Über die Erzählungen der anderen Mamas im Mütter-Workshop ist mir wieder einmal aufgefallen, wie viel andere Mütter schon mit ihren 4jährigen Töchtern sprechen. Meine Tochter und ich sprechen auch viel miteinander, klar. Aber wir haben selten diese wunderschönen Gesprächsmomente, die ich mir aber sehr wünsche. Ich habe überlegt, warum das so ist. Warum finden wir so selten zu innigen, ruhigen Momenten zusammen, in denen wir sprechen können? Und warum sprechen wir nicht einfach auch im Trubel, unterwegs, beim Essen, Kochen, im Alltag?
Vielleicht kommt meine Tochter einfach nur auf mich
Meine Tochter war schon immer ein eher introvertiertes Kind, was die Häufigkeit des Sprechens anging oder auch die minimale mimische Kommunikation als Baby. Als Mama habe ich das zunächst nicht wahrgenommen, denn ich konnte jede kleine Regung sehen und deuten. Wenn sie lächelte, wenn sie betrübt schaute oder nachdenklich, müde. Oder beobachtend. Für andere schaute sie immer gleich – oder einfach „ernst“. Interessanterweise hat meine Tochter sehr früh schon sehr gut und auch deutlich gesprochen. Auch das wurde bemerkt, ist also nicht nur auf meinem Mutterstolz begründet.
Meine Mama erzählte mir lachend, als ich sie auf Tochters ernste Mimik ansprach, „Du warst auch so! Gucktest immer so…!“ Zum Beweis schickte mir mein Vater drei Fotos, 2 von mir, 1 von Tochter. Alle Fotos zeigen kleine Mädchen von rund 2 Jahren. Kein Lächeln, alle schauen toternst mit großen, klugen Kulleraugen in die Kamera. Den Gesichtsausdruck kenne ich. Viele Kinder- und Jugendfotos von mir zeigen ihn. Meine Mutter erinnert sich, wie sie meiner Tochter im Kinderwagen bei einem Spaziergang vorsang,. Tochter schaute Oma aufmerksam an, aber total neutral. Kein Lächeln, kein Weinen, kein Knatschen. Keine Müdigkeit. Sie BEOBACHTET. Und wenn sie beobachtet, dann ganz genau. Mich macht sowas stolz, ich liebe sie dafür. Außerdem habe ich beobachtet, wie sie nach ihrem Schauen etwas Neues ausprobiert, etwas, dass sie sich abgeguckt hat.
Übrigens kann meine Tochter eine sehr wilde, laute Spielerin sein. Sie ist, wenn wir zusammen sind, ob zu Hause oder draußen, auch gerne laut. Schreit, spricht extrem laut, singt, kreischt.
Momente für Gespräche
So, nun aber zu meinen Überlegungen. Ein Teil der Gründe, warum wir selten „gute Gespräche“ führen, ist auf Tochters Introvertiertheit zurück zu führen. Sie kann einfach nicht reden und erzählen, wenn wir von der Kita nach Hause gehen, denn dann ist sie müde. Auf dem Spielplatz will sie spielen. Und, jetzt kommt der 2. Grund: Wir haben den kleineren Sohni dabei, der so seine Sachen macht und ablenkt. Obwohl ich ihr beim Spazieren gehen zuhören und sie auch meistens anschauen kann, hindern Sohnis Aktionen sie. Das weiß ich einfach. Vor allem macht Sohni ja auch ständig etwas Aufmerksamstarkes. Stehen bleiben, Autos anschauen, zu schnell fahren oder mit mir reden: „Ein Auto daaa!“, „Ein Hund. Der Hund beißt! Wau!“, „Hunna! Ein Böötssen essen!“ usw. Da muss Tochter natürlich zuhören…
Essen mit Kleinkindern versus Tischgespräch
Zu Hause ist auch entweder Spielen oder Essen angesagt. Beim Essen macht Sohni ebenfalls Aufmerksamkeitsforderndes: Mit dem Essen schmeißen ist vorbei (toi toi toi und dreimal schwarzer Kater), aber bockig werden und mit den Armen fuchteln, das alles umfällt geht immer noch. Und dann natürlich Auseinandersetzungen mit mir. Oder Hilfe benötigen beim Brot schmieren. Oder 1000 Dinge fordern, die ich ihm geben soll. Dann fordert Tochter ebenfalls Aufmerksamkeit und meine Hilfe. Ich versuche seit einiger Zeit, die Abendessen noch besser vorzubereiten und zu Tischgesprächen werden zu lassen. Es hat schon ein paar Mal gut geklappt. Ich muss auch lernen zu sagen, „Nein, das reicht jetzt. Ich hole jetzt nichts mehr, ich schnippele nichts mehr. Jetzt wird gegessen.“
Small Talk sucks!
Was nicht klappt ist über Small Talk mit meiner Tochter ins Gespräch zu kommen. Damit bin ich nicht allein, wie ich weiß. Das klassische zum Gespräch auffordern ist bei kleinen Kindern zum Scheitern verurteilt.
„Na, wie war es im Kindergarten?“ – „Schön.“
„Was habt Ihr denn heute gespielt?“ – „Weiß ich nicht mehr“
„Gar nichts? Hast Du denn nicht etwas gemalt?“- „Ja“.
„Ward Ihr heute draußen zum Spielen?“ „Ja“.
„Und, was hast Du draußen gespielt?“ – Schweigen. Weglaufen.
Meine Pläne: 1. Nicht drängen, aber fördern
Nun will ich ja mein Kind nicht dahin drängen, wenn sie nicht möchte. Aber tut es nicht gut, zu reden und zu erzählen? Ich möchte doch auch Ihr Leben mit ihr teilen. Zeigen, dass ich da bin und zuhöre. Wie kann ich ihr das noch stärker signalisieren? Wenn ich erzähle, was ich gemacht habe, interessiert sie es nicht. Verständlich.
Die Lösung scheint mir zu sein, grundsätzlich mehrmalss Gesprächsbereitschaft zu signalisieren. Wenige Fragen stellen, aber nicht direkt nach der Kita. Selber erzählen und auch Sohni mit ins Gespräch einbeziehen. Vielleicht mit dem Papa ein Ritual ersinnen, in dem wir uns gegenseitig vom Tag erzählen und die Kinder mit einbinden. Morgens im Bett zur Kaffee- und Milchzeit wäre ideal. Aber ich bin ja so ein Morgenmuffel. Also eher abends zu Tisch? Und ich könnte beim Spielen Nachmittags… hm…
2. Neues Abendritual?
Ich nehme es jetzt, da es mir aufgefallen ist, zum Anlass, mehr Gesprächsfördernde Momente zu schaffen. Beim Essen, vor dem Einschlafen. Vielleicht können wir auch das Abendritual verändern? Denn sie bekommt immer nochmal einen Erzähl- und Frageflash, wenn wir Gute Nacht sagen. Wir müssten diesen Part also ausdehnen…
Dabei sind es sonst tagsüber selten die ruhigen Momente, in denen Tochter erzählt. Sie erzählt einfach so zwischendurch: wenn ich schnell noch die Tasche packe, bevor es losgeht, wenn wir Zähne putzen wollen, wenn ich gerade mit jemanden auf der Straße spreche.
3. Was sagt mir das jetzt?
Und was denkt Ihr darüber? Wie macht Ihr das mit Euren vierjährigen? Erzählen die schon viel? Habt Ihr auch kleine Geschwister mit dabei? Oder habt Ihr sogar Ideen für mich?
Bei uns ist es gerne mal so, dass der Sohn am meisten redet, wenn er irgendeine wilde Geschichte erzählt. Was natürlich enorm niedlich ist, aber z.B. mit den wahren Begebenheiten im Kindergarten nichts zu tun hat. Das zu filtern kann auch ganz schön anstrengend sein. ;)
Ansonsten sorgt der Herr schon gerne mal dafür, dass er angehört wird, wenn er das will. „Papa, ich möchte jetzt BITTE mal mit Mama reden!“
Aber grundsätzlich denke ich auch, dass es am sinnigsten ist, das quasi halbwegs organisch wachsen zu lassen: Nachfragen bis zu einem gewissen Grad, aber nicht so, dass sich das Kind bedrängt fühlt. Wir sprechen oft beim Abendbrot über unseren Tag – ich muss mich da aber auch öfter zurücknehmen, damit ich nicht selber alles erzähle, was der Sohn gemacht hat. Wobei, da funktioniert es dann manchmal mit dem Trick, dass der Mann beim Sohn nachfragt, ob das denn stimmt, was ich so erzähle, worauf dann gerne mal eine wortreiche (und gestikulierende!) Antwort kommt.
Lange Rede, kurzer Sinn: Forcieren kann man es eh nicht, und Rituale machen meines Erachtens nur Sinn, wenn man mit ganzem Herzen dabei ist, also: Weitermachen. Antesten, was funktioniert. Und vor allem gucken, was für die Familie und dich selbst passt. Ist ja eh das Wichtigste. ;)
Liebe Natalie,
danke für Deinen ausführlichen Kommentar. Ja, das kenne ich auch, dass Phantasiegeschichten mit Wirklichkeit vermischt werden. Kindergartenalter ist doch das „magic age“ :) Organisch wachsen klingt gut und ist auch das, was ich vorhabe. :)
Liebe Grüße, Mama notes
Liebe Mama notes,
ich habe ja am Freitag viel von unseren tiefsinnigen Gesprächen geschwärmt und fühle mich deshalb von Deinem wunderbaren Post ein bisschen angesprochen.
Ich musste erstmal nachdenken, wie viel wir uns so vor 1 1/2 Jahren unterhalten haben. Ich glaube, das Meiste, kam so in lezzter Zeit. Erst jetzt erfahre ich, was in der Kita so passiert, bekomme mehr Einblick in ihr Gefühlsleben und ihre Wünsche und Träume.
Mit 4 hatten wir wir auch vorwiegend solche Gespräche, in deren Verlauf sie hauptsächlich mit ja und nein antwortete.
Ich kann gar nicht so genau sagen, was diese Entwicklung zur Plaudertasche unterstützt hat. Ich glaube, unser Abendritual hat geholfen. Beim Einschlafkuscheln fragen wir uns gegenseitig: „Was fandest Du heute schön?“, „Was fandest Du heute doof!“. Inzwischen hat sie dazugedichtet „Was fandest Du nervig / lustig / laaangweilig?“ Zuerst wollte sie immer nur mich fragen und sagte selber nur: „Das selbe, wie Du!“ ;) Aber ihre eigenen Gedanken und Geschichten wurden immer mehr.
Und im Moment reden wir am Meisten im Auto ;)
Jeder zu seinen Bedingungen und in seinem Tempo.
Liebste Grüße
Katja
Die tiefgehendesten Gespräche (z.B. dieses hier: http://vomwerdenzumsein.wordpress.com/2013/08/25/mama-wo-war-ich-bevor-ich-in-deinem-bauch-war/ oder auch das hier http://vomwerdenzumsein.wordpress.com/2013/10/31/wenn-kinder-uber-das-sterben-nachdenken-2/) finden bei uns nicht statt, während ich mich in aller Ruhe dem Kind widme. Vor nicht allzu langer Zeit berichtete mir meine Vierjährige von einem sehr gruseligem, mich seit dem verfolgenden Albtraum: am Schuhschrank beim Anziehen für den Kindergarten, ganz nebenbei und zufällig. Also denk dir nix :-)
Ganz liebe Grüße
Tina
Liebe Katja, liebe Tina,
Ihr seid so toll, lieben Dank für Euer Feedback. Es ist richtig, ich schrieb ja auch, dass WENN meine Tochter mir etwas erzählt, dann ist es ziemlich Zwischendruch und auf dem Sprung.
Ja, jeder zu seinen Bedingungen und in seinem Tempo, das sehe ich auch so! <3 Ich spreche ja von Gesprächsbereitschaft signalisieren, nicht aufzwingen. :)
Liebe Grüße, Mama notes
Zoe kommt auch immer zwischendurch mit diesen Themen an. Vollkommen gedankenverloren fällt ihr eine Frage ein, mit der man einen ganzen Philosophenkongress ausfüllen könnte oder die zumindest einiges an Erklärungen erfordert.
Vielleicht nimmst Du Dir einfach eine fester Stunde Zeit nur für Deine Tochter ohne den Kleinen. Wenn Ihr nicht so viel miteinander redet (das hört sich jetzt anders an als es gemeint ist), dann ist das aber auch grundsätzlich nicht schlimm, solange sie vernünftig reden kann.
Hallo Sebastian,
Ja super Idee, das hab ich auch schon überlegt. Danke dafür! :) Das wäre dann am WE möglich, wenn der Papa da ist.
Sie spricht ansonsten sehr gut und auch nicht wenig. Sie erzählt nur eben kaum über sich, ihren Tag oder sowas.
Liebe Grüße!
Vielleicht ist es ihr nicht wichtig, über sich zu erzählen. Kinder leben im Moment. Sie erleben und fertig. Das sind wir Erwachsenen, die da noch drüber reden, es ausbreiten und nachsinnen wollen. Meine Tochter hat mir nie aus ihrem Kindergartenalltag erzählt. Auch später aus der Schule kaum. Sie ist jetzt 11. Seit ein paar Jahren erzählt sie mal was. Aber Kindergarten, das war immer so ihre Welt. Da hatte ich einfach keienn Platz.
Wenn sie reden möchte, dann ergeben sich auch Gespräche. Ich hatte eine Weile mal auch versucht, so Redezeiten zu installieren. Vortm Schlafengehen. Da gibts von Marshall Rosenberg inspiriert so eins chönes Ritual: Am Abend erzählen wir uns, was wir an dem Tag feiern und was wir bedauern. Da fällt uns sicher was schönes und nicht so schönes ein und man konmt ins Gespräch. Wir haben das eine zeitlang gemacht, aber es hat sich nicht etabliert (bei uns!)
Später wollte die Tochter immer mit mir spazierengehen, um zu reden. Oder im Auto sind Gespräche entstanden. Es gibt da wirklich sehr unterschiedliche Typen.
Ich verzweifel‘ jeden Tag an der Aufgabe,meinen 4jährigen Zwillingen (Junge&Mädchen) gerecht zu werden,besonders,was die „wichtigen/tiefgründigen „Gespräche angeht.
Es ist einfach niemals genug Zeit und Ruhe da- zumindest empfinde ich es so.
Meine Wunschvorstellung wäre, regelmäßig für jedes Kind einzeln Zeit zu haben,soviel es braucht…was leider utopisch ist,da ich auch berufstätig bin und mich etwas im Haushalt meiner Eltern einbringe.
Ich bin froh,dass die Kinder “ trotzdem “ glücklich zu sein scheinen… Leider bin ICH nicht glücklich mit der Situation, weil ich irgendwie zu merken glaube,dass sie eigentlich mehr von mir brauchen.
Keine Ahnung,ob ich mich nur selbst (unnötig) unter Druck setze oder ob die Sorgen berechtigt sind…das wird die Zukunft zeigen.⏳