich mit Schlafbrille (ja, hatte ich vorausschauend aus dem Flugzeug mitgenommen) in eine ruhige Ecke des Flughafens, wollte nach dem langen Flug etwas ausruhen. Kurz vor dem wegduseln hörte ich hinter mir Kindergeschrei. Ok, völlig normal auf einem Flughafen. Nur hörte es nicht auf. Das Kind schrie wie am Spieß. nach gefühlten zwei Stunden nahm ich die Schlafbrille ab und drehte mich um. War ein Kind in Not?
Vier Reihen hinter mir saß eine Frau mit zwei Kindern. Ein Baby auf dem Arm, ein Kleinkind, was an ihr zog und schrie. Sie schaute in ihr Handy. Immerhin wusste ich nun, dass kein Kind in Not war, versuchte weiter zu duseln.
Das Kind schrie lauter. Und lauter, und lauter. Irgendwann schrieen beide Kinder wie am Spieß.
Ich nahm die Brille wieder ab, dreht mich um. Das gleiche Bild. Mutter mit Baby auf dem Arm, Handy in der Hand. Das Kleinkind, welches an ihr zerrte war mittlerweile tränenüberströmt.
Ich stand auf, stellte mich vor die Mutter und fragte, ob ich helfen kann. Sie reagierte nicht. Sie sah mich nicht, sie registrierte mich nicht. So, wie sie auch ihre Kinder nicht wahr nahm. Ich machte dann ein Foto mit meinem Handy, auch das nahm sie nicht wahr. Sie war in einer anderen Welt.
Ich fand das furchtbar.
Hallo Susanne,
ja klingt wirklich sehr ungut, diese geschilderte Situation. Vorallem auch über den anscheinden längeren Zeitraum.
Was mich an diesen Einzelfallschilderungen immer stört ist, dass sie eben nicht auf die Allgemeinheit von Handy nutzenden Eltern angewendet werden können. Und daher kann ich sie auch nicht als Gegenargument so richtig verstehen.
Hätte eine offensichtlich so überforderte oder vielleicht sogar weniger verantwortungsbewußte Mutter wie die geschilderte nicht auch ohne Handy Möglichkeiten zum Wegbeamen gefunden? Es ist nicht das Handy, es ist der Mensch, der es nutzt. Mit Musik in den Ohren ginge so ein Ignorieren auch wunderbar. Das soll nicht zynisch klingen. Aber ich glaube, es geht nicht um die Handys.
Ich störe mich an der Verunglimpfung „der Eltern“ (als ob es „die Eltern“ gäbe), wie es die Stadt Frankfurt vornimmt. Eltern die konzentriert am Handy lesen (oder spielen) wären verantwortungslos, unkommunikation, etc. Ich finde, da hat das eine mit dem anderen nicht viel zu tun.
Liebe Sonja,
logo, es ist immer der Mensch, der etwas macht, nicht das Gerät. Und ein generelles Handyverbot für Eltern ist natürlich Kokolores. Ganz klar. Was ich sagen wollte war nur, dass man sich selbst immer auch mal hinterfragen muss.
Geht mir selbst ja nicht anders. Ich ertappe mich auch vor dem IPad oder dem Smartphone und habe gerade etwas überhaupt nicht mitbekommen, was neben mir passierte.
Der Unterschied zum Buch oder zur Zeitung ist für mich aber klar. Ein Buch ist ein Medium, was ich konsumiere, es ist nicht interaktiv. Im Gegensatz zum Smartphone. Dadurch bin ich vom Buch oder der Zeitung leichter abzulenken als von einem Kommentar, den ich gerade schreibe, oder einem Spiel, was ich gerade spiele.
Ist bei mir jedenfalls so, wie es sich für andere anfühlt, kann ich nicht entscheiden.
Liebe Grüße,
Susanne
Hm, also wenn ich ein neues spannendes Buch lese – oft auf Englisch, dann ist die andere Sprache noch eine zusätzliche „Isolationsschicht“ – dann tauche ich so komplett ab, dass man mich gerne mal dreimal ansprechen muss.
Auch mit meinem Zeitungs-Kommentar oben wollte ich mich eher über die moralische Wertung der verschiedenen Verbreitungskanäle lustig machen.
Alle Meinungen haben hier ein wenig recht. Vor allem auch Susannes. Vor allem dass was Du schilderst ist auch der Grund warum Mütter (oder Väter) mit Handy in der Hand einen schlechten Ruf. Genießen. Ich sehe sowas auch leider immer zu oft. Oftmals sind es Mütter die man in diese bestimmte Kategorie Assi stecken kann. Ist leider so. Ganzen Tag zu Hause, kein Geld in den Taschen aber rauchen und das neueste Handy in der Hand und keine Zeit für das Kind.
Daher kommt leider der schlechte Ruf von Eltern mit Handy… dass es auch andere gubt und sogar die Mehrzahl nicht so ist, sehen nun mal viele nicht. Es fallen nun mal genau diese Mütter auf von denen Susanne erzählte.
Ich verdiene meine Geld auch nach der eigentlichen Arbeitszeit noch und dementsprechend werde auch ich win Papa mit Handy in der Hand sein… aber ich werde auch für mein Kind da sein wenn es mich braucht und vor allem wird es auch die besagten Handylosen Zeiten geben. Die müssen einfach dazu gehören.
Genau, Handylose Zeiten gehören zum Leben genauso wie Zeitungslose, Hutlose oder schlaflose… ;) Nur weil viele Menschen Handys nutzen und man gefühlt ständig irgendeine Mutter mit Kindern und Handy in der Hand sieht, heißt das ja nicht, dass die alle immer nie mit ihren Kindern spielen….
So wie Du kann ich das Handy auch sehr gut weg legen und mich mit den Kindern unterhalten, snacken – irgendwas. :)
Hallo!
Ich bin eine neue und begeisterte Leserin deines Blogs. Durch Sweet Lilli und ihren Beitrag zu Müttern mit Handy bin ich auf Deinen Blog aufmerksam geworden und ich kann dem was Du schreibst nur voll und ganz zustimmen.
Auch ich habe mein Smartphone fast ständig dabei, aber im Gegensatz zu der von Susanne beschriebenen Mutter reagiere ich wenn mein Kind etwas von mir will, wenn auch nicht immer sofort. Ohne den Kalender in meinem Smartphone hätte ich außerdem schon längst den Überblick über all die Termine und Wünsche der Kids (Spieldate, Freizeitaktivitäten, Arzt-Termin und Co.) verloren. Trotz der technisierten Welt von heute habe ich genug Zeit für meine Kinder in denen ihnen dann auch meine ungeteilte Aufmerksamkeit gehört.
Danke für Deinen Kommentar und das Kompliment! :) Und ja, da haben wir wohl einiges gemeinsam. Ohne digitalen Kalender, den ich mit dem Mann teile käme ich auch nicht mehr klar. :)
Ich stimme dir voll und ganz zu! Ich bin auch die Mutter die in ihr Handy starrt.
Ja! Du hast so recht! Mit jedem einzelnen Wort. Jede Generation macht es anders und früher war weder alles besser und wahrscheinlich wurden früher die Eltern von älteren Generationen genauso kritisiert. Was schade ist, wir könnten uns bereichern! Was Frankfurt da vor hat, ist unfassbar. Und wieder ein Beispiel, warum es mit dem Kinderkriegen in Deutschland hapert.
Super Gedanken. Der Fortschritt der Technik macht natürlich nicht vor der Kinderstube halt. Man sollte sein Handeln immer reflektieren und mit gutem Beispiel vorangehen. Ja… und das wäre? (K)ein Smartphone, Handy, Tablet, Computer, TV….. Ich denken wie in allen Fällen macht die Dosis das Gift.
Bin noch grün hinter den Ohren und habe erst seit 3 Tagen mich getraut einen eigenen Blog zu gründen. Hoffe auf Eure Unterstützung für mich als Newcomer….;)
Denkanstöße und Blickwinkelperspektiven:
http://mamilig.blogspot.co.at/2015/03/sind-wir-nicht-alle-ein-bisschen-mamilig.html
Das hast Du wirklich toll geschrieben! Ich habe mich auch sehr über diese Kampagne geärgert – und dennoch geht es mir selbst oft so, dass ich ein schlechtes Gewissen habe, wenn ich mit einem Kaffee in der einen und dem Handy in der anderen Hand auf dem Spielplatz sitze und mein Kind einfach alleine spielen lasse.
…Bis ich mir selbst sage, dass es mir doch ganz egal sein kann, was andere eventuell von mir denken und es auch vollkommen ok ist, wenn mein Sohn alleine und zufrieden zu meinen Füßen spielt. Denn eigentlich finde ich es prima, wenn er sich so schön alleine beschäftigen kann (nein, natürlich nicht die ganze Zeit und immer…) und fände es in solchen Situationen Blödsinn, ihn zu „bespaßen“ und ständig um ihn herum zu schweben.
Toller Beitrag!!! Kann ich nur 100% unterschreiben. Ich habe selber die Erfahrung gemacht: bei meinen beiden großen gab es noch keine Smartphones und ich hatte immer ein Buch dabei auf dem Spielplatz. Meine Jungs spielten, ich las und mir begegneten nur freundliche Blicke. Jetzt beim Kleinen hab ich mein Smartphone dabei, immer noch lese ich sehr gerne, nun auf meiner Kindle App auf dem Spielplatz. Nun sieht es so aus. Kind spielt und Mama starrt ins Smartphone, ich mache nichts anderes, wie bei meinen Großen, aber ernte nun meist Kopfschütteln und negative Blicke. Das ist schon echt verrückt.
Lieben Gruß
Lia von elternleicht.de