Meine Reihe Blogleseliebe ist aus einer Twitter-Unterhaltung über Kunstblogs entstanden. Und da die meisten meiner Lieblingsblogs eh auf der Blogroll stehen, blieb ich erstmal fern der Elternblogs. Aber so geht das nicht weiter! Bloglesen fing bei mir mit Elternblogs an. Und mit Twitter. Darum stelle ich Euch jetzt meine ersten großen Blog-Lieben vor. (Vorsicht, es sind viele.)
Zuerst war dasnuf. Damals war Blog-Disaspora bei mir, ich las nämlich keine. Ich befand mich im ersten Babyjahr und dasnuf hieß „Peng die Erbse“. Ich googelte Mama Blogs und fand viele Werbeseiten, die ich alle gelangweilt wegklickte. Dann ich fand genau diesen Artikel über grillende Männer und Einkaufszettel. Ich lachte mich schlapp und tat das immer wieder, tagelang. Alle mußten diesen Text lesen, die Freundin, der Mann, die Krabbelgruppenmamas, das Babyforum. Ich las immer mal wieder bei dasnuf, andere Blogs kannte ich nicht und suchte auch nicht weiter danach.
Zwei Jahre später wurde ich jobbedingt Twitterin (damals aber unter anderem Namen) und entdeckte Mama arbeitet und ihr Blog. Ich war beeindruckt, bis heute. Starke Frau, starkes und wichtiges Thema, witzig, nachdenklich, sachlich verpackte Inhalte. Christine von „Mama arbeitet“ ist mutig und macht auf kluge Art sichtbar, was fast immer ein Tabu ist: Armut von Alleinerziehenden. Ihr Blog ist gesellschaftlich relevant! Bloggen ist relevant! Ich las mich durch ihr gesamtes Blog. Bis heute lese ich jeden Text von ihr.
Feminismus und #Aufschrei
Dann kam #aufschrei und ich las an dem Abend auf Twitter wie Anne Wizorek, Nicole von Horst und andere den Hastag erfanden. Vorallem las ich die Tweets der Frauen, von sexuellen Übergriffen, Beleidigungen und die viele Kommentare. Ich war gebannt und geschockt. Ich stieß in den folgenden Tagen auf eine Fülle von Blogs, die in ihren Texten auf Aufschrei und vorallem auf die Tweets, die gesellschaftliche Haltung dahinter und die Tragweite von Sexismus eingingen.
Zu den Blogs, die ich seitdem lese gehören kleinerdrei, Mädchenmannschaft, Aus Liebe zur Freiheit, Frau Dingens. Aber auch persönliche Blogs wie Journelle, Ach komm geh wech und Vorspeisenplatte, die über alles mögliche schrieben, schwabten in meine Blogliste. Mir ist im Zusammenhang mit Aufschrei und Kritiken nach dem Motto „Ich bin auch gegen Sexismus, aber sowas habe ich noch nie erlebt. Das ist doch total selten,“ besonders dieser Text von Kaltmamsell in Erinnerung. „Aufschrei – Es geht nicht um mich“.
Feminismus ist etwas, das ich durch Aufschrei wieder mehr für mich entdeckt habe. Feminismus oder vielmehr Emanzipation, wie das in den 80ern genannt wurde, waren schon immer meine Themen, gerieten aber in den Hintergrund. Seit Aufschrei ist mir Alltagssexismus viel bewußter geworden. Und auch, daß es richtig und wichtig ist, auch die gefühlt kleinen Sexismen anzusprechen. Seitdem lasse mich auch durch ein rotziges „Waas? Und darüber regst Du Dich so auf? Das ist doch gar nicht böse gemeint!“ nicht in falsch verstandene Diplomatie einschüchtern und entgegne „Doch! Weil xyz.“ Danke #Aufschrei! <3
Mein Online-Eltern-Clan
Irgendwann wirbelte mir meine Timeline Berlinmittemom und ihren wunderbaren Meltdown-Text hoch. Ich war berührt, lachte, weinte und fühlte mich sowas von angesprochen, das jibts jar nich! Ich stöberte auf ihrem Blog herum, der damals noch ein ganz anderes Design hatte. Ihre Texte waren warmherzig, echt, liebevoll und mit offenen Blick für weitere gesellschaftliche Themen. Ich durfte Anna bereits offline kennen lernen und kann nur bestätigen, dass sich dieser Eindruck bewahrheitet. Sie spricht und ist so, wie sie schreibt.
Den ersten Text von Max Buddenbohm auf Herzdamengeschichten finde ich nicht mehr, aber es war etwas über das Bloggen und Schreiben, eine Art Rückblick. Und das mit seinem eloquenten hamburger Humor, seinen philosophischen Gesprächen mit seinen Söhnen und den amüsantesten Rezepttexten, seit es Rezepttexte gibt.
Seitdem ist mein Blog- und Twitterlesen geprägt von einer warmen und klugen Dusche meiner Online-Eltern, egal ob ihre Blogs die Elternschaft im Fokus haben oder nicht. Dazu gehören neben den bereits genannten auch Frische Brise mit ihrer ruhigen, feinfühlen Art und wunderschönen Fotos, Dr. Mutti und ihre klugen feministischen Analysen, mutterseelenalleinerziehend und aufZehenspitzen.
Es folgten so viele weitere: momatka, Mama Miez, Mama hat jetzt keine Zeit, glücklich scheitern, Nullpunktzwo, Mama Mia, supermom-berlin, Munichs-working-mum, Werdenundsein und Geborgen Wachsen, die mir auf sensible, nicht belehrende Weise viele Denkanstöße gibt.
Seit neuestem sind Familienbetrieb, Papaleaks, Weddingberg, Nieselpriem und herzmutter dazu gekommen. Und ja, es werden immer mehr. (Und bitte, wenn ich Euch nicht genannt habe, verzeiht! Ich will hier ja keine Listen drucken. Ich lese Euch trotzdem <3!)
Erziehungsratgeber? Es lebe meine Filter-Bubble!
Ich war nie der Typ für Erziehungsratgeber. Anfangs las ich im Babyforum. Heute lese ich Blogs. Und Twitter. Ratgeber vermeide ich seit dem Ende meiner ersten Schwangerschaft. Ich las zunächst einen Spaß-Ratgeber und Die Hebammensprechstunde. Ich hasste sie. So viele Probleme, so viel Perfektionismus. So viele Salben und Medikamente. Schrecklich bedrückend! Grenzen, Nähe, Respekt und Dein kompetentes Kind von Juul las ich, Kinder verstehen und In Liebe wachsen. Alles sehr schön, sehr inspirierend, sehr richtig. Aber im Leben mit meinen Kindern sind sie nicht wirklich präsent.
Wenn etwas präsent ist, dann eher Blogtexte und Kommentare. Jeder einzelne Blog oder Twitterer ist einzigartig, anders, individuell, verrückt, klug, weise, informativ oder einfach lustig. Der Vorteil am Eltern-Clan ist, daß ich aktuelles twittern, bloggen oder mitlesen kann. Man kann (ich nicht) seinen Familienalltag humoristisch überhöhen, satirisch anreichern, das hilft. Auf jeden Fall gemeinsam verarbeiten! Das ist gelebte Erfahrung! Da sind Menschen und Positionen, gelebtes Chaos und Überforderung, Verwirrung oder bewundernswerte Pädagogen hinter den Buchstaben.
Ihr alle bereichert mich viel mehr als jedes Ratgeberbuch. Mein Online-Clan informiert mich, diskutiert, er unterstützt, macht mich lachen oder vertreibt mir schlicht und einfach die Zeit. Danke!
Mamablogs sind relevant
Warum? Ja weil…! Es geht „uns Eltern“ nicht nur um Erziehung und Kinderkacke. „Wir“, so unterschiedlich wir sind, leben in der Welt und waren tatsächlich vor unseren Kindern schon Menschen, Arbeitnehmer*innen, Teile der Gesellschaft. Viele gesellschaftliche und politische Dinge haben Auswirkung auf unsere Familien, auf uns persönlich. Das schlägt sich in unseren Blogtexten und Tweets nieder. Ob das die leidige Vereinbarkeitsdebatte zum Beispiel in der FAZ und Zeit ist, das Thema Krieg, Gesundheitspolitik und Hebammen, Bastelleidenschaft- oder Honktum, Gesundheit und Selbstfindung – Elternblogs sind relevant. Weil das Private politisch ist, wie das Politische im privaten Auswirkungen hat.
Elternblogs sind politisch
Es macht nunmal einen Unterschied, ob eine Gesellschaft, wie in den 70ern, vorrangig von stereotypen Rollenklisches bestimmt wird und nur wenige Mütter auch arbeiten; oder ob, wie heute, die meisten Eltern beide arbeiten, die Zahl der Alleinerziehenden (und der damit verbundenen politischen Herausforderungen) wächst, und ob Eltern neben allen finanziellen Gründen ihr Recht auf Arbeit und Selbstverwirklichung wahren wollen. Das macht etwas mit der Gesellschaft, verschiebt Werte, Ordnungen, Strukturen, Erziehungspostionen. Wo wenn nicht in Elternblogs ist so etwas nachzulesen und nachzuspüren? (Liebe Politiker*innen, liebe Zukungsforscher, liebe Genderforscher, schaut Euch Elternblogs an!)
Achso, das sei abschließend noch kurz erzählt. Warum ich auch blogge? Das ist Berlinmittemom schuld. Sie sagte mir mal auf Twitter, ich sollte doch mal das Bloggen anfangen. Ich hatte zahlreiche Bedenken, vorallem wußte ich gar nicht, was mein Thema sein sollte. Ihr Ratschlag: „Einfach drauflosschreiben. Der Rest findet sich.“
Oh wirklich! Ich war die Erste? Ich freue mich und auch dass du so lachen konntest (hab den Artikel auch nochmal gelesen und musste lachen. Mein armer Mann!)
Ach komm, arm! Ich finde das normal. Das lustige war, dass mein Mann und ich solche Diskussionen ständig führen, vorallem im ersten erstes Babyjahr. Und er mußte gequält mitlachen. :)
❤
Du hast da meine komplette Filterblase vereint. Wundervoll! Und dass du ALLES von mir liest und gelesen hast, ist ja wohl, also sowas von… ich bin total baff!
<3
Ich fühl mich geehrt und kann das Kompliment nur zurück geben. Was würde ich ohne dich und die anderen Eltern tun?! Ich wäre verloren. <3
Herzlichen Dank!
Du sprichst mir aus der Seele!
Und dem Herzen!
♥
Seit 3 Wochen ohne WLan daheim vermisse ich meine Filterbubble so sehr!!!
Lesen, dass es anderswo genauso zugeht.
Oder auch genau anders zugeht und dadurch selbst etwas verändern wollen.
Oder einfach nur mal Dampf ablassen, Freude teilen und Anteil nehmen.
Danke Dir!
Bloggen als Ratgeberersatz, Selbsthilfegruppe und Familienerweiterung, Kraftquelle. Stimmt alles! Und etwas, was so vielen Menschen Stärkung und Trost bietet, hat durchaus das Potential, was zu bewirken, zu verändern. Ist politisch. Wer weiß, vielleicht formiert sich aus dieser Power tatsächlich eine neue Frauenbewegung?! Bewegung beginnt in den Köpfen :) Du bewirkst bei mir auf jeden Fall etwas beim Lesen! DANKE, dass ichTeil Deines Clans bin.
Jetzt musste ich herzlich lachen. Dasnuf war auch eines meiner ersten Blogs die ich gelesen habe. Damals war Frau Nuf mit Kind 2.0 völlig ausgelastet. Kind 3.0 gab es noch nicht. Wunderbar wie klein selbst das www ist :)
Toller Beitrag! Ich lese gerade nur diesen Blog und den von Marisa (Baby Kind und Meer) Unterschiedlicher könnte die Spannweite also nicht sein :) ich bleib nur manchmal wo hängen, dafür dann meist auf Dauer (dasnuf besuch ich bis heute in sehr unregelmäßigen Abständen den Blog)
Liebe Grüße
Ja, die liebe Filterbubble ist schon hilfreich. Auch wenn man nur „für eine Freundin“ fragt :-)
!!! wegen babymüdigkeit reichts grad nicht für mehr text, aber ich freue mich immer, dass feminismus weite kreise zieht, mal mehr, mal weniger ausdrücklich <3 weil ich finde, mutterschaft und feminismus gehört zusammen wie hausarbeit und sisyphos ;-)
So ist es.
Wow! Ich bin über die liebe Anna auf deinen Blog gestoßen und finde ihn klasse! Bei dir schau ich jetzt öfter vorbei … ist so schön erfrischend hier! ;O)
Liebe Grüße, Ines!
Oh wie schön. Das freut mich wirklich sehr, vielen Dank :)
i like blog….. great post just reading the blog……. thank you very much